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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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durchquert hatte und unterhalb der trutzigen Höhenfestung stand, verlor sie allen Mut. Wie sollte sie jemals dort hineinkommen?
    Verstört stellte sie sich unter das Vordach einer Werkstatt, um dem einsetzenden Regen zu entkommen. Es begann zu dämmern. Sie fror, und ihre Brüste schmerzten stärker denn je, als warteten sie darauf, endlich ihren Jungen stillen zu können. Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Die Kinder würden nicht ohne Kindsmagd und Amme hier sein, und sie kannte sie beide!
    Sie raffte ihren Rock und eilte zum unteren Burgtor.
    «Gott zum Gruße», wandte sie sich höflich an einen der beiden Wächter. «Ich bitte Euch höflichst: Führt mich zu Elisabeth, der Kindsmagd der Herzogskinder. Ich komme aus der Residenz und habe eine dringende Nachricht für sie, von unserem Herzog.»
    «Das kann jeder sagen. Gib uns die Nachricht, wir werden sie weiterleiten.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Nein. Ich habe ausdrücklichen Befehl, sie nur an Elisabeth zu übergeben.»
    Der Wärter, ein älterer, grauhaariger Mann, blieb hart. «Niemand Fremdes kommt hier herein, der nicht das Losungswort kennt. Und Ihr kennt es offenbar nicht, sonst hättet Ihr es als Erstes genannt.»
    Damit hatte sie nicht gerechnet. Verzweifelt starrte sie auf die mächtigen Mauern, hinter denen man ihren Sohn versteckthielt. Sie musste dort hinein!
    Da näherte sich der zweite Wächter, der wesentlich jünger war, mit einem Grinsen und warf begehrliche Blicke auf ihre Brüste, die unter dem Mieder spannten. Blitzartig kam ihr der Gedanke, den beiden als Lohn ihren Körper anzubieten. Aber sie war keine Hure! Dass der Herzog sich ihrer wie einer Hure bedient hatte, war etwas anderes. Niemals würde sie so etwas aus freien Stücken tun können, nicht, wenn es noch andere Möglichkeiten gab. Nur welche?
    «Ich komme morgen früh wieder», murmelte sie.
    «Das würde uns freuen», erwiderte der Jüngere. «Bringt am besten noch eine Freundin mit, die ebenso schön ist wie Ihr.»
    Er leckte sich die Lippen. Angewidert wandte sich Marie an seinen Kumpanen.
    «Wisst Ihr, wo man hier Fremde für eine Nacht aufnimmt? Geld habe ich keins, das hat man mir geraubt.»
    Sie glaubte so etwas wie Mitleid in seinen Augen zu sehen.
    «Fragt nach dem Nonnenhaus. Für eine Nacht werden Euch die Klausnerinnen schon beherbergen. Wie eine Bettlerin seht Ihr ja nicht aus.»
    «Kommoder ist’s bei den Augustinern», kicherte der andere. «Die nehmen gern hübsche Jungfern in ihrer Mitte auf.»
    Ohne auf diese Bemerkung zu achten, bedankte sich Marie und machte sich auf den Weg. Der Nachtwächter drehte bereits seine erste Runde durch die Stadt, als sie an das Portal des stattlichen Fachwerkbaus klopfte. Die Klausnerin, die ihr öffnete, nahm sie tatsächlich auf, wenn auch unwillig, und wies ihr eine Bettstatt im Gastzimmer zu. Sogar einen Becher warmer Milch brachte sie ihr zur Stärkung, dann ließsie Marie allein mit den knappen Worten: «Eine Nacht, nicht länger.»
    Erschöpft streckte sie sich auf der Pritsche aus und betete zu Gott, dass er sie zu ihrem Kind führen möge. Kaum hatte sie das Amen ausgesprochen, fiel sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
    Am nächsten Morgen begrüßte sie der junge Torwächter wie eine alte Bekannte. Ohne Umschweife kam er zur Sache.
    «Ich wüsste schon, wie Ihr in die Festung kommt. Ihr müsstet nur auf ein halbes Stündchen mit mir ins Torhaus.»
    «Halt’s Maul, Hannes. Und Ihr», wandte sich der andere an Marie, «geht jetzt besser, sonst muss ich die Leibwache holen.»
    «Glaubt mir, es ist wirklich dringend. Vielleicht könntet Ihr die herzogliche Kindsmagd ja herausrufen, ich würde hier warten.»
    «Nein! Das ist mein letztes Wort. Aus dem Weg jetzt, sonst werdet Ihr überfahren.»
    Sie hatte das mit Holz beladene Fuhrwerk gar nicht bemerkt, das auf Einlass wartete, und trat ein paar Schritte zurück. Unschlüssig beobachtete sie, wie das Tor heruntergelassen wurde und der Wagen polternd über die Zugbrücke fuhr. In diesem Moment wusste sie, wie sie hineinkommen würde.
    Entschlossen ging sie die Burgsteige ein Stück weit hinunter, bis sie zu einer dunklen Hofeinfahrt kam. Hier würde sie, unbemerkt von den Wächtern, warten, bis ein geeigneter Wagen vorbeikam, um hinauf zur Festung zu fahren. Denn mit Sicherheit war das Holz auf dem Fuhrwerk von eben nicht die einzige Lieferung für den heutigen Tag.
    Nachdem erst ein offener Maultierkarren, dann ein Handwagen seinen Weg durch das Burgtor

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