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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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dass dir nichts geschehen ist», flüsterte Sabina. «Wenn er dich nun eines Tages umbringt?»
    «Das müsste schon aus dem Hinterhalt geschehen.» Dietrich lachte bitter. «In einem Kampf Mann gegen Mann würde ich ihn in Scheiben schneiden.»
    Er küsste sie und zog sie in den Schutz eines Heustadels. Sie spürte seine weichen Lippen, seine Hände, die zärtlich über ihr Gesicht strichen und dachte: Ich bin zu schwach. Niemals werde ich ihn aufgeben können. Dann überließ sie sich dem Gefühl unbeschränkter Vertrautheit, dem Spiel der Sinne und der grenzenlosen Lust.
    Als sie wieder zu Atem kamen, sagte Dietrich:
    «Im Heerlager hatte ich ein Gespräch mit deinem Bruder.» Sein Blick verfinsterte sich. «Als mein Dienst- und Lehensherr hat er mir befohlen, unsere heimliche Ehe zu beenden. Ansonsten   –» Er brach ab.
    «Hat er dir gedroht?»
    «Mehr oder weniger. Aber das ist nicht von Belang. Nichts ist von Belang, nur eins: Ich liebe dich und werde dich immer lieben.»
    Das Blau seiner Augen leuchtete, wie kein Sommerhimmel jemals strahlen konnte.
    «Lass deine Ehe annullieren, Sabina, und heirate mich.»
    «Das ist unmöglich! Die vor Gott geschlossene Ehe ist unauflöslich.»
    «Was Ulrich mit dir getan hat, hat Gott sicher nicht gewollt. In solch einem Falle kannst du, zumal als Fürstin, den Papst um Dispens bitten. Er als Stellvertreter Gottes auf Erden ist berechtigt, dich von dieser Hölle zu befreien.»
    «Ach Dietrich, das sagst gerade du, wo du mit dem Papst überquer bist.»
    «Lass es um unserer Liebe willen nicht unversucht. Ich bin sicher, der Kaiser unterstützt dich. Er ist es dir schuldig.»
    Sie schüttelte den Kopf: «Gott und der Papst hätten vielleicht ein Einsehen, mein Bruder Wilhelm aber bestimmt nicht. Mein Sohn ist sein höchster Trumpf im Kampf gegen Wirtemberg. Niemals würde er unsere Ehe anerkennen.»
    Und sie selbst würde gegenüber ihren Brüdern und dem Kaiser ihr letztes Quäntchen Macht vergeben, ihr Wort hätte kein Gewicht mehr, und man würde mit ihren Kinder verfahren, wie es beliebte.
    «Sabina.» Dietrichs Stimme klang rau. «Liebst du mich denn nicht?»
    «Ich liebe dich, Dietrich, mehr als ich es in Worten ausdrücken könnte. Aber meine Kinder – es gibt keinen anderen Ausweg – wir müssen uns trennen.»
    Mühsam erhob sie sich. Ihr war, als hätte dieser letzte Satz alle Kraft aus ihren Gliedern gesogen. Sie verriet ihre Liebe, um der Kinder willen, um der Zukunft ihres Sohnes willen. Und ob das Schicksal sich zum Lohn hierfür überhaupt zum Guten wenden würde, wusste sie nicht.
    Auch Dietrich war aufgestanden. Lange betrachtete er sie, während seine Augen sich mit Tränen füllten. Dann sagte er:
    «Was immer geschieht, Sabina, ich werde dich niemals ausmeinem Herzen verlieren. Und ich schwör dir, ich werde nicht aufgeben, bis du und deine Kinder wiedervereint seid. Dein kaiserlicher Oheim wird keine Ruhe mehr vor mir finden. Er soll wissen, wie schmerzlich du deine Kinder vermisst.»
     
    Marie legte das Schlagholz beiseite und rieb sich den schmerzenden Rücken.
    «Mach hin», knurrte die Frau neben ihr. «Bis der Brunnenmeister kommt, müssen wir fertig sein mit der Wäsche.»
    «Schon recht.»
    Sie stellte sich wieder an den Zuber und rieb und schlug und bürstete den Umhang so lange gegen das Waschbrett, bis sich der Fleck aus den Fasern gelöst hatte. Dann nahm sie das nächste Wäschestück zur Hand. Theres würde niemals ihre Freundin werden, dachte sie, dazu war diese Frau viel zu missmutig. Aber dankbar musste sie ihr sein, dankbar bis an ihr Lebensende. Theres nämlich hatte erreicht, was Marie kaum mehr für möglich gehalten hatte nach ihrem missglückten Eindringen in die Festung Hohentübingen: Sie durfte ihren Sohn wiedersehen.
    Der alte Torwächter hatte sie damals tatsächlich zu seiner Schwester gebracht, die in der Schlossküferei gleich an der Burgmauer wohnte und mit dem herzoglichen Küfermeister verheiratet war. Dessen Lohn reichte nicht aus, um die vielköpfige Familie zu ernähren, in der jedes Jahr ein neues Kind zur Welt kam, und so musste Theres trotz ihrer neun Kinder – geboren hatte sie bald doppelt so viele – täglich ins städtische Waschhaus, um die Wäsche der Tübinger Ehrbarkeit zu besorgen. Dieses Leben hatte über die Jahre Spuren hinterlassen: Theres sah bedeutend älter aus, als sie tatsächlich war. Dass sie so überaus unfroh wirkte, lag aber gewissnicht nur an ihrem harten Alltag. Marie vermutete, dass es

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