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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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zu gefährlich.»
    Nach einem letzten Hammerschlag sprang Sabina zu Boden.
    «Na – was sagt du dazu?»
    Kopfschüttelnd trat ihre alte Kinderfrau einen Schritt zurück und betrachtete die Wand. «Ihr hättet Euch alle Knochen brechen können.»
    «Du wirst sehen, es wird doch noch richtig behaglich hier. Fortunatus hat mich draufgebracht, endlich meine Sachen auszuräumen. Er bringt mir tatsächlich Glück. Jetzt noch die anderen Wände, dann lässt sich’s hier vielleicht sogar leben. O ja, und meine Bücher will ich auch auspacken, heute noch. Hilfst du mir?»
    Als der Türknecht kurz darauf die Speisenträger mit dem Nachtmahl einließ, schickte Sabina sie wieder fort, so sehr waren Lioba und sie in das Ausschmücken der Wohnstube vertieft. Dabei lästerten sie gemeinsam über diese schäbige Burg.
    «In der Alten Veste waren Saal und Kammer der Herzoginja auch nicht viel größer. Aber Mutter hatte wenigstens noch eine Ankleide und ein heimliches Gemach, keinen Nachthafen unterm Bett! Vor allem», ungestüm knallte Sabina einen Stapel Folianten auf die Anrichte, «vor allem hatte sie ein Studierzimmer für ihre Bücher und ihre Mineraliensammlung. Und ihre Dienstboten mussten auch nicht im zugigen Gang auf der Bank hocken, sondern konnten sich im Vorzimmer aufhalten. Ich wette, das Herzogengemach ist um einiges anspruchsvoller. Ob auch geschmackvoller, bezweifle ich allerdings.»
    Lioba riss die Augen auf. «Ihr wart noch nie in Herzog Ulrichs Gemach?»
    «Ich kenne sicher nicht mal die Hälfte vom Burgschloss.»
    Abermals schüttelte Lioba den Kopf. Dabei murmelte sie so etwas wie: «Das ist nicht recht von ihm.»
    «Was soll’s. Ich kann das alles auch auf eigene Faust besichtigen – wenn ich überhaupt will. So verlockend ist dieser finstere Rumpelkasten eh nicht. Und jetzt schau nicht so griesgrämig.»
    Sie zog einen Fliegenwedel aus Pfauenfedern aus der Truhe und kitzelte der alten Frau damit an der Nase.
    «Euer Fürstlich Gnaden benehmen sich kindisch.»
    Lioba unterdrückte ein Niesen, während Sabina schallend zu lachen begann.
    «Na, wenigstens lacht Ihr wieder, wenn auch leider wenig respektvoll über mich.»
    «Meine gute alte Lioba.» Sabina umarmte sie. «Wenn ich dich nicht hätte.»
    «Eines müsst Ihr mir versprechen.» Lioba machte sich los und zerrte Fortunatus einen zerkauten Kammerpantoffel aus dem Maul. «Ihr müsst wieder mehr an die frische Luft, so fahl und müde wie Euer Gesicht aussieht. Eurem Hündchen tätedas im Übrigen auch gut. Das ist schon das dritte Paar Pantoffeln, das er zerbissen hat.»
    «Du hast gut reden – wo soll ich denn hin? Dieser Flecken, den sie Herzogingarten nennen, ist hässlich und verwahrlost, und die Obstwiesen und Weiden vor der Burg sind vollkommen matschig.»
    «In München hätte Euch das nicht abgeschreckt.»
    Natürlich hatte ihre alte Kinderfrau recht. Bei Wind und Wetter war sie früher draußen gewesen, gerade so wie Ulrich.
    «Und was den Garten betrifft: Selbst ich kann erkennen, dass das mal ein herrlicher italienischer Pomeranzengarten war. Warum macht Ihr es Euch nicht zur Aufgabe, ihn neu herzurichten, statt Euch hier zu verkriechen? Jetzt, wo der Frühling da ist?» Lioba zog streng die Augenbrauen zusammen. «Habe ich Euch nicht schon als Kind gelehrt: Der Mensch muss etwas tun, sonst wird er blöde? Na ja, einen Anfang habt Ihr ja heute gemacht.»
    Am nächsten Morgen, es war die zweite Maiwoche, strahlte endlich eine kräftige Sonne vom wolkenlosen Himmel. Auf dem Weg zum Gottesdienst blieb Sabina mitten im Burghof stehen und reckte ihr Gesicht mit geschlossenen Augen in die Wärme. Herrlich! Wie sie diese Jahreszeit liebte. An solchen Tagen müsste man stundenlang ausreiten. Einmal nur war sie bisher im Marstall gewesen, hatte dabei den überaus liebenswürdigen und bildschönen Obriststallmeister Hans von Hutten kennengelernt und ihn um ein Reitpferd gebeten. Der hatte den Kopf geschüttelt, und seinem jungen, glatten Gesicht mit dem lustigen Grübchen im Kinn waren Scham und Betroffenheit dabei deutlich anzusehen. Der Herzog habe ihn angewiesen, bei diesem feuchten Wetter keine Pferde an ihre fürstliche Gnaden auszugeben. Viel zu gefährlich sei das aufdem nassen und rutschigen Untergrund – so herzensleid es ihm tue, ihren Wunsch abzuschlagen. Sabina hatte damals nicht weiter insistieren wollen, um den jungen Stallmeister nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen. Und sie hatte seither keinen Fuß mehr über die Schwelle des

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