Das Mädchen und die Herzogin
mit mir.»
Auch Sabina wurde klar, dass Ulrich ihr mit diesem Fest ihre Unbotmäßigkeit heimzahlen wollte. Denn nicht nur die Musik wurde lauter. Bald hörten sie lautes Getrampel im Treppenhaus, trunkenes Geschrei und Gelächter, das wieder und wieder durch die Gänge zog, vorbei an den Türen zu ihrem Gemach. Ganz offensichtlich hatte Ulrich das Obergeschoss zum Tanzboden erklärt.
Wütend zog sie sich ein Kissen über den Kopf und presste die Hände auf die Ohren. In den Schlaf fand sie damit erst recht nicht. Gegen Mitternacht ließ der Radau dann nach, dafür wurde plötzlich die Tür zu ihrer Schlafkammer aufgerissen. Sabina und Lioba fuhren erschrocken in die Höhe. Im Schein eines Handleuchters erkannten sie den Herzog. Sein Gesicht war rot, das Haar klebte verschwitzt am Kopf.
«Wenn meine Gemahlin schon nicht mitfeiern kann, so will ich ihr wenigstens einen Besuch abstatten.»
Er stellte den Leuchter ab und knöpfte sein Wams auf. Dann trat er mit dem Stiefel gegen Liobas Bett.
«Hinaus mit dir, Kindsmagd. Ich will allein sein mit meiner Frau.»
«Aber die Herrin ist krank», wagte die alte Frau zu protestieren. Ulrich stieß sie hart gegen die Schulter.
«Raus!»
«Geh, Lioba. Ich bitte dich.»
«Na, also», zischte er, als die Tür ins Schloss fiel. Hastig nestelte er seine Strumpfhalter auf, entledigte sich der Beinkleider und warf sich halbnackt neben sie aufs Bett. Seine lange dünne Rute ragte steil in die Höhe.
«Nimm ihn in die Hand und küss ihn, los.»
«Nein!»
Blitzschnell griff er in ihr offenes Haar und zerrte sie zu sich heran. Sabina schrie auf vor Schmerz.
«Los jetzt, zier dich nicht so.» Dabei drückte er ihren Kopf gegen sein Glied, bis sie würgte.
«Sperr schon das Maul auf, hörst du?» Er stöhnte auf. «So ist’s recht. Wirst es schon noch lernen.»
Sein Keuchen wurde heftiger und schneller, während Sabina schier erstickte. Es ging nicht lange, da spürte sie es klebrig und salzig an ihren Lippen, mit letzter Kraft bog sie den Kopfzur Seite und spuckte und würgte ein letztes Mal, sodass ihr die Tränen in die Augen schossen.
«Verdammt!» Ulrich verpasste ihr eine Maulschelle. «So nicht, du elende Metze.»
Dann ließ er sich wieder rücklings aufs Laken fallen. Sein Atem ging immer noch schnell. Plötzlich lachte er laut auf.
«Was bist du nur für eine Klosterschwester. Aber ich werd dir schon noch ein paar schöne Lectiones in Sachen eheliche Pflichten erteilen.»
Den Rest der warmen Jahreszeit verbrachte Sabina in einem eintönigen Einerlei aus Essen, Schlafen und kurzen Spaziergängen im Hofgarten, zu denen sie sich genauso zwingen musste wie zu den Mahlzeiten. Beherrscht und erhobenen Hauptes erteilte sie im Frauenzimmer ihre Anweisungen, widerspruchslos und nahezu unterwürfig fügte sie sich den Wünschen Ulrichs, wenn sie neuerdings hin und wieder zur Mahlzeit an seine Tafel oder zu gemeinsamen Auftritten bei Hofe gerufen wurde. Von den wenigen Stunden mit der alten Lioba abgesehen, mied sie ansonsten jede Gesellschaft, saß die meiste Zeit des Tages allein in ihrer Stube und stickte, las oder schrieb, wenn sie denn überhaupt etwas tat. Bald hieß es beim Gesinde, die Herrin sei kalt und voller Dünkel. Dabei erstickte Sabina fast an ihrem Kummer, fühlte sich eingesperrt wie ein Schelm im Diebsturm.
Zum größten Übel wurden die Nachtstunden, wenn sie in ihrem Bett lag und auf Schritte lauschte, auf das Knarren der Türen und auf Ulrichs raue Stimme, die durch die Dunkelheit hindurch Lioba aufforderte, die Schlafkammer zu verlassen. Seitdem er sie nach jenem Tanzfest so schmählich gedemütigt hatte, erschien er bald jede zweite Nacht und forderte sein Recht ein. Sie konnte froh sein, wenn er sie auf gottgefälligeWeise beschlief – dann schloss sie die Augen, lag da wie ein Stück Treibholz und dachte daran, wie sie als Mädchen mit ihrem Lieblingsross durch die Isarauen getrabt war. Hin und wieder indessen, meist, wenn er betrunken war, verlangte er üble Dinge von ihr: nahm sie von hinten oder auf der Anrichte oder bestrich sein Gemächt mit irgendwelchen klebrigen Süßspeisen, und sie musste alles ablecken, bis es ihn erlöste. Ein einziges Mal nur hatte sie gewagt, sich zu verweigern. Da hatte er sie geschlagen.
Inzwischen dankte sie Gott, wenn ihre Monatsblutung einsetzte und sie damit wieder eine Zeit lang Ruhe hatte vor diesen grässlichen Nachtstunden. Insgeheim fragte sie sich, ob es nur ihr so erging, dass sie den ehelichen
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