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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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rief: «Ich gehe, wenn Ihr erlaubt.»
    Ulrich grinste. «So lob ich mir die Familienbande! Ich übertrage dir hiermit die volle Befehlsgewalt über meine Leute. Mach diesen Älblern gehörig die Hölle heiß.»
    Unbemerkt verließ Sabina den Saal. Warum mussten Männer immer gleich mit Waffengewalt dreinschlagen? Konnte man die Bauern nicht erst einmal anhören? Sie schüttelte den Kopf. Und Dietrich Speth war kein Deut besser als die anderen.
     
    Nur vierundzwanzig Stunden später fand der Spuk im Remstal sein Ende. Die Rebellen vor Schorndorf waren von den herzogstreuen Truppen auseinandergetrieben worden, dieHaufen hatten sich zerstreut. Ulrich freute sich wie ein Kind, das beim Murmelspiel gewonnen hatte. Mit hehren Dankesworten entband er seine Verbündeten von ihrem Auftrag – die Ruhe sei wiederhergestellt. Dann ließ er die Hofkapelle zusammenrufen und zu einem Festbankett aufspielen.
    Doch Ulrich hatte sich zu früh gefreut. Noch während die Stuttgarter Herrschaft am nächsten Tag ihren Rausch ausschlief, begann sich der Aufruhr des Armen Conrad wie ein Schwelbrand durchs ganze Land zu fressen.

17
    Marie zuckte zusammen, als die Stimme des Pfarrers schneidend laut wurde: «Und so glaube keiner, Gott wolle mit diesen schlechten Zeiten nur die Armen prüfen! Uns alle will er prüfen: Die Alten wie die Jungen, die Reichen wie die Bedürftigen, den Herrn wie den Knecht, den Herzog wie den Bauern.»
    Sie traute ihren Ohren nicht. Man hätte eine Nadel in der kleinen Kirche fallen hören können, und Casimir Muthlein senkte wieder die Stimme.
    «Es ist nicht recht, dass die Reichen ihr Korn eher verderben lassen, als dass sie es den Armen geben, dass die Reichen begehren, die Armen zu unterdrücken. Und ein Herzog ist kein guter Hirte mehr für seine Untertanen, vielmehr ein unseliger, wenn er seinen Schäflein, die im Sumpf stecken, nicht hilft!»
    «Was erdreistet Ihr Euch? Das ist eine Beleidigung unseres Herzogs», brüllte der alte Wonnhardt dazwischen. «Das ist die Wahrheit», schrien andere. «Der Pfarrer hat recht.»«Genau! Auch die Gesellen wollen mal Meister werden, und die Reichen müssen mit den Armen teilen.»
    Der Schultes sprang vom Gestühl auf. «Ich warne Euch, Muthlein. Wenn Ihr so weitermacht, könnt Ihr Euch ein neues Pfarramt suchen, und zwar im Sankt Nimmerleinsland.»
    «Haltet den Mund!» – «Lasst den Pfarrer weiterpredigen.»
    Wütend verließen Wonnhardt und der Schultes die Kirche. Doch Muthlein kam nicht dazu, seine Predigt wiederaufzunehmen, denn im nächsten Augenblick kam der Lange Gilgen hereingestürzt. Aufgeregt wedelte er mit einer Flugschrift.
    «Das Ungeld ist weg. Der Herzog hat das Ungeld zurückgenommen!»
    «Was?» – «Du spinnst!» – «Das kann nicht sein!» Alles rief durcheinander.
    «Ruhe!» Völlig außer Atem pflanzte sich Gilgen neben dem Pfarrer auf. «Der Vogt wird es heute noch offiziell verkünden, dann werdet ihr es hoffentlich glauben.»
    Er holte Luft. «Aber wir sollten es dabei nicht belassen. Die Aufstände im Remstal, in Leonberg, Urach und anderswo haben unseren Herzog in arge Bedrängnis gebracht. Das zeigt, dass wir, als seine Untertanen, am längeren Hebel sitzen. Wir müssen also   –»
    «Was soll das, Gilgen?», unterbrach ihn sein Vater barsch. «Jetzt muss endlich wieder Ruhe einkehren. Und du, du bringst dich noch an den Galgen mit deinem losen Mundwerk.»
    «So lasst ihn doch ausreden.»
    Gilgen hob das Flugblatt in die Höhe.
    «Wir dürfen uns damit nicht zufriedengeben. Ihr seht doch, wie schnell das Ungeld zurückgenommen war, also wares unrechtmäßig. Und genauso müssen auch die anderen Ungerechtigkeiten zurückgenommen werden. Wir wollen, dass unsere alten Wald- und Weiderechte wieder gelten, gerade hier im Schönbuch, im herzoglichen Jagdgebiet. Und dazu müssen alle Bauern im Land zusammenhalten. In zwei Wochen ist die große Kirchweih in Untertürkheim. Dort werden sich alle Gemeinden versammeln, und wir werden unsere Forderungen vorbringen. Wenn wir zu Tausenden kommen, wird uns der Herzog anhören müssen.»
    Die meisten nickten, einige wenige verließen aufgebracht die Kirche. Gilgen sah ihnen nach, lächelnd, denn sein Vater und seine Brüder waren geblieben.
    «Ich verdenke es keinem, wenn er jetzt geht. Denn ein bisschen Mut braucht es schon, aufzustehen gegen die Herrschaft.»
    Sein Blick blieb an Marie hängen, und sein Lächeln wurde breiter. «Mut und Eifer, wie es uns die Remstaler vorgemacht haben. Wer also

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