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Das Mädchen und die Herzogin

Das Mädchen und die Herzogin

Titel: Das Mädchen und die Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Waffengewalt gegen die Vögte loszuschlagen. Da hatte der Landhofmeister sogleich seine schnellsten Eilboten losgeschickt, den Herzog heimzuholen. Doch Sabina bezweifelte, ob Ulrich überhaupt auftauchen werde. Nur allzu ungern ließ der sichdoch von seinen Vergnügungen wegen läppischer Regimentsgeschäfte abhalten. Dabei belagerten die Aufständischen inzwischen tatsächlich die Amtsstadt Schorndorf. Und so hatte wenigstens der Landhofmeister Entschlusskraft gezeigt und alle wichtigen Männer in die Dürnitz einberufen. Zu Sabinas Überraschung auch sie selbst, als Herzogin und Gemahlin des abwesenden Regenten und damit oberste Repräsentantin des Landes.
    Sie reichte dem Gelehrten und Hofrat die Hand. «Was meint Ihr, Doctor Reuchlin, ist die Lage im Remstal wirklich so ernst?»
    «Nun, wir wissen noch nicht recht, was die Bauern fordern. Auf jeden Fall scheint das Beispiel dieses Gaispeters Schule zu machen: Von immer mehr Dörfern hört man, dass die neuen Gewichtsteine versenkt oder auf die Straße geworfen werden.»
    In diesem Augenblick erklangen vom Hof her Hufgetrappel und der mehrfache Ruf: «Der Herzog! Er ist da!»
    Die Männer wichen zurück, als Ulrich hereinstürmte, staubig und verschwitzt in seiner Reitkleidung, mit rotem Gesicht. Immerhin nimmt er die Angelegenheit so wichtig, dass er sich nicht erst zur Erfrischung zurückgezogen hat, dachte Sabina.
    Er winkte Landhofmeister und Canzler heran.
    «Was ist los? Erstattet mir Bericht – aber in Kürze.»
    Sein Mund blieb offenstehen, als er inmitten all seiner Ratgeber, Hofbeamten und ritterlichen Gefolgsleute seine Frau stehen sah. Sabina straffte unwillkürlich die Schultern. Dann schien er sich zu besinnen, dass Sabinas Anwesenheit durchaus der Hofordnung entsprach. Jetzt allerdings, mit seiner Ankunft, durfte er sie wegschicken, würde sich damit aber vor allen anderen gehörig zum Affen machen.
    Er räusperte sich und nahm am Kopfende der mittleren Tafel Platz. «Was ist, Thumb, Lamparter? Ich höre.»
    Während aus der Küche eilends Essen und Trinken herbeigeschafft wurden, beriet sich Ulrich mit seinen engsten Vertrauten. Die übrigen Männer hatten sich um die Nebentische geschart und warteten ab, Sabina zog sich derweil in eine der Fensternischen zurück. Sie war gespannt, was ihr Gemahl anordnen würde.
    Da löste sich aus einer Gruppe um Franz von Sickingen und anderen Rittern Dietrich Speth und trat auf sie zu.
    «Warum meidet Ihr mich?», flüsterte er.
    «Aber – wie kommt Ihr denn darauf? Ganz im Gegenteil. So oft bin ich doch inzwischen Gast in Eurem Hause.»
    «Das ist es ja. Das macht alles noch ärger. In meinem eigenen Haus geht Ihr mir aus dem Weg, Ihr richtet nie das Wort an mich, weicht meinen Blicken aus.»
    Diesmal wich sie seinem Blick nicht aus. Ganz nah war sein Gesicht dem ihren, im fahlen Licht der Nische leuchtete das Blau seiner Augen wie der Maienhimmel draußen im Land.
    «Warum?», wiederholte er. «Wenn es der Kuss war, so verzeiht mir diese Unschicklichkeit. Aber bereuen   –», er senkte den Blick, «bereuen kann ich ihn nicht.»
    «Dann werdet Ihr ihn vergessen müssen», entgegnete sie rau. «Denn so etwas wird nie wieder vorkommen.»
    In diesem Moment ertönte Ulrichs Stimme. «Ist Gaisberg hier?»
    «Jawohl!» Der Stuttgarter Vogt Hans Gaisberg beeilte sich, vor seinen Herzog zu treten.
    «Ihr reitet schnurstracks nach Schorndorf, in Begleitung dreier Reisiger.»
    «Ich?» Gaisberg erbleichte.
    «Ja, Ihr. Schließlich ist der Schorndorfer Vogt Euer Bruder. Keine Sorge, auf dem Weg hierher hat mir Esslingen Hilfe zugesagt. Übergebt Eurem Bruder den Befehl, Schloss und Stadttore mit tapferen und frommen Leuten zu besetzen und niemanden hereinzulassen. Wer sich ungehorsam zeigt, kommt in den Turm. Die Rebellen soll der Vogt beschwatzen und zwei, drei Tage hinhalten. Bis dahin kommen die Esslinger, und auch meine Verbündete vom Kontrabund werden ausreichend Truppen schicken.» Er lachte auf. «Wenn diese Mistgabeln Krieg wollen, dann können sie ihn haben! Also, worauf wartet Ihr, Gaisberg?»
    Zugleich mit Gaisbergs Aufbruch kam ein Kurier hereingestürmt und überbrachte ein Schreiben des Uracher Jägermeisters Reinhard Speth. Ulrich überflog die wenigen Zeilen und lief hochrot an.
    «Dieses nichtsnutzige Schelmendiebsgesind! Jetzt rotten sie sich auch auf der Alb zusammen und gehen gegen die Forstleute vor. Denen schick ich mein Leibregiment auf den Hals.»
    Dietrich löste sich aus Sabinas Nähe und

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