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Das Maedchengrab

Das Maedchengrab

Titel: Das Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Quint
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hat. Morde an jungen Mädchen sind nicht selten, sagt die Polizei.« Seufzend füllte sie Fines Tasse mit Tee nach. »Soll ich einen Ziegel für dein Bett heiß machen?«
    Fine nickte. »Danke, Tante.«
    Sie kleidete sich an, dann setzte sie sich an den Tisch und leerte eine Schüssel Mus von Kartoffeln und Äpfeln. Zu gern hätte sie Marjann danach gefragt, wie es damals bei Lisbeth gewesen war und wer der Mann sein könnte, den das Mädchen geliebt hatte. Doch weil Fine so tun musste, als wüsste sie nichts darüber, schwieg sie.
    Derweil griff Marjann zur Feuerzange und legte einen Ziegelstein auf die glühenden Scheite im Herd. Nach einigen Minuten holte sie ihn heraus und wickelte ihn in Tücher. Auf diese Weise umsorgt, machte Fine sich auf in ihre Schlafkammer. Das Bündel mit dem heißen Stein legte sie unter das große Federkissen und schlüpfte bald selbst ins Bett. Der Tee war aus Baldrian und Hopfen gewesen. Rasch und ohne Angst fiel Fine in tiefen Schlummer.
    Wie jeden Morgen wurde sie vom ersten Hahnenschrei wach. Noch bevor sie die Augen aufschlug, kamen ihr die Ereignisse des letzten Tages wieder in den Sinn. Trotzdem erhob sie sich ohne Zagen, wusch sich an der bereitstehenden Schüssel und ging durch den Garten zu Marjann ins Haus.
    Voller Anteilnahme fragte die alte Frau, wie die Nacht gewesen sei.
    »Sorge dich nicht, Tante«, erwiderte Fine ernst. »Es ist Entsetzliches geschehen, aber Ihr habt recht: Wir alle hier im Dorf dürfen uns nicht einschüchtern lassen, sondern müssen die Augen offen halten und der Polizei helfen so gut wir können.«
    Marjann stellte eine Schüsseln mit Hirsebrei und frischen Birnen auf den Tisch. »Also willst du zum Dienst gehen?«
    »Natürlich, Tante. Ich kann die Gänse doch nicht den ganzen Tag im Pferch lassen. Angst habe ich keine, denn wer immer es getan hat: Er wird es sicher nicht schon am nächsten Tag wieder tun, zumal nun doch viele Gendarmen in unserer Gegend sind.«
    Marjann nickte zögernd. »Da magst du recht haben, Kind. Obwohl: Ganz wohl ist mir nicht bei dem Gedanken, dass du ohne eine Menschenseele auf der Wiese bist.«
    »Aber ich bin gar nicht allein«, entgegnete Fine, während sie mit Appetit ihren Brei aß. »Immer wieder laufen Leute vorbei, und dann sind da doch auch meine Gänse. Wenn sich mir jemand auf weniger als eine Elle nähert und sie kennen ihn nicht, dann schreien sie lauter als jeder Hund bellen kann. Das habe ich schon erlebt.«
    »Nun gut, Mädchen. Wir dürfen nicht vor Furcht erstarren, und du weißt, was du tust. So geh zu deinem Dienst und geh mit Gott. Das wünsche ich dir heute noch viel mehr, als ich es je getan habe.«
    »Danke, Tante. Ich weiß, wie ernst Euch das ist.« Fine beendete ihr Frühstück und machte sich auf den Weg zu den Hollerwiesen.
    Das Dorf lag still im Nebel. Wie schon am Vorabend begegnete Fine niemandem. Obwohl sie gerade beteuert hatte, keine Angst zu haben, nahm sie doch ihren Weg rascher als sonst und sah sich einige Male um. Als sie den Hüteplatz erreichte, drang erstes Morgenlicht über die Kuppe des Waldes.
    Fine öffnete den Riegel vom Pferch, und sogleich kam Bewegung in die Tiere, die eben noch auf dem Stroh gekauert hatten. Sie strömten durch die Tür, ihr weißes Gefieder leuchtete im noch dunklen Grau der Dämmerung.
    »Guten Morgen, ihr Guten«, rief Fine, und die Vögel antworteten mit lautem Geschnatter, während sie auf der Wiese ihr Frühstück suchten.
    Fine setzte sich auf den Rand der Tränke und schaute in Richtung Freilingen. Friedlich lagen die Hollerwiesen vor ihr, wenn auch noch völlig durchnässt. Vom unfassbaren Kampf, der gestern am Himmel getobt hatte, war nichts mehr zu spüren. Bald schon wurde es hell über dem Wald, die Sonne brach hervor, und die Gänse schmausten die Wiesenkräuter, als wären sie durch den Gewitterregen frisch gewürzt und nun ein besonderer Genuss.
    Auch Fine hätte ihre Freude haben können an diesem strahlenden Herbsttag, wenn da nicht Bärbels Tod wie eine untragbare Bürde über allem gelegen hätte. Fine konnte gar nicht anders, als an Bärbel zu denken. Nicht nur, weil das tiefe Entsetzen über die Gräueltat ihre Seele packte. Sondern auch, weil an diesem Morgen noch immer niemand auf dem Feldweg zwischen Reetz und Blankenheim zu sehen war.
    Sie erinnerte sich daran, was Basti am Vortag gesagt hatte: Die Leute nehmen die Hauptstraße, weil sie dort an der Stelle vorbeikommen, wo der Mord geschehen ist. Fine schauderte bei diesem

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