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Das Maedchengrab

Das Maedchengrab

Titel: Das Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Quint
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brauchst keine Angst zu haben, den Lohbauern unbillig zu beschuldigen. Denn seine Unschuld ist längst bewiesen.«
    »Ach so?«, erleichtert hob Fine den Kopf.
    »Ja. Meine Kollegen haben in Freilingen ermittelt und erfahren, dass der Lohbauer und seine Frau schon seit zwei Tagen auf einer Reise nach Bonn sind. Dort wollen sie Verwandte besuchen und auch eine Eingabe beim Landwirtschaftsamt machen. Es geht wohl um irgendeine Rechtsfrage zur Feldernutzung. Beim zuständigen Amtmann werden wir noch überprüfen, ob der Lohbauer tatsächlich dort war. Aber ehrlich gesagt, habe ich daran keinen Zweifel.«
    »Das ist gut.« Fine nickte.
    Auch Gerd wirkte zufrieden darüber, dass er Fines Bedenken entkräften konnte. »Also nur noch eine letzte Frage.« Wieder zückte er den Bleistift. »Kannst du dir vorstellen, wer Bärbel getötet haben könnte?«
    »Nein!« Fines Antwort kam klar und entschieden. »Sicher nicht. Darüber habe ich keine Vermutung.«
    »Dann danke ich dir.« Gerd setzte einen Punkt in die Kladde und steckte sie zurück in seine Tasche.
    Er musste für weitere Befragungen ins Dorf zurück, die beiden verabschiedeten sich.
    In den folgenden Stunden beschäftigte Fine sich in ihren Gedanken aufs Heftigste mit Bärbels Tod und dem, was sie eben mit Gerd besprochen hatte. Immer wieder überlegte sie, ob sie sich nicht doch an etwas erinnern könnte. Vielleicht nur eine Kleinigkeit, ein winziges Moment, das einen Hinweis auf den Täter geben könnte. Doch nach wie vor fiel ihr nichts dazu ein.
    Es sollte in mancherlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Tag für Fine werden, denn bald nachdem Gerd gegangen war, erhielt sie erneut Besuch auf der Gänsewiese.
    Ihr Vormund, der Oberlandbauer, kam schnellen Schrittes auf sie zu, begrüßte sie mit besorgter Miene und sagte ohne Umschweife: »Ich habe einen neuen Dienst für dich, genau wie es neulich dein Wunsch war. Du wirst morgen bei mir als Magd anfangen, denn nun, wo es in der Gegend einen Mörder gibt, mag ich nicht länger sehen, dass du hier allein auf der Wiese bist.«
    Fine konnte nicht gleich antworten, ein Knäuel von Gefühlen stieg in ihr auf.
    Offenbar nahm der Oberlandbauer ihre Verwirrung wahr, denn ohne abzuwarten, fuhr er fort: »Mach dir keine Gedanken um die Gänse. Die kehren in ihre häuslichen Ställe zurück. Bis zum Martinstag ist es nicht mehr lang, und fett sind sie ja geworden in diesem Sommer, dafür hast du gut gesorgt.«
    Fine nickte zwar, aber so ganz wollte sie sich nicht auf diese neuen Pläne einlassen. »Gut, Herr Vormund«, sie sah ihn fest an. »Ich komme zu Euch als Magd auf den Hof. Aber ich möchte weiter bei der Schwarzen Marjann wohnen bleiben.«
    »Was ist denn nun schon wieder, Mädchen?!«, dem Bauern schoss die Zornesröte ins Gesicht. Letzten Monat warst du noch bei mir und batest mich um eine andere Arbeit, und jetzt bist du schon wieder nicht einverstanden?«
    Fine blieb unbeirrt. »Es ist wegen Marjann. Wenn hier ein Mörder sein Unwesen treibt, will ich sie lieber nicht allein lassen.«
    »Was?!«, rief der Oberlandbauer und lachte kurz auf. Doch gleich darauf senkte er die Stimme, wohl weil er merkte, dass die Sache zu ernst war. »Fine! Kind! Der Mörder hat es auf junge Mädchen abgesehen. Nicht auf alte Weiber! Auf die Marjann musst du gewiss nicht aufpassen. Eher sie auf dich.«
    »Das tut sie ja auch«, erwiderte Fine ruhig. »Die Bärbel war Magd bei Euch, Herr Vormund, und dennoch ist sie zu Schaden gekommen. Da sollte es in Marjanns Haus doch wohl nicht weniger sicher sein als auf Eurem Hof.«
    Es entging Fine nicht, wie sehr der Bauer seinen Ärger unterdrückte. Aber da er ihren Begründungen wohl nichts entgegenzusetzen hatte und es vermutlich auch leid war, länger mit ihr zu streiten, meinte er schließlich: »Nun gut, Kind. Dann bleibst du eben bei der Schwarzen Marjann wohnen. Doch deine Arbeitszeit auf meinem Hof ist von fünf Uhr früh bis zehn Uhr abends. Das gilt für all mein Gesinde, und das gilt auch für dich.«
    »Gewiss, Herr Vormund. Ich danke Euch!« Fine verabschiedete sich mit einem Knicks.
    Sie sah dem Oberlandbauern nach, wie er kopfschüttelnd in Richtung Dorf verschwand.
    Am Abend trieb sie die Gänse in die heimischen Ställe. Dabei erntete sie von den Besitzern viel Lob dafür, dass sie ihren Dienst als Hirtin so zuverlässig versehen hatte. Mit einiger Wehmut ließ sie die Tiere zurück, wohl wissend, dass die meisten von ihnen in zwei Wochen auf dem Schlachtblock enden

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