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Das Maedchengrab

Das Maedchengrab

Titel: Das Maedchengrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadja Quint
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unholde Frau, denn damit ist ja nichts anderes gemeint als eine Hexe. Die armen Frauen, die man früher verfolgt hat, die sind ganz zu Unrecht hingerichtet worden. Es gibt keine Hexen. Das wissen wir doch nun sicher, und das sagt auch der Herr Vikar.«
    »Also muss ich mich nicht fürchten vor der Schwarzen Marjann?«
    Ulla schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, Kind. Schau, wie die Marjann überall im Dorf zugegen ist und hilft, wo sie nur helfen kann. Immer macht sie ihre Sache gründlich, und die Leute sind zufrieden. Du wirst es sicher gut haben bei ihr, daran habe ich keine Zweifel.«
    Fine nickte erleichtert. Zusammen mit Ulla suchte sie aus den Schlafkammern noch ihre und Bastis Habe zusammen und legte sie zurück in die mitgebrachten Sacktaschen. Dann schickte Ulla nach dem Großknecht, der Fine und Basti zurück ins Dorf begleiten sollte.
    Als es nun daran ging, die zwei bei ihren Quartierseltern unterzubringen, ließ Basti sich durch allerlei Ablenkungen beschwichtigen. Er fügte sich rasch den Anweisungen des Ravenzachers und seiner Frau.
    Fine hingegen musste trotz Ullas guter Rede über die Schwarze Marjann mit Gewalt gezwungen werden. Ja, das Mädchen wollte sich nicht vom Fleck bewegen, und der Großknecht des Oberlandbauern trug Fine schließlich auf dem Arm ins Haus. Dort fand sie zwar ihr Bett aus dem Elternhause vor, doch sie wollte sich nicht hineinlegen. Schlussendlich schlief sie vom Weinen müde auf dem Boden ein, und Marjann steckte sie mitsamt den Kleidern ins Bett.
    Die alte Frau hatte Fine nicht bloß aus Gutmütigkeit zu sich genommen, ihre Gründe waren durchaus eigennützig: Sie wollte ein lebendiges Wesen um sich haben und verlangte dafür nur geringes Kostgeld. Gerade weil sie um ihren schlechten Ruf wusste, tat Marjann gern nach außen hin Barmherziges und war stolz darauf, besser zu sein, als sie galt. Und als nun Fine bei ihr einquartiert war, tröstete sie das Kind, gab ihm etwas Gutes zu essen und erzählte einige lustige Geschichten aus dem Dorf. So bewies Marjann schon an diesem ersten Tag, wie bedacht sie mit ihrem Pflegling umging.
    Sie stand in ihrem sechzigsten Lebensjahr und hatte schon lange kein Kind mehr in ihrem Hause gehabt, denn ihre Töchter waren ja alle drei gestorben, und ihr Sohn war ausgewandert.
    Wie Fine nun in Kleidung im Bett lag, wachte sie bald wieder auf und weinte. Marjann nahm sie in den Arm, sprach ihr gut zu und gab ihr einen honigsüßen Tee zu trinken. So konnte Fine sich beruhigen. Sie ließ es sogar zu, dass Marjann sie auskleidete und ihr ein Nachthemd überzog. Als die alte Frau ihr dann jedoch ein Schlaflied sang, musste Fine an ihre Mutter denken und schluchzte heftig auf. Da streichelte Marjann ihr die Wangen, bis sie wieder einschlief.
    »Glücklicher Kinderschlaf«, sprach Marjann voller Rührung zu sich selbst. »Das Mädchen weint noch, und gleich im Umdrehen ist es eingeschlummert.«
    Am anderen Morgen ging Fine frühzeitig ins Haus des Ravenzachers zu ihrem Bruder und half ihm beim Ankleiden und tröstete ihn über das, was ihm geschehen war. Es sei ihm bisher nicht schlecht ergangen, erzählte Basti über die erste Nacht unter dem fremden Dach. Er fühle sich recht wohl, auch wenn der Ravenzacher poltrig sei und manch grobe Scherze mache.
    »Na also«, meinte Fine aufmunternd. »Dann hast du es doch gar nicht schlecht angetroffen.« Doch sie spürte, dass sie selbst nicht an das glaubte, was sie da sagte.
    Dann gingen die Kinder hinaus zur Schule und des Mittags wieder gemeinsam zurück. Wenig später besuchte Fine den Garten ihres Elternhauses. Sie setzte sich auf einen der ausgegrabenen Baumstümpfe, die rings um den Stamm einer Eberesche lagen. Die roten Beeren des Baums prangten in der Nachmittagssonne. Voller Andacht heftete Fine den Blick auf die Haustür. Es schien ihr unbegreiflich, dass ihr altes Zuhause verschlossen bleiben sollte.
    Fine stand auf und ging zum nahe gelegenen Teich, um flache Steine auf dem Wasser tanzen zu lassen. Das lustige Spiel lenkte sie von ihrer Trauer ab. Bald jubelte und lachte sie, denn es gelang ihr manch guter Wurf. Und doch kam ihr das Spiel am alten Elternhaus so traurig wie seltsam vor.
    Am Abend besuchte Fine ihren Bruder beim Ravenzacher und verabschiedete sich herzlich. »Morgen auf dem Weg zur Schule hole ich dich wieder ab«, versprach sie.
    Ihr war, als hätte Basti doch große Furcht vor der raubeinigen Art des Ravenzachers. Und da sie ihrem Bruder nicht noch mehr helfen konnte, als

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