Das Magdalena-Evangelium: Roman
Menschen entsteht, die außergewöhnliche Dinge miteinander durchgemacht haben. Außerdem gab es kaum etwas Schöneres auf der Welt als eine Sommernacht im Südwesten Frankreichs. Die Scheinwerfer, die das majestätische Château anstrahlten, und das matte Mondlicht auf den Marmorwegen verwandelten die Gärten der Dreifaltigkeit in einen Ort reiner Magie.
Maureen gab das gesamte Gespräch mit dem Kardinal wieder, und Sinclair lauschte mit größtem Interesse. Als sie ihren Bericht beendet hatte, fragte er: »Und was wollen Sie jetzt tun? Werden Sie ein Buch über Ihre Erlebnisse schreiben? Auf welche Weise wollen Sie der Welt die Worte von Marias Evangelium offenbaren?«
Maureen schritt um den Magdalena-Brunnen herum und fuhr mit ihrem Finger über den kühlen, glatten Marmor, während sie über die Antwort nachdachte.
»Ich weiß noch nicht, welche Form ich wählen werde.« Sie blickte zu der Statue auf. »Ich hoffe, Sie wird mir den Weg weisen. Was auch immer daraus wird, ich hoffe, dass ich Ihr Gerechtigkeit widerfahren lasse.«
Sinclair lächelte aufmunternd. »Aber bestimmt! Magdalena hat Sie nicht ohne Grund erwählt.«
Maureen erwiderte sein warmes Lächeln. »Sie hat auch Sie erwählt.«
»Ich glaube, wir alle wurden mehr oder weniger für unsere Rollen auserkoren. Sie, ich und sicherlich auch Roland und Tammy. Und nicht zu vergessen Father Healy.«
»Also verachten Sie Peter nicht für das, was er getan hat?«
Sinclair beeilte sich mit der Antwort. »Aber nein! Überhaupt nicht. Selbst wenn Peter das Falsche tat, so tat er es aus lauteren Motiven. Außerdem, was für ein Heuchler wäre ich denn, wenn ich nach der Bergung eines solchen Schatzes noch Hass gegen einen Mann Gottes hegen könnte? Magdalenas Vermächtnis ist eine Botschaft des Mitleids und der Vergebung. Wenn sich jeder Mensch diese beiden Eigenschaften zu Eigen machen könnte, dann wäre das Leben auf dieser Welt doch um einiges besser, meinen Sie nicht auch?«
Maureen sah ihn an, und ein Gefühl dämmerte in ihr, das ihr neu war. Zum ersten Mal in ihrem ereignisreichen Leben fühlte sie sich sicher und geborgen. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, Lord Sinclair.«
Der schottische Akzent trat deutlicher hervor, als er das »R« in ihrem Namen rollte. »Danken wofür, Maureen?«
»Für dies alles.« Ihre Geste umfasste den Garten und alles, was sie umgab. »Dafür, dass Sie mich in eine Welt eingeführt haben, von der die meisten Menschen nicht einmal geträumt haben. Dass Sie mir meinen Platz darin gezeigt haben. Dass sie mir das Gefühl gegeben haben, nicht mehr allein zu sein.«
»Sie werden nie mehr allein sein.« Sinclair nahm ihre Hand und führte sie tiefer hinein in die rosenduftende Üppigkeit des Gartens. »Und hören Sie bitte auf, mich Lord Sinclair zu nennen. Sagen Sie einfach …«
Da lächelte Maureen und nannte ihn zum ersten Mal »Berry«, bevor er sie küsste.
Am nächsten Morgen kam ein Paket für Maureen an, das am Vortag in Paris aufgegeben worden war. Eine Rücksendeadresse war nicht angegeben, aber das war auch gar nicht nötig. Maureen brauchte nur einen Blick auf das Paket zu werfen, um Peters Handschrift zu erkennen.
Maureen riss den Karton auf, begierig auf ein Lebenszeichen von Peter. Zwar hegte sie keinen Groll mehr auf ihren Cousin, aber das wusste er ja nicht. Sie würden eine schmerzliche Phase gegenseitiger Vergebung durchlaufen und ernsthaft über ihre Vergangenheit reden müssen, aber Maureen hatte keinen Zweifel daran, dass sie sich danach wieder so nahekommen würden wie früher.
Sie stieß einen leisen Schrei der Überraschung und Freude aus, als der Inhalt des Päckchens offen vor ihr lag. Es waren Fotokopien von Peters Aufzeichnungen; die vollständige Übersetzung der drei Bücher des Evangeliums der Maria Magdalena. Alles war vorhanden, von den ersten Transkriptionen bis zu den endgültigen Übersetzungen. Auf ein loses Blatt aus seinem Notizblock hatte Peter einen kurzen Brief geschrieben:
Meine liebe Maureen,
bis ich so weit bin, dir alles persönlich zu erklären, werde ich dir diese Seiten anvertrauen. Schließlich bist du die rechtmäßige Hüterin, viel mehr als die, denen ich unter Zwang die Originale abliefern muss.
Bitte entschuldige mich bei den anderen, und danke ihnen auch in meinem Namen. Ich hoffe, dass ich das so schnell wie möglich persönlich nachholen kann.
Ich melde mich bald bei dir.
Peter
E rst viele Jahre später hatte ich Gelegenheit,
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