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Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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Fernsehsendungen und später in Geschichtsbüchern nacherzählt, nicht wiedererkennen. All diese dokumentierten Versionen waren aus subjektiver Sicht verfasst, sei sie politischer, sozialer oder persönlicher Natur. Die Wahrheit war für immer verloren – außer vielleicht für jene, die die Ereignisse aus erster Hand erlebt hatten. Im Allgemeinen handelte es sich bei diesen Augenzeugen um Angehörige der Unterschicht, die einfach nur weiterleben wollten wie bisher. Diese Menschen begraben schlicht ihre Toten, beten um Frieden und tun ihr Bestes, um weiterzumachen. Aber sie bewahren auch ihre Erfahrungen als Augenzeugen der Geschichte, durch Weitererzählen innerhalb ihrer Familien und Gemeinschaften.
    Meine Erfahrungen in Irland haben mich in dem Glauben an die Wichtigkeit mündlich überlieferter und kultureller Traditionen bestärkt; oft stellen sie die reichhaltigste Quelle zum Verständnis menschlicher Erfahrungen dar. Diese lokal begrenzten Ereignisse auf den Straßen von Belfast wurden zu meinem Mikrokosmos. Und wenn die schon als wichtig genug erachtet wurden, um von der Presse verändert und rekonstruiert zu werden, was bedeutete es dann, wenn man dieses Konzept auf die Weltgeschichte übertrug? Würde die Neigung, die Wahrheit zu manipulieren, nicht umso größer werden, je weiter wir in die Vergangenheit zurückschauen, in eine Zeit, da nur dieWohlhabendsten, Gebildetsten und die politisch Siegreichen in der Lage waren, Geschichte aufzuzeichnen?
    Immer mehr empfand ich die überwältigende Pflicht, die Geschichte infrage zu stellen. Als Frau wollte ich diese Idee überdies noch einen Schritt weiter tragen. Seit Anbeginn der Geschichtsschreibung ist der Großteil des Materials, welches die Gelehrten als zulässig betrachten, von Männern einer bestimmten sozialen und politischen Schicht geschaffen worden. Für gewöhnlich, ohne es zu hinterfragen, glauben wir an den Wahrheitsgehalt bestimmter Dokumente, schlicht, weil sie einer Zeitepoche zugeordnet, weil sie »authentifiziert« werden können. Nur selten bedenken wir dabei, dass sie in dunklen Zeiten geschrieben worden sind, als Frauen weniger wert waren als Vieh oder man sogar glaubte, sie besäßen keine Seele! Wie viele wunderbare Geschichten sind uns verloren gegangen, nur weil man die Frauen, die deren Mittelpunkt bildeten, nicht als wichtig genug erachtete, um erwähnt zu werden? Wie viele Frauen hat man komplett aus der Geschichte entfernt? Und würde das nicht mit Sicherheit auf die Frauen des ersten Jahrhunderts zutreffen?
    Dann sind da jene Frauen, die schlicht zu mächtig waren, als dass man sie hätte ignorieren können. Vieler, die ihren Weg in die Geschichtsbücher gefunden haben, erinnert man sich als berüchtigte Bösewichter: als Ehebrecherinnen, Intrigantinnen, Betrügerinnen, ja sogar als Mörderinnen. Waren solche Charakterisierungen fair oder politische Propaganda, um Frauen gezielt in Misskredit zu bringen, die ihre Intelligenz und Macht behaupteten? Bewaffnet mit diesen Fragen und meinem wachsenden Misstrauen dem gegenüber, was man als historische Wahrheit akzeptierte, machte ich mich an meine Forschungen für ein Buch über berüchtigte Frauen, die in der Geschichte immer wieder verleumdet und missverstanden wurden. Ich begann mit den weiter vorn erwähnten Damen: Marie Antoinette, Lucrezia Borgia und Boadicea.
    Maria Magdalena war ursprünglich nur eines von vielen Themen meiner Arbeit. Ich nahm mir vor, ein größeres Bewusstsein für dieses neutestamentarische Rätsel in Bezug auf ihre Bedeutung als Gefolgsfrau Christi zu gewinnen. Ich wusste, dass die Vorstellung von Magdalena als Prostituierte in der christlichen Gesellschaft weit verbreitet war und dass der Vatikan einiges unternommen hatte, um diese Ungerechtigkeit zu korrigieren. Das war mein Ausgangspunkt. Es war meine Absicht, Maria Magdalenas Geschichte als eine von vielen in den Kontext einer Arbeit einzubinden, die zwanzig Jahrhunderte umspannte.
    Aber Maria Magdalena hatte andere Pläne mit mir.
    Als meine Forschungen an Intensität zunahmen, begann ich unter einer Reihe beklemmender, immer wiederkehrender Träume zu leiden, die sich allesamt um die Gestalten der Passion drehten. Unerklärliche Vorkommnisse veranlassten mich dazu, Hinweisen zu Legenden um Maria Magdalena nachzugehen, die von so unterschiedlichen Orten stammten wie McLean, Virginia, und der Sahara. Ich reiste von Masada bis zu den mittelalterlichen Straßen von Assisi, von den gotischen Kathedralen

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