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Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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übereifrige Talkmaster stellte seinen geschätzten Gast vor, gefolgt von der Frage: »Ist das nicht einfach nur ein weiterer dieser typischen Angriffe gegen die Kirche?«
    Ein identifizierender Text, Bischof Magnus O’Connor, erschien unter dem alten Gesicht eines wütenden Kirchenmannes, als dieser mit unüberhörbarem irischem Akzent antwortete: »Natürlich. Seit Jahrhunderten erdulden wir nun schon die Verleumdungen von Menschen, die zu ihrem eigenen Vorteil den Glauben von Millionen zu untergraben versuchen. Diese feministischen Extremisten können sich einfach nicht damit abfinden, dass die Apostel Männer waren.«
    Maureen gab auf. Das war heute Nacht einfach nichts mehr für sie. Es war ein langer und aufwühlender Tag gewesen. Mit einem Druck auf die Fernbedienung brachte sie den Kirchenmann zum Schweigen und wünschte sich, das wäre im echten Leben auch so einfach.
    »Sie können mich mal, Exzellenz«, knurrte sie, als sie sich ins Bett schleppte.

    Ein Lichtstrahl von draußen fiel auf Maureens Nachttisch und beleuchtete ihre Schlafmittel: ein halb volles Glas Rotwein und eine Packung rezeptfreier Schlaftabletten. In einem kleinen Kristallaschenbecher neben der Nachttischlampe lag der antike Kupferring aus Jerusalem.
    Maureen warf sich ruhelos hin und her. Ihr Versuch, die Schlafstörungen selbst zu therapieren, war gescheitert. Der Traum kam ebenso unvermeidbar wie ungebeten.
    Er begann wie immer: der Tumult, der Schweiß, die Menschenmenge.Doch als Maureen jenen Teil des Traums erreichte, da sie die Frau zum ersten Mal sah, wurde plötzlich alles schwarz. Für eine nicht berechenbare Zeit wurde sie einfach ins Nichts gestoßen.
    Und dann veränderte sich der Traum.

    An einem idyllischen Tag an den Ufern des Sees Genezareth rannte ein kleiner Junge vor seiner liebreizenden Mutter her. Er hatte nicht ihre erstaunlichen haselnussbraunen Augen und ihr kupferfarbenes Haar wie seine kleine Schwester. Er sah anders aus: dunkel und lebhaft, und für solch einen kleinen Jungen wirkte er auch überraschend grüblerisch. Er rannte zum Ufer und hob einen interessanten Stein auf, der ihm aufgefallen war, und hielt ihn hoch, sodass er in der Sonne glitzerte.
    Seine Mutter rief ihm eine Warnung zu, nicht zu weit ins Wasser zu gehen. Heute trug sie nicht ihren formellen Schleier, und ihr langes Haar wehte offen um ihr Gesicht herum, als sie die Hand des kleinen Mädchens nahm, das eine perfekte Miniaturversion ihrer selbst darstellte.
    Die wohlwollende Stimme eines Mannes warnte daraufhin das kleine Mädchen, das sich von seiner Mutter losgerissen hatte, um dem Bruder hinterherzurennen. Das Kind sah rebellisch aus, doch die Mutter lachte und blickte über die Schulter, um dem Mann hinter ihr ein vertrautes Lächeln zuzuwerfen. Für diesen ungezwungenen Spaziergang mit seiner Familie hatte er einen einfachen braunen Kittel angezogen anstatt der makellosen weißen Gewänder, die er in der Öffentlichkeit zu tragen pflegte. Er wischte sich lange Strähnen kastanienbraunen Haars aus den Augen und erwiderte das Lächeln seiner Frau; Liebe und Zufriedenheit strahlten aus seinen Augen.

    Maureen wachte abrupt auf; sie wurde förmlich aus ihrem Traum geworfen und fand sich in ihrem Hotelzimmer wieder. Sie zitterte am ganzen Leib. Die Träume hatten sie schon immer beunruhigt, doch diese Erfahrung war noch weit beunruhigender, dieses Gefühl, durch Raum und Zeit fortgerissen zu werden. Ihr Atem ging schnell und flach, und es kostete sie Mühe, sich wieder halbwegs in den Griff zu bekommen.
    Maureen hatte sich noch nicht ganz wieder gefangen, als sie eine Bewegung jenseits des Raums bemerkte, in der Tür. Sie war sicher, ein Rascheln zu hören, doch fühlte sie die Gestalt mehr, die in der Tür erschien, als dass sie sie erkennen konnte. Was sie tatsächlich sah, war undefinierbar: eine Form, eine Silhouette, eine Bewegung. Es war ihr egal. Maureen wusste, wer das war, genauso, wie sie wusste, dass sie nicht mehr träumte. Es war sie . Sie war hier, in Maureens Zimmer.
    Maureen schluckte. Ihr Mund war vor Schock und mehr als nur ein wenig Angst wie ausgetrocknet. Sie wusste, dass die Gestalt in der Tür nicht zur physischen Welt gehörte; nur war sie nicht sicher, ob das wirklich ein Trost war. Maureen nahm all ihren Mut zusammen, und es gelang ihr, der Gestalt zuzuflüstern:
    »Nun … Sag mir, wie ich dir helfen kann. Bitte.«
    Zur Antwort ertönte ein leises Rascheln, das Flattern wie von einem Schleier oder dem Rauschen

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