Das Magdalena-Evangelium: Roman
bestellte Eistee. Tammy rollte mit den Augen, war aber zu aufgeregt ob des Grunds dieses Treffens, als dass sie Maureen wegen ihrer Getränkewahl getadelt hätte.
»Soll das ein Scherz sein? Berenger Sinclair ist hinter dir her, und da glaubst du, ich würde mir die schlüpfrigen Details entgehen lassen?«
»Nun, am Telefon wolltest du ja nicht mit der Sprache raus. Jetzt erwarte ich ein ausführliches Geständnis. Ich kann einfach nicht glauben, dass du den Kerl kennst.«
»Und ich kann einfach nicht glauben, dass du ihn nicht kennst. Wie in Gottes Namen – im wörtlichen Sinne – hast du nur ein Buch veröffentlichen können, in dem es in nicht unerheblichem Maße auch um Maria Magdalena geht, ohne nach Frankreich zu reisen? Und du nennst dich Journalistin.«
»Ja, ich nenne mich eine Journalistin, und genau das ist der Grund dafür, warum ich nicht nach Frankreich gegangen bin. Dieses ganze Zeug von wegen Geheimgesellschaften und dergleichen interessiert mich nicht. Das ist deine Schiene, nicht meine. Stattdessen bin ich nach Israel gefahren, um dort ein paar ernsthafte Nachforschungen über das erste Jahrhundert anzustellen.«
Die gutmütigen Sticheleien zwischen ihnen waren integraler Bestandteil ihrer Freundschaft. Maureen hatte Tammy zum ersten Mal während ihrer Recherchen für das Buch getroffen; ein gemeinsamer Freund hatte sie einander vorgestellt, nachdem er davon gehört hatte, dass Maureen sich für das Leben Maria Magdalenas interessierte. Tammy hatte mehrere Bücher über Geheimgesellschaften und Alchemie veröffentlicht und einen Dokumentarfilm über spirituelle Traditionen der Magdalena-Verehrung gedreht, der auf verschiedenen Festivals großen Anklang gefunden hatte. Maureen war perplex gewesen, wie eng und verzweigt das Netzwerk der Esoteriker war und wie gut es funktionierte, denn Tammy schien alles und jeden zu kennen. Und auch wenn Maureen rasch erkannte, dass Tammys alternativer Ansatz nicht gerade das war, was sie als seriöses Quellenmaterial bezeichnet hätte, so sah sie doch den scharfen Verstand hinter dem dicken Make-up, die Substanz hinter der Show. Maureen bewunderte Tammys Courage und schonungslose Ehrlichkeit, auch wenn sie mitunter selbst das Ziel von Tammys Nadelstichen war.
Tammy griff in ihre neonorange Reisetasche, um einen eleganten Briefumschlag herauszuholen. Damit wedelte sie verlockend vor Maureens Nase herum, bevor sie ihn ihr über den Tisch hinweg zuschob. »Hier. Das wollte ich dir persönlich zeigen.«
Maureen hob die Augenbrauen, als sie die inzwischen vertraute Lilie mit den seltsamen blauen Äpfeln auf dem Briefumschlag sah. Dann öffnete sie den Umschlag, holte eine geprägte Einladungskarte heraus und begann zu lesen.
»Das ist eine Einladung zu Lord Sinclairs ausgesprochen exklusivem jährlichen Kostümball. Sieht so aus, als hätte ich endlich das große Los gezogen. Hast du auch eine gekriegt?«
Maureen schüttelte den Kopf. »Nein. Nur irgendwelche merkwürdigen Botschaften von wegen, ich solle mich mit ihm zur Sonnenwende in Paris treffen. Wie bist du an die Einladung gekommen?«
»Ich habe ihn während meiner Forschungen in Frankreich kennen gelernt«, antwortete Tammy demonstrativ. »Ich habe mich an ihn um Fördergelder für meine neue Fernsehdokumentation gewandt, und er spielt mit dem Gedanken, eine eigene zu produzieren; also verhandeln wir … Du weißt schon, eine Hand wäscht die andere.«
»Du arbeitest an einem neuen Film? Warum hast du mir das nicht erzählt?«
»Es ist ja nicht so, als wärst du in letzter Zeit viel in der Gegend gewesen.«
Maureen blickte verlegen drein. Ihre Karriere hatte in den vergangenen Monaten eine derart verrückte Entwicklung genommen, dass sie ihre Freunde schrecklich vernachlässigt hatte. »Tut mir leid. Und schau mich nicht so verdammt selbstzufrieden an. Was hast du mir sonst noch nicht erzählt? Hast du von dieser Sinclair-Sache gewusst? Dass er hinter mir her ist?«
»Nein, nein. Nicht im Mindesten. Ich habe ihn nur einmal gesehen, aber verdammt, ich wünschte, er wäre hinter mir her. Erist milliardenschwer … und dazu noch verdammt gut aussehend. Weißt du, Reenie, das könnte wirklich gut für dich sein. Mädchen, sei ganz locker, und lass es einfach auf dich zukommen. Wann hattest du das letzte Mal eine Verabredung?«
»Das ist nicht der Punkt.«
»Vielleicht doch.«
Maureen wischte die Frage mit einer Handbewegung beiseite und versuchte ihre Irritation zu verdrängen. »Ich habe keine
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