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Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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Poussin.
    Beides bemerkte Maureen nicht mehr. Wieder einmal war sie in einem Traum gefangen.

    In einem mit Stein ummauerten Raum, nur schwach erleuchtet von ein paar Öllampen, kauerte eine alte Frau an einem Tisch. Die Frau trug ein ausgeblichenes rotes Tuch über ihrem langen grauen Haar. Mit einer Schreibfeder in der arthritischen Hand kratzte sie sorgfältig über ein Stück Pergament.
    Eine große Holztruhe war der einzige andere Schmuck in der Kammer. Das alte Weib hörte auf zu schreiben, erhob sich von ihrem Stuhl und ging langsam zu der Truhe. Vorsichtig kniete sie sich mit ihren brüchigen Gelenken hin und öffnete den schweren Deckel. Plötzlich blickte sie über die Schulter zurück, und ein gelassenes, wissendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Sie drehte sich zu Maureen um und winkte ihr, näher zu kommen.

    Es entbehrt nicht eines gewissen gallischen Charmes, dass man den Pont Neuf, die älteste Brücke in Paris, als »Neue Brücke« bezeichnet. Sie ist eine der Hauptadern des Pariser Lebens und verbindet das modische 1er Arrondissement mit dem Herzen der linken Uferseite.
    Peter und Maureen gingen an der Statue Heinrichs IV . vorbei, eines der beliebtesten Könige Frankreichs, unter dessen toleranter Herrschaft die Brücke im Jahr 1604 gebaut worden war. Es war ein wunderbarer Morgen in Paris, erfüllt von jener strahlenden Majestät, wie sie so typisch ist für die unvergleichliche Stadt des Lichts. Trotz der perfekten Umgebung war Maureen nervös.
    »Wie viel Uhr haben wir?«
    »Fünf Minuten später als das letzte Mal, als du mich gefragt hast«, antwortete Peter lächelnd.
    »Tut mir leid. Das Ganze macht mich nur allmählich echt verrückt.«
    »In seinem Brief hieß es, dass du um Mittag in der Kirche sein sollst. Es ist gerade erst elf. Wir haben noch jede Menge Zeit.«
    Sie überquerten die Seine und folgten dem Stadtplan durch die gewundenen Straßen der linken Uferbezirke, wo der Pont Neuf in die Rue Dauphine überging, vorbei an der Metrostation »Odeon« direkt zur Rue St. Sulpice und kamen bei dem pittoresken Platz gleichen Namens heraus.
    Die beiden großen, ungleichen Glockentürme der Kirche beherrschten den Platz und warfen ihre Schatten über den berühmten Springbrunnen, den Visconti im Jahre 1844 gebaut hatte. Als Maureen und Peter sich der übergroßen Eingangstür näherten, fühlte Peter, wie sie zögerte.
    »Diesmal werde ich dich nicht allein lassen.« Peter legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm und öffnete die Tür zum höhlenartigen Kircheninneren.

    Sie traten leise ein und entdeckten eine Touristengruppe in der ersten Seitenkapelle zu ihrer Rechten. Offensichtlich handelte es sich um britische Kunststudenten. Ihr Dozent klärte sie mit gedämpfter Stimme über drei Meisterwerke von Delacroix auf, die in diesem Teil der Kirche hingen: »Jakob ringt mit einem Engel«, »Heliodor wird aus dem Tempel vertrieben« und »Der Erzengel Michael besiegt den Teufel«. An jedem anderen Tag wäre Maureen geneigt gewesen, sich die Kunstwerke anzusehen und einem Vortrag in Englisch zu lauschen, doch heute hatte sie andere Dinge im Kopf.
    Sie gingen an den Studenten vorbei und tiefer in die Kirche hinein; beide schauten sie voller Ehrfurcht die massive historische Konstruktion hinauf. Fast instinktiv hielt Maureen auf den Altar zu, der von zwei riesigen Gemälden eingerahmt wurde. Jedes war mindestens dreißig Fuß hoch. Das erste zeigte eine Szene mit zwei Frauen – die eine mit blauem, die andere mit rotem Mantel.
    »Maria Magdalena und die Heilige Jungfrau?«, wagte Maureen sich vor.
    »Den Farben der Kleider nach zu urteilen, würde ich sagen, ja. Der Vatikan hat irgendwann eine Bulle erlassen, wonach unsere heilige Frau nur in Blau oder Weiß dargestellt werden darf.«
    »Und meine Frau trägt immer Rot.«
    Maureen ging zu dem Bild auf der anderen Seite des Altars. »Schau dir das einmal an …«
    Das Bild zeigte Jesus liegend in seinem Grab, während Maria Magdalena ihn für die Beisetzung vorzubereiten schien. Die Jungfrau Maria und zwei weitere Frauen weinten am Rand des Gemäldes.
    »Maria Magdalena bereitet den Leib Christi für die Beerdigung vor? Das steht so doch gar nicht in den Evangelien, oder?«
    »In Markus 15 und 16 wird erwähnt, dass sie und andere Frauen Gewürze und Öle zum Grab bringen, um ihn zu salben, aber wie genau diese ›Salbung‹ vor sich gegangen ist, wird in der Tat nicht gesagt.«
    »Hmmm«, dachte Maureen laut nach. »Und hier ist Maria

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