Das Magdalena-Evangelium: Roman
Ich muss mich sputen.«
Maureen legte Sinclair die Hand auf den Arm, um ihn aufzuhalten. »Lord Sinclair, in Ihrem Brief haben Sie meinen Vater erwähnt. Ich hatte gehofft, Sie könnten mir wenigstens sagen, was Sie über ihn wissen.«
Sinclair schaute Maureen an, und seine Augen nahmen einen sanften Ausdruck an. »Meine Liebe«, sagte er in freundlichem Tonfall, »ich habe einen Brief aus der Hand Ihres Vaters, von dem ich glaube, dass Sie ihn sehr interessant finden werden. Aber natürlich habe ich ihn nicht hier bei mir, sondern im Château. Das ist einer der Gründe, warum Sie mich besuchen kommen müssen. Und Father Healy natürlich auch.«
Maureen war wie vor den Kopf geschlagen. »Einen Brief? Sind Sie sicher, dass mein Vater ihn geschrieben hat?«
»Hieß Ihr Vater nicht Edouard Paul Paschal? Edouard geschrieben wie im Französischen? Und hat er in Louisiana gelebt?«
»Ja.« Maureens Antwort war kaum mehr als ein Flüstern.
»Dann stammt dieser Brief mit Sicherheit von ihm. Ich habe ihn in unserem Familienarchiv gefunden.«
»Aber was steht da drin, und warum …?«
»Miss Paschal, es wäre eine schreckliche Ungerechtigkeit, Ihnen das hier und jetzt zu sagen; Sie sollten es in seinen eigenenWorten lesen. Sobald Sie im Languedoc eintreffen, werde ich Ihnen den Brief mit Freuden zeigen. Aber jetzt muss ich wirklich gehen. Falls Sie vorher noch etwas benötigen sollten, rufen Sie bitte die Nummer auf der Einladung an, und fragen Sie nach Roland. Er wird Ihnen bei allem helfen, was Sie brauchen – bei absolut allem; sie müssen es ihm nur sagen.«
Sinclair eilte davon, ohne sich zu verabschieden; doch kurz blickte er noch einmal über die Schulter zurück. »Oh, und eine Karte haben Sie ja schon. Folgen Sie einfach der Magdalena-Linie.«
Die Schritte des Schotten hallten durch die höhlenartige Kirche, als er das Gebäude verließ. Peter und Maureen blickten einander hilflos an.
Maureen und Peter diskutierten ihr merkwürdiges Treffen mit Sinclair bei einem Mittagessen in einem Café am linken Seineufer. Sie waren zu sehr unterschiedlichen Meinungen über ihn gekommen. Peter war argwöhnisch bis an den Rand der Verärgerung, Maureen absolut fasziniert.
Sie beschlossen, einen Verdauungsspaziergang durch den Jardin du Luxembourg zu machen, einen von Europas berühmtesten Parks.
Eine Familie mit einer ganzen Bande ausgelassener Kinder genoss gerade ein Picknick im Gras, als die beiden vorüberkamen. Zwei der kleineren Kinder jagten einem Fußball hinterher – und einander –, während die älteren und die Eltern sie anfeuerten. Peter blieb stehen, um sie mit wehmütigem Gesicht zu beobachten.
»Stimmt was nicht?«, erkundigte sich Maureen.
»Nein, nein. Ich habe nur gerade an alle zu Hause gedacht. An meine Schwestern und deren Kinder. Weißt du, dass ich schon seit zwei Jahren nicht mehr in Irland gewesen bin? Wielange du schon nicht mehr dort warst, will ich gar nicht erst erwähnen.«
»Von hier aus ist es knapp eine Stunde Flug.«
»Ich weiß. Glaub mir, ich habe darüber nachgedacht. Wir werden ja sehen, wie’s hier läuft. Wenn ich dann noch Zeit habe, fliege ich vielleicht für ein paar Tage dorthin.«
»Pete, ich bin ein großes Mädchen und durchaus in der Lage, selbst mit alldem fertig zu werden. Warum nutzt du das nicht aus und fliegst einfach nach Hause?«
»Ich soll meine kleine Maria allein in den Händen dieses Scharlatans lassen? Hast du den Verstand verloren?«
Der Fußball, der sich nun unter der Kontrolle der anderen Kinder befand, flog auf Peter zu. Mit einem kräftigen und geschickten Tritt beförderte er ihn wieder zu den Kindern zurück. Kurz winkte er ihnen zu und setzte dann seinen Spaziergang mit Maureen fort.
»Bereust du deine Entscheidung?«, fragte sie unvermittelt.
»Was für eine Entscheidung? Mit dir hierhergekommen zu sein?«
»Nein. Die Entscheidung, Priester zu werden.«
Peter blieb stehen. Die Frage hatte ihn schockiert. »Wie, zum Teufel, kommst du denn da drauf?«
»Ich habe dich gerade nur beobachtet. Du liebst Kinder. Du wärst ein großartiger Vater geworden.«
Peter setzte sich wieder in Bewegung und erklärte: »Nein, ich bereue gar nichts. Ich bin meiner Berufung gefolgt, und diese Berufung verspüre ich noch immer, und ich glaube auch nicht, dass sich je etwas daran ändern wird. Ich weiß, dass es dir schon immer schwergefallen ist, das zu verstehen.«
»Das stimmt.«
»Hm. Weißt du, was die Ironie bei dem Ganzen ist?«
»Was?«
»Du
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