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Das Magdalena-Evangelium: Roman

Das Magdalena-Evangelium: Roman

Titel: Das Magdalena-Evangelium: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen McGowan
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gegangen waren, erhob sich der Engländer, der auf den Namen John Simon Cromwell getauft worden war, vom Tisch und ging in den hinteren Teil des Kellers. Um die Ecke herum und vom Hauptraum aus nicht zu sehen befand sich ein kleiner Alkoven. Darin stand ein schwerer Schrank aus dunklem Holz und daneben ein kleiner Altar. Eine einzelne Kniebank bot Platz für einen Bittsteller.
    Gusseiserne Beschläge sicherten die Schranktüren, und der untere Teil wurde von einem bedrückend wirkenden Schlossbeschützt. Der Engländer griff in sein Hemd und zog den Schlüssel heraus, den er um den Hals trug. Kniend steckte er den Schlüssel in das schwere Schloss und öffnete den Unterschrank.
    Er holte zwei Gegenstände heraus. Zuerst eine Flasche, die offenbar Weihwasser enthielt, welches er in eine goldene Schale auf dem Altar goss; dann eine kleine, aber reich geschmückte Reliquie.
    Vorsichtig stellte Cromwell das Reliquiar auf den Altar und tauchte seine Hände ins Wasser. Mit beiden Händen rieb er sich das Wasser auf den Nacken und murmelte dabei ein Gebet. Dann hob er das Reliquiar auf Augenhöhe. Durch ein winziges Fenster in dem ansonsten massiven Goldkästchen war ein elfenbeinfarbiger Schimmer zu sehen. Lang, schmal und eingekerbt, klapperte der menschliche Knochen in seinem Behälter, während der Engländer ihn anschaute. Cromwell drückte sich den Knochen an die Brust und sprach ein leidenschaftliches Gebet.
    »O großer Lehrer der Gerechtigkeit, wisse, dass ich Dich nicht im Stich lassen werde. Aber wir flehen Dich um Deine Hilfe an. Hilf uns, die Wahrheit zu finden. Hilf uns, die wir nur leben, um Dir und Deinem erhabenen Namen zu dienen.
    Aber vor allem hilf uns, die Hure auf ihren Platz zu verweisen.«

    Der Amerikaner, jetzt allein, ging die Rue de Rivoli hinab und schrie über den Lärm des Pariser Straßenverkehrs hinweg in sein Handy.
    »Wir können nicht länger warten. Er ist durchgedreht, völlig außer Kontrolle.«
    Die Stimme am anderen Ende hatte ebenfalls einen amerikanischen Akzent – gepflegt, von der Nordostküste und gleichermaßen zornig.
    »Halte dich an den Plan. Er führt systematisch zur Erreichung unseres Ziels. Und er wurde von Leuten entworfen, die sehr viel weiser sind als du«, drang die Stimme des Älteren über die Distanz.
    »Bloß ist keiner von denen hier«, spuckte der jüngere Mann in das Handy. »Sie sehen nicht, was hier abgeht. Verdammt, Dad, wann lässt du mich endlich machen, wie ich will?«
    »Wenn du es dir verdient hast. Bis dahin verbiete ich dir, auf eigene Faust zu handeln.«
    Der jüngere Amerikaner klappte sein Handy abrupt zu und fluchte. Er war an der Ecke zum Hôtel Regina angekommen, durch die Place des Pyramides. Als er aufblickte, hielt er gerade noch rechtzeitig an, um einen Zusammenstoß mit der berühmten vergoldeten Statue von Jeanne d’Arc zu vermeiden, die von dem großen Bildhauer Frémiet geschaffen worden war.
    »Hure«, knurrte er die Retterin Frankreichs an und hielt gerade lange genug inne, um sie anzuspucken. Und es scherte ihn nicht mal, ob ihn dabei jemand sah.

    Paris
20. Juni 2005
     
    I.M. Peis Glaspyramide schimmerte im morgendlichen Licht der französischen Sommersonne. Maureen und Peter, beide erfrischt nach einer Nacht Schlaf, standen mit anderen Touristen in der Schlange und warteten darauf, in den Louvre eingelassen zu werden.
    Peter ließ seinen Blick über die Wartenden schweifen, die sich ihre Reiseführer an die Brust drückten. »All dieser Aufstand nur für die Mona Lisa. Das werde ich wohl nie verstehen. Sie ist wirklich das meistüberschätzte Bild der Welt.«
    »Stimmt. Aber während sie übereinander stolpern, um essich anzusehen, haben wir den Richelieu-Flügel ganz für uns allein.«

    Maureen und Peter kauften ihre Eintrittskarten und studierten aufmerksam den Plan des Louvre. »Wo gehen wir zuerst hin?«
    »Nicholas Poussin«, antwortete Maureen. »Bevor wir irgendetwas anderes unternehmen, will ich die ›Hirten von Arkadien‹ sehen.«
    Sie gingen durch den Flügel mit den französischen Meistern und ließen ihren Blick auf der Suche nach Poussins rätselhaftem Meisterwerk über die Wände schweifen.
    Maureen erklärte: »Tammy hat mir erzählt, dieses Gemälde sei schon seit Jahrhunderten Gegenstand heftigster Kontroversen. Ludwig XIV . hat zwei Jahrzehnte darum gekämpft, es zu bekommen, und als er es schließlich in Händen hatte, hat er es in einem Keller in Versailles wegschließen lassen, wo niemand außer ihm es

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