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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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seine Hände bei sich und meist auch seine Augen. Manchmal spürte sie, wie er an sie dachte, so deutlich wie eine Berührung, aber selbst in seinen Gedanken war er sorgsam auf Keuschheit bedacht.
    Sie ertappte sich bei dem Wunsch, dass er weniger wie ein edler Ritter und ein bisschen mehr wie ein wollüstiger Bauernsohn wäre. Diese vollkommene Zurückhaltung war zum Verrücktwerden. Wenn er seine Magie genauso sorgsam im Zaum halten würde, wie er seinen Körper im Zaum hielt — wäre es für alle sicherer.
    Sie rief sich selbst mit Strenge zur Ordnung. Diese Gedanken schickten sich weder für ihn noch für sie. Ihre Aufgabe war es, ein Herzogtum zu retten. Alles andere, ob angemessen oder unangemessen oder schlichtweg unmöglich, würde warten müssen.
    Als sie das Wirtshaus verließen, um weiterzureiten, hatte der Regen aufgehört. Die Straße war matschig, aber passierbar. Die Luft war kühl, fast kalt: Herbstluft. Scheinbar über Nacht hatten sich die Blätter rot und golden gefärbt; sie trieben über die Straße und wurden von den Hufen der Pferde aufgewühlt.
    Im Laufe der Nacht war Averil klar geworden, was Gereint gesagt hatte: dass die Männer des Barons etwas Seltsames an sich hatten. Nachdem sie das anerkannt hatte, schien es sich in allem zu spiegeln, was sie sah. Etwas anderes als die Wärme des Sommers war aus diesem Land verschwunden. Das Wildvolk, das ihnen gefolgt war, war fort. Sie wusste nicht mehr, wann sich die Letzten von ihnen im Nebel aufgelöst hatten. Vielleicht hatten sie sich ja einfach vor der zermürbenden Ordnung dieser sterblichen Orte zurückgezogen, ging ihr durch den Sinn. Aber vielleicht war es ja auch mehr als das. Vielleicht …
    Die einfachen Leute waren noch sicher, aber das konnte nicht von Dauer sein. Noch mochte sie darüber nachdenken, aus welchem Grund sie nicht angerührt worden waren. Schlangen fraßen nur lebende Beute …
    Sie beschleunigte das Tempo, so gut sie konnte, und schlug den direkten Weg nach Fontevrai ein. Gereint und die Pferde widersetzten sich nicht. Zwischendurch wurden sie durch den Verkehr auf der Straße aufgehalten, was immer häufiger geschah, je näher sie der herzoglichen Stadt kamen. Es gab auch mehr Soldaten, die in Kompanien ritten oder marschierten. Welches Wappen sie auch trugen, sie litten alle unter demselben Mangel: Ihre Seelen waren ihnen ausgesaugt worden. Sie belästigten keine Passanten; was auch immer ihr Ziel sein mochte, es hatte offensichtlich nichts mit gewöhnlichen Menschen zu tun.
    Averil konnte nicht sagen, dass sie sich an sie gewöhnte, aber nach einer Weile war ihr Entsetzen darüber nicht mehr ganz so groß. Doch am späten Nachmittag bekam sie einen solchen Schock, dass sie beinahe aus dem Sattel gerutscht wäre.
    Vor den Toren von Morency, in Sichtweite des zerstörten Ordenshauses, trafen sie auf einen Bischof in einer Kutsche, in Begleitung seiner Wachen, Schreiber und heiligen Mönche. Sie bildeten eine lebhafte Gesellschaft, so bunt wie der in goldenen Herbstfarben leuchtende Pappelwald, durch den sie ritten. Aber sie sangen keine Psalmen, wie es solche Prozessionen für gewöhnlich taten, und nicht nur das Innere der Wächter war leer. Die Augen der Schreiber waren trübe, und die Gesichter der Mönche waren ausdruckslos. Hinter seinem roten Vorhang wirkte der Bischof so matt wie ein abgewetzter Kristall. Wenn die Kirche diesem Zauber zum Opfer gefallen war, dann war niemand mehr sicher. Averil hätte nicht gesagt, dass es keine Hoffnung mehr gab, aber ihre Zuversicht war stärker erschüttert, als sie zugeben mochte. Alles, was sie hatte, um den Bannzauber zu bekämpfen, war ein hübsches Amulett, ein gottgeborener Junge, der auf einem Bauernhof groß geworden war, und das bisschen Magie, das sie zusammenraffen konnte.
    »Ihr habt mehr als das«, sagte Gereint, der in ihren Gedanken wohnte wie in ihren Träumen. »Ihr habt Euch selbst.«
    »Aber was bin ich?«, fragte sie. »Ich bin kein kirchlicher Würdenträger.« »Ihr seid die Nachfahrin der Paladine, ein Abkömmling von Königen. All Eure weiblichen Vorfahren waren Zauberinnen der Insel.«
    »Das macht mich vielleicht verwundbarer als alle anderen«, sagte sie. »Ihr seid vorgewarnt«, sagte er. »Ihr seid geschützt. Ihr könnt über die Ordnung der Welt hinaussehen.« »Aber wird das reichen?« »Das wird es«, sagte er.
    Er sprach die Worte so aus, als würde er an sie glauben. Averil Heß sich von der Reinheit seines Glaubens mitreißen. Der größte

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