Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
es immer noch Magier oder Mächte hinter den Magiern gibt, die wissen, wie man diese vergessenen Orden bekämpft? Zumindest sollten wir nach ihnen suchen, um herauszufinden, ob es sie gibt.«
Gereint nickte. »Ich bin sicher, dass das Konzil, an dem wir nicht teilnehmen dürfen, weil man uns für zu jung und unerfahren hält, jetzt genau über diese Sache berät. Das ist doch ganz offensichtlich, nicht wahr?«
»Die Wahrheit war für dich offensichtlich«, wandte Averil ein, »aber für niemand anderen, der sonst noch im Raum war, darunter auch die großen Meister der Orden. Ich fürchte, wir können uns nicht darauf verlassen, dass jemand die Sache so sieht, wie wir sie sehen.«
»Wir sind jung«, sagte Gereint. »Wir wissen tatsächlich wenig. Ich zumindest. Du bist mir weit voraus. Wir brauchen jemanden, der älter und weiser ist, um uns einen Rat zu geben.«
»Bernardin«, sagte sie.
»Aber er ist doch derjenige —«
»Er ist derjenige, der dir zugehört hat«, meinte Averil. »Wir werden morgen Früh zu ihm gehen, nachdem er sich ausgeruht hat. Wenn wir Glück haben, ist ihm all das schon in den Sinn gekommen, und wir können unsere Befürchtungen beiseiteschieben. Wenn er nicht daran gedacht hat, wird er uns anhören. Dafür werde ich sorgen.«
Gereint presste die Lippen aufeinander. Bernardin war derjenige, der sie beide vom Konzil ausgeschlossen hatte. Aber er war nicht geneigt zu widersprechen. Er wandte sich wieder der Beseitigung der Spinnweben zu. Kurz darauf folgte sie seinem Beispiel.
Während er arbeitete, betrachtete er sie verstohlen von der Seite. Zum ersten Mal dachte er an etwas anderes als daran, dass sie sein Blut in Wallung brachte. Ein Gedanke kam in ihm auf. Es war die Art, wie sie gesagt hatte, dass sie Bernardin dazu bringen würde, ihnen zuzuhören. Es war auch die Art, wie sie sich im Palast des Herzogs bewegte, als könne sie gehen, wohin es ihr gefiel, und tun, was sie wollte.
Angenommen …
Er ließ den Gedanken im Raum stehen, während er die Aufgabe beendete, die er sich selbst gestellt hatte. Als das letzte Spinnengewebe beseitigt war, stellte er den Besen beiseite. Averil hatte eine andere Beschäftigung gefunden: Sie räumte die Kammer auf, in dem Sättel und Zaumzeug aufbewahrt wurden. Das war die Gelegenheit, ein Geschenk des Jungen Gottes. Gereint dankte Ihm dafür und beschloss, es als gutes Omen anzusehen.
Ein oder zwei Mal, während seiner Botengänge für den Landvogt, hatte Gereint sich in den Frauenflügel des Palastes vorgewagt. Bis zu den Räumen der Thronerbin war er nie gekommen, aber er wusste, wo sie sich befanden: hoch oben im innersten Turm, über dem Rosengarten, der auf dem Dach der großen Halle angelegt worden war.
Die Comtesse hatte sich zurückgezogen, seit ihr Vater krank geworden war, schwer bewacht, ließ sie sich nur sehen, um das Volk und die Schar der Freier davon zu überzeugen, dass sie am Leben und wohlauf war. Es kam gelegen, dachte Gereint, dass nur wenige Menschen sie von Nahem zu Gesicht bekamen. Sie war immer nur aus der Ferne zu sehen, so unwirklich wie eine Statue aus Rot, Gold und Elfenbein.
Was er von ihr gesehen hatte, erinnerte ihn an die Dienstmagd, deren Magie so stark und deren Verhalten in Momenten der Unachtsamkeit so gebieterisch war. Averil war längst nicht so perfekt in ihrer Schönheit, aber wer war das schon?, dachte Gereint.
Er würde sehen, was er sehen konnte. Seine Postulantenlivree half ihm an den ersten zwei Rängen von Wächtern vorbei, aber die Freier, die ein Empfangszimmer mit Beschlag belegt hatten, stellten eine weitere Hürde dar. Sie hatten ein lärmendes Würfelspiel begonnen, mit verschiedenen Mannschaften und derart hohen Wetteinsätzen, dass es Gereint schwindelte. Für ihn war es ein Spiel um unvorstellbare Summen. Für diese verwöhnten Prinzen war es nichts weiter als ein nachmittäglicher Zeitvertreib.
Einige waren jünger als er. Einige waren mehr als alt genug, um es besser zu wissen. Sie spielten um den höchsten Preis des Königreichs. Einer von ihnen lallte das immer wieder vor sich hin, während der Wein ihm zunehmend zu Kopfstieg.
Gereint erweckte nicht mehr Aufmerksamkeit als die Diener, die in der Menge hin und her huschten, Becher auffüllten und Freier zur Seite rollten, die dem Wein allzu stark zugesprochen hatten. Langsam bahnte er sich den Weg zur Tür der inneren Gemächer. Sie würde in Erscheinung treten, wie jeden Tag, damit die Freier einen Blick auf ihr Gesicht
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