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Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Das magische Land 1 - Der Orden der Rose

Titel: Das magische Land 1 - Der Orden der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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erhaschen konnten. »Sie will uns Appetit machen«, sagte ein Mann in flammend orangefarbener Seide. Die Farbe passte zu seinen dunklen Augen und dem lockigen schwarzen Haar, aber der Schnitt war wenig vorteilhaft für seine große, schmale Gestalt. Er sah aus wie eine geschälte Karotte.
    Er hatte eine angenehme Stimme und ein einnehmendes Wesen, und er war offensichtlich sehr beliebt bei seinen Mitstreitern. Dies konnte man nicht von allen sagen. Einige Blicke, die in diesem Raum ausgetauscht wurden, waren feindselig und angriffslustig.
    Hier wurde eine besondere Form des Krieges ausgefochten. Eine hochgeborene Dame musste heiraten und ihre Linie fortsetzen. Es war die Pflicht eines ledigen Edelmannes, sie zu umwerben und für sich zu gewinnen, damit seine eigene Linie fortgesetzt, und seine Familie nach Möglichkeit noch reicher wurde.
    Sie war die reichste Thronerbin des Königreichs. Der Gewinner des Wettstreits würde ein Ausmaß an Reichtum und Macht erlangen, das Gereints Vorstellungskraft überstieg. Sie hätte ein hässliches Weibsbild sein können, und sie würden sie dennoch umwerben; aber sie war von außergewöhnlicher Schönheit. Dies sei ein entscheidender Vorteil, erklärte der orangefarbene Graf.
    Die Zeit verstrich. Gereint fragte sich langsam, ob die Comtesse ihnen den Glanz ihrer Anwesenheit verweigern würde. Noch eine Runde durch den Saal, dachte er, dann würde er gehen.
    Es begann damit, dass sich eine plötzliche Stille ausbreitete. Die Freier mussten irgendein Signal erhalten haben, das Gereints ungeschulter Aufmerksamkeit entgangen war. Alle Köpfe wandten sich zur Tür wie Blumen zur Sonne.
    Es folgte eine lange Pause von atemloser Spannung. Gereint wurde schon fast schwindelig, als sich die Tür endlich öffnete.
    Er war nicht so dicht dran, wie er es geplant hatte, aber er war groß genug und nah genug, dass er einen klaren Blick auf sie hatte. Sie war wie die Sonne, strahlend und in Gold gekleidet. Ihr Gesicht war wie Elfenbein, die Augen wie Sterne. Ihr Haar wie eine Kaskade aus lebendigen Flammen.
    Er schnappte nach Luft, blinzelte und schüttelte den Kopf hin und her, um klar zu sehen. Die Freier waren gefangen in dem Zauber — und es war ein Zauber, ein Werk der Magie, um den Blick zu täuschen und die Sinne zu benebeln. Er verengte die Augen zu Schlitzen und betrachtete sie von der Seite. Ihre Gestalt verschwamm zu einem flirrenden Schimmer. Darunter befand sich lebendiges Fleisch, eine Frau, groß und schön, aber ihr Gesicht war ein wenig anders als das, das sie andere sehen lassen wollte.
    Gereint richtete seinen Blick wieder auf den Glanz; diesmal, um ihn zu studieren. Die Gesichtszüge waren durch Licht und Magie verschwommen, aber nach einem kurzen Moment nickte er.
    Unter dem Deckmantel ihres Zaubers glitt er davon. Er zupfte an ihm, wie um ihn aufzuhalten, aber kaum merklich. Er war nicht für ihn bestimmt. Jemanden wie ihn würde eine hochgestellte Dame nie und nimmer als Ehemann in Betracht ziehen.
    Dies bekümmerte ihn jedoch herzlich wenig. Ihre Welt war so fern für ihn wie der Mond. Trotz all ihrer Schönheit und der Macht, die sie verkörperte, ließ sie ihn kalt. Kein bisschen wie Averil, die ihn in all ihrer Unvollkommenheit, mit dem sommersprossigen Gesicht und den leicht unregelmäßigen Zügen und ihrem soliden, praktischen und keineswegs ätherischen Wesen, mehr bezauberte, als diese wunderschöne Illusion es jemals fertigbringen würde.
    Averil lebte in seinen Träumen. Diese Vision vermochte es kaum, sein waches Ich zu beunruhigen.
    Bevor er die äußere Tür passierte, schaute er sich noch einmal um. Die Freier umschwärmten sie wie Motten das Licht. Sie nickte und lächelte und murmelte Worte, an die sich später niemand erinnern würde. Es war alles ein Teil des Zaubers.
    Es berührte ihn nicht im Geringsten. Er ließ die Tür hinter sich zufallen und schlüpfte zwischen den Wachen durch, die von seinem Gehen genauso wenig Notiz nahmen wie von seinem Kommen.
    An diesem Abend war Averil als Erste in der Bibliothek. Gereint hatte darauf gehofft.
    In der Tür blieb er stehen und fixierte die Insel aus Licht am gegenüberliegenden Ende des Raumes. Ihr Haar glänzte rotgolden; ihr Kopf war geneigt, und ihr Finger folgte den dicht beschriebenen Linien des vor ihr liegenden Buches. Sie hatte Tinte an die Finger bekommen und sich ein wenig davon an die Wange geschmiert.
    Sie schaute auf. Ihre Miene erhellte sich bei seinem Anblick. Es war kein Zauber — es war

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