Das magische Land 1 - Der Orden der Rose
benommen. Einen Moment lang schien es, als befände er sich im Zimmer des Kräuterkundlers mit seinen wunderbaren Fenstern und dem klaren Licht. Messire Perrins Gesicht wirkte so lebendig, als würde er neben Gereint auf dem Hof stehen. »Geh zu deiner Herrin«, glaubte Gereint ihn sagen zu hören. »Sie braucht dich jetzt mehr als je zuvor.« »Warum sollte ihresgleichen meinesgleichen brauchen?«, fragte Gereint voller Bitterkeit.
Messire Perrins Vision schenkte dem Gesagten keine Beachtung. »Geh«, sagte er. »Es ist dir nicht bestimmt, heute Nacht an diesem Ort zu sterben.« Dies war eine seltsame Ausdrucksweise. Gereint war wieder auf den Beinen, und wenn er auch nicht rannte, so stolperte er zumindest zurück durch das Tor. Er spürte einen Zwang, der auf ihm lastete, und wusste, dass er stärker war als sein Wille, sich gegen ihn zu wehren.
Bernardin schlief wie betäubt. Jegliches Glas in seinem Schlafzimmer — Fenster, Wandschmuck, magische Werke — war zerbrochen. Die Erinnerung daran, wie es zerbrach, dröhnte in Averils Schädel, ein tiefer Ton, zu tief, um hörbar zu sein.
Sie konnte kaum gehen, so sehr setzte ihr der Schock zu. Irgendwie bahnte sie sich den Weg durch die unbewachte Tür und durch das Zimmer, wo sie neben dem Landvogt stehen blieb. Ihre Hand bewegte sich wie von selbst, um über Bernardins Herzen zur Ruhe zu kommen.
Sie wandte keine Magie an und versuchte keinen Zauberspruch, aber Bernardin schnappte nach Luft und wand sich in Krämpfen. Averil erschrak; Bernardins Finger schlossen sich um ihre Hand und hielten sie fest. Die Augen des Ritters waren offen und starrten sie an. »Das Netz … Das Netz der Ritter … Es ist verschwunden. Ich kann nicht …«
Averil fand keine Worte, ihn zu trösten. Als er die Worte aussprach, ließ ihre Schärfe sie nach Luft schnappen. Die Ritter waren alle voneinander getrennt, ihre Magie auseinandergerissen und ihre Macht zerbrochen. Das vortreffliche Gefüge ihrer Einheit war verschwunden. Einige waren dabei gestorben. Andere waren verkrüppelt ohne Hoffnung auf Heilung.
Bernardin war zumindest am Leben und bei Bewusstsein. Er sprach klar und deutlich, obwohl seine Stimme ein wenig belegt klang. »Geht. Schaut nach den anderen. Ich werde den Wachmann wecken.«
Averil verschwendete keine Zeit mit erschrockenen Fragen. Sein Zustand war zufriedenstellend, nun da er wach war. Sie lief los, um zu tun, was er befohlen hatte.
Gereint fand Averil in den Baracken, umringt von benommenen, wankenden Männern. Bei Gereints Anblick richtete sie sich auf. Ihre Erleichterung trieb ihm die Tränen in die Augen.
Sie spürte der Geschichte nach, die sein Körper erzählte: Blutflecken, Rauchgestank und sein Gesicht kündeten von schrecklichen Dingen, die er gesehen haben musste. All dies schien sie weder zu überraschen noch zu erschrecken.
Als er nach ihrer Hand griff, stieß sie ihn nicht zurück. Er schien ihr Kraft zu geben und sie ihm, und plötzlich war die Welt nicht so voller Grauen, und die Erinnerungen an das, was er gesehen und getan hatte, wichen weit genug zurück, damit er tun konnte, was getan werden musste.
Der Bannzauber, der die Stadt ergriffen hatte, hatte jeden Mann der Rose im weißen Turm befallen: ein Dutzend Ritter einschließlich Bernardin, drei Dutzend Knappen, sechzig Novizen und ein Postulant litten unter bohrenden Kopf schmerzen. Aber der Feind war nicht bis hierher vorgedrungen, und er würde auch nicht kommen, wenn Gereint ihm genug Schaden zugefügt hatte. Die Ritter starrten sich an, als hätte man ihnen den Verstand genommen. Gereint konnte die Magie in jedem der Männer sehen, wie sie in dunkler Verwirrung pulsierte, aber sie war eingeschlossen wie in einer gläsernen Hülle. Er versuchte nicht, sie zu befreien. So viel Weisheit fand er in seinem Geist, zu wenig und zu spät, aber es musste genügen.
Er wandte sich Averil zu, die ihn anschaute. Erneut veränderte sich die Welt, als ihre Blicke sich trafen. Das Licht war klarer, die Erde schien fester unter den Füßen.
Dann wagte Gereint, durch die gläserne Wand zu greifen und die Magie zu berühren, die in jedem Mann der Rose brannte. Er bündelte sie, machte sie stärker, wo sie Kraft brauchte, und klarer, wo sie durch Verwirrung getrübt wurde.
Einige erschraken und schnappten nach Luft, andere zitterten. Gereint festigte sie mit seiner Stimme und der Magie, die noch in ihm war und ihn mit jedem von ihnen verband. »Der König ist uns allen auf den Fersen. Wacht
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