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Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange

Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange

Titel: Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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herbeigeritten, um Esteban zu begrüßen und sich vor Averil zu verbeugen. Die meisten von ihnen hatten morescische Gesichtszüge und einen morescischen Akzent; ein oder zwei redeten mit dem melodischen Tonfall Proensas.
    »Sollen wir?«, fragte einer von ihnen, während die Menge noch keinerlei Anstalten zum Aufbruch machte.
    Esteban warf Averil einen Seitenblick zu. »Comtesse?«
    Bis auf Esteban waren all diese Männer Fremde für sie; aber sie hatte ihre Wachen und ihre Zofe bei sich. Als sie Jennet anschaute, runzelte diese die Stirn, zuckte jedoch mit den Schultern. Sie würde sich der Entscheidung ihrer Herrin fügen.
    Averil neigte den Kopf als Zeichen der Zustimmung, was Esteban mit einem flüchtigen Lächeln quittierte.
    Sie überließen den Rest des Hofes sich selbst, bestiegen ihre Pferde und ritten los. Das Tor, das Esteban wählte, führte durch ein Labyrinth von Gärten zu einem anderen, etwas größeren Tor und zum Ufer des Flusses. Esteban hatte das Talent, versteckte oder wenig benutzte, aber praktische Fluchtwege zu finden. Dieser Weg führte zu einer breiten und gepflegten Straße, die unterhalb der Palastmauern verlief und zu einer der zwölf Brücken von Lutece führte: eine für jeden der zwölf Paladine. Die Brücke, die sie überquerten, war nach Longinus, dem ersten Paladin, benannt, was recht passend war, da Averil seine Nachfahrin war.
    Jenseits der Longinus-Brücke passierten sie abgeerntete Felder und steuerten dann einen entfernten Schimmer an. Der Goldene Wald hatte im Sturm ein wenig von seiner Schönheit verloren; der Waldboden war mit goldenen Blättern bedeckt, aber die Baumkronen leuchteten noch blassgolden über den silbrigen, glatten Stämmen der Buchen.
    In diesen Wald und auf diese Lichtungen durften nur der König und seine Günstlinge einen Fuß setzen. Wenn ein Gemeiner hier beim Wildern erwischt wurde, verlor er nicht nur sein eigenes Leben, sondern musste vorher noch mit ansehen, wie seine Frau und seine Kinder aufgehängt wurden.
    Das war das Recht des Königs; das Land war sein Eigentum, und er konnte damit tun, was immer er wollte. Averil war nach einer anderen Philosophie erzogen worden. Sie hatte nicht weiter gedacht, als den König am Wiedererwecken der Schlange zu hindern, aber wenn das vollbracht war und Lys überlebte, konnte sie die Gesetze ändern. Sie würde dieser Welt ein anderes Gesicht geben.
    Dies waren gefährliche Gedanken in dieser Welt, die zum Teil schon von Schlangenmagie durchdrungen war. Deshalb richtete sie ihre Konzentration auf das schräg einfallende Sonnenlicht zwischen den Zweigen und auf die Wegbiegung, die sie tiefer in den Wald führte.
    Einer von Estebans Gefährten erwies sich als äußerst geschickter Jäger. Er fand eine Spur, die, wie er sagte, von einem stattlichen Hirsch stammen musste.
    Wenn Averil ein bisschen aus den Augenwinkeln schaute, konnte sie erkennen, wo das Tier gegangen war. Seine Anwesenheit war noch in der Luft und an den raschelnden Blättern des Waldbodens zu spüren. Die Ausmaße seines Geweihs waren enorm: Zweige waren abgebrochen und frische Kratzer an Baumstämmen kündeten davon, dass er die Spitzen seiner Waffen geschärft hatte.
    Die Männer waren darauf versessen, ihm nachzujagen und ihn zu erlegen. Averil zögerte ein wenig. Der Morgen war klar und kühl und wunderschön. Sie atmete die liebliche, saubere Luft tief ein und ließ das Pferd in seinem eigenen Tempo laufen.
    Ihre Wachen und ihre Zofe blieben mit ihr zurück. Estebans Gefährten nahmen die Spur des Hirsches auf. Es überraschte Averil nicht, dass er keine Eile hatte, ihnen zu folgen. Er war ihr nicht wie ein Mann erschienen, der auf diese Art von Jagd versessen war.
    Sie war noch nie zuvor durch diesen Wald geritten, aber sie wusste, wo sie sich befand. Es war ein eigenartiges Gefühl, als wären diese Pfade ebenso ein Teil von ihr wie die Rillen in der Haut ihrer Fingerspitzen.
    Das letzte Mal, als sie ein derartiges Gespür für das Land gehabt hatte, war in ihrem Herzogtum Quitaine gewesen. Es gab hier keine wilde Magie, kein Wildvolk, das zwischen den Schatten hin und her flitzte und sie von den Ästen aus anschaute. Die Magie der Orden war zu stark an diesem Ort für jene luftigen Geister.
    Und dennoch erinnerte sich das Land an sie. Dieser Hain war schon da gewesen, bevor die Orden kamen, selbst bevor die Schlange fiel. Keiner der Bäume, die sie sah, war so alt, aber das Herz des Waldes hatte seit Anbeginn der Welt geschlagen.
    Averil

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