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Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange

Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange

Titel: Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Bryan
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hatte kaum erwartet, einen solchen Ort mitten in Lys zu finden. Aber schließlich sollte auch die Magie der Schlange lange fort und tief begraben sein, und dennoch hatte der König sie nicht nur wiederentdeckt, sondern auch gelernt, sie auszuüben. Dieses Land barg mehr Geheimnisse, als die Orden der Magier eingestehen mochten.
    Averil hatte die Hirschjagd vergessen. Das, was sie nun jagte, war tiefer und seltsamer. Sie suchte nach dem Herzen des Waldes — welches vielleicht auch das Herz von Lys sein mochte.
    Der Goldene Wald erstreckte sich weit über die sanften Hügel im Westen von Lutece, den Fluss entlang und hinauf zu dem niedrigen Bergkamm, den die Leute auch Drachenrücken nannten. Averil vermutete, dass er früher einen anderen Namen hatte: die Schlange.
    Keine Ausgeburt der alten Nacht lag schlafend unter den baumbewachsenen Hängen. Die Knochen der Erde traten deutlich hervor. Man hätte erwarten können, dass sich auf einem der Felsvorsprünge eine Burg erheben würde, doch diese Hügel waren von menschlichen Wohnstätten gereinigt worden. Das königliche Jagdschloss lag tief im Walde an einer geschützten Stelle im Tal, am Ufer eines glasklaren Sees. Es erinnerte Averil allzu lebhaft an die Insel der Priesterinnen: steil aufragende Hänge, dazwischen die grüne Senke, der klare See und daneben das Herrenhaus.
    Nicht der König hatte es gebaut. Es war viele Generationen alt, und der letzte Teil war in den Tagen seines Vaters errichtet worden: die luftige Konstruktion eines Turmes mit Fenstern aus farblosem Glas. Sie bargen keine Magie; das Glas war so klar, dass sich nichts darin verfangen und nichts darin eingeschlossen werden konnte. Alles, was hindurchkam, war Licht. Es gab Diener im Herrenhaus, diskrete Menschen, die die unerwarteten Gäste freundlich willkommen hießen und ihnen Essen, Getränke und einen Platz zum Ausruhen anboten. Averil nahm ihre Gastfreundschaft gerne an. Dies war noch nicht das Herz des Waldes, aber es schien ganz in der Nähe zu sein.
    Es war fast, als wäre sie in Quitaine: diese friedliche Ruhe, die Abwesenheit von Spionen, Geflüster und Intrigen. Niemand hier wünschte ihr etwas Böses oder kümmerte sich überhaupt darum, wer sie war.
    Sie wagte nicht, sich an diesem Zufluchtsort allzu wohl zu fühlen. Esteban war mit ihr hierhergekommen, und seine Anwesenheit war alles andere als beruhigend.
    Er hatte sie aus eigenen Beweggründen hergebracht. Sie war gut beraten, ihm nicht zu trauen. So friedlich und ungefährlich das Herrenhaus und der Wald auch wirken mochten, so gehörten sie dennoch dem König. Und der König wollte nichts Geringeres, als die Welt aus den Angeln zu heben.
    Nachdem sie gegessen, getrunken und eine Weile ausgeruht hatte, stellte sie fest, dass ihre Wachen sich zurückgezogen hatten und Jennet auf ihrem Platz eingenickt war. Der Zauber war subtil und meisterhaft gewirkt. Sie warf Esteban einen argwöhnischen Blick zu.
    Er erwiderte ihren Blick mit ausdrucksloser Miene. Selbst jetzt hatte sie nicht das Gefühl, dass eine Gefahr von ihm ausging. »Messire«, sagte sie, »wenn Ihr glaubt, Ihr habt mich in Eurer Gewalt, so muss ich Euch eines Besseren belehren.«
    »Daran würde ich nicht einmal im Traum denken«, sagte er. »Es gibt hier etwas, das Ihr vielleicht zu sehen wünscht. Darf ich Euch begleiten?« »Ein weiterer nackter Tanz? Nein danke, lieber nicht.«
    »Dies hier mag Euch weniger anstößig erscheinen«, sagte er, »oder Euch einen gewaltigen Schock versetzen. Aber ich kann Euch versichern, dass Ihr Euch nicht langweilen werdet.«
    Neugierde war immer schon Averils Schwäche gewesen. Sie erhob sich mit einem Seitenblick auf Jennet. Die Zofe schlief tief und fest in ihrem Sessel und schnarchte leise vor sich hin.
    Sie würde nicht so bald erwachen. Unwillkürlich fragte sich Averil, ob sie überhaupt wieder aufwachen würde.
    Natürlich würde sie wieder wach werden. Derartige Zauber wirkten für den Betrachter immer unauflösbar, bis ihr Urheber sie aufhob. Averil ließ die schlafende Jennet zurück und folgte Esteban in den inneren Teil des Hauses.

Kapitel 11
    Das Herrenhaus war sogar noch größer und älter, als Averil gedacht hatte. Der Teil, der sich über der Erde erhob, war nur der oberste Abschnitt eines riesigen Bauwerks. Es war nicht zu erahnen, wie tief es in den Felsen hinabreichte; unter den Kellergewölben befanden sich Höhlen, und noch weiter unten, in unvorstellbarer Tiefe, strömte ein eiskalter, unterirdischer Fluss, der

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