Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange
am Horizont, wo sich Prydains großes Verteidigungswerk unsichtbar, aber wirksam bis in den Himmel erhob. Die Magier der Könige rechneten damit, dass die schwarze Flotte im Höchstfall noch einen Tag brauchen würde, bevor sie sich durch die Schutzmauer hindurchgekämpft hätte. Sie kamen von allen Booten und Kompanien zusammen und versammelten sich im Turm, in einem hohen, runden Raum, der von einem prasselnden Feuer erwärmt wurde. Die Wärme tat gut. Kälte machte Gereint nicht viel aus, aber der Wind, der von der See her kam, war eisig. Es war eine Wohltat, ihm zu entkommen. Dies war eine Wachstube mit langen Bänken und einem großen Tisch bei der Feuerstelle in der Mitte. Dort saßen die Magier mit der Königin am Kopfende und füllten ihre Mägen mit dunklem Brot und kräftigem gelben Käse und tranken das Bier der Wachposten. Ein Seherspiegel befand sich auf dem Tisch in der Nähe der Königin; durch ihn konnte man wie durch ein Fenster auf die schwarze Flotte blicken.
Gereint sah die Flotte auch ohne Hilfe eines Seherspiegels, Averil ebenso. Sie saß in der Nähe der Königin und hörte sich schweigend an, wie die Magier die verschiedenen Strategien besprachen.
Einige wollten die Mauern einreißen und den Druck, den die Truppen der Königin auf den Feind ausübten, bis zum Ende des Tages lockern; um in dem Moment anzugreifen, wenn die Magie des Landes am stärksten war. Andere meinten, dass sich die schwarze Flotte beim Anstürmen gegen die Mauer verausgaben sollte, damit sie an Land von starken, ausgeruhten Verteidigern in die Flucht geschlagen werden konnte.
Beide Strategien hatten ihre Vorteile. Gereint war kein General, aber er war ein Magier, und er war Averils Beschützer. Sie war kurz davor gewesen zusammenzubrechen, seit sie aus Lys geflohen war. Ihre Gemütslage war ausgeglichener, nachdem sie von dem Bannzauber befreit war, doch das konnte unter Umständen noch gefährlicher sein. Sie strahlte die zu perfekte Ruhe einer Frau aus, deren Entschluss feststand. Er wusste nicht, was sie tun wollte, und das beunruhigte ihn. Durch die Art ihrer Magie konnten sie nur wenige Geheimnisse voreinander haben, sie hatte jedoch einen Weg gefunden, einen Teil von sich vor ihm zu verbergen — dies konnte nur bedeuten, dass sie wusste, er würde den Inhalt ihrer Gedanken nicht gutheißen.
Er konnte nur Vermutungen anstellen und in ihrer Nähe bleiben. Als sie sich unter dem Vorwand erhob, die Latrine aufsuchen zu müssen, folgte er ihr. Das hätte sie nicht überraschen dürfen: Sie seufzte hörbar, versuchte jedoch nicht, ihn fortzuschicken.
Ihre Entschuldigung war echt. Als sie wieder heraustrat, ging sie die schmale Treppe hinunter, an der Wachstube vorbei zur unteren Halle, dann verließ sie den Turm.
Obwohl Gereint wusste, was ihn draußen erwartete, nahm der Wind ihm schier den Atem. Er blies vom Land her, was erklärte, warum dieselben Mächte, die die See beruhigt hatten, den Sturm nicht beruhigen konnten. Selbst wenn der schwarzen Flotte der Durchbruch gelang, würde es schwer für sie sein, gegen diesen Sturm anzukämpfen und das Land zu erreichen.
Gereint hüllte sich fest in seinen Umhang und fand Trost in der festen Erde unter seinen Füßen. Er war kein Seemann und würde nie einer sein. Averil ging nicht weit, nur bis zum sandigen Strand, wo das Schilf vom Wind zu Boden gepresst wurde und die Wellen sich träge auf den Sand wälzten, beruhigt und geglättet von der Magie, die über ihnen lag. Eines der kleineren Boote aus Caermor war dort an Land gezogen und auf die Seite gelegt worden, wodurch es einen notdürftigen Unterschlupf bot. Seine Besatzung war nirgends zu sehen.
Gereint vermutete, dass sie ins Wasser gegangen waren; eine große Anzahl der anderen hatte es so gemacht, um sich in ihrem eigenen Element vor dem Wind zu schützen. Als er auf die See hinausschaute, lugte hie und da ein glatter Kopf aus den Wellen empor, schaute sich um, wie um sich zu orientieren, und tauchte dann wieder ab.
Ein Großteil der Schlacht bestand aus Warten. Gereint hatte diese Lektion bei seiner Flucht aus Lys gelernt. Den Strand entlang suchten Männer und solche, die nur wie Männer aussahen, Schutz vor Wind und Kälte, ruhten sich aus, spielten mit Würfeln oder Knöchelchen, knabberten an ihren Essensrationen oder hüteten das Feuer auf der Leeseite ihrer Boote.
Während Averil im Windschatten des Bootes kauerte und aufs Meer starrte, sammelte Gereint Treibgut und trockenes Seegras und machte damit
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