Das magische Land 2 - Das Amulett der Schlange
sein Bestes, um die Mauern zu stürmen. »Welchen Nutzen hätte es, einen einzigen Mann zu töten, selbst diesen bestimmten? Er ist alles andere als allein — und dann ist da noch der Morescaner mit seinem eigenen unheiligen Bündnis. Wenn Ihr Clodovec beseitigt, ermöglicht Ihr dadurch nur den anderen, Schlimmeres zu tun als er.«
»Vielleicht«, sagte sie, »wenn es ein Werk gäbe, das alle Sklaven der Schlange tötet, wenn dieser eine stirbt …«
»Wahrscheinlich gibt es so etwas«, sagte er gepresst, »aber wenn es tatsächlich existiert, brauchte man dazu bestimmt mehr Kunstfertigkeit und Geschick, als wir beide haben. Bitte, Herrin. Eine Schlacht steht kurz bevor, und dafür werden wir beide gebraucht. Nicht Ihr allein — und vor allem nicht als Tote.«
Sie schwankte. Gereint öffnete den Mund, um sie noch stärker zu bedrängen, besann sich jedoch eines Besseren. Es war besser für sie alle, wenn sie ihren eigenen Weg zurück zur Vernunft fand.
Kapitel 30
Es war ein wunderschöner Plan gewesen. Averil hatte ihn so klar gesehen wie durch einen Seherspiegel. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde sie zwar sterben, aber sie redete sich ein, dass dies keine Rolle spielte.
Gereint zerrte sie zurück in die kalte Wirklichkeit und führte ihr eine weniger angenehme Wahrheit vor Augen, wie es seine Art war. Wenn sie auch nicht erfreut darüber war, so musste sie doch zugeben, dass er, zumindest gelegentlich, durchaus weise sein konnte.
Sie war immer noch trotzig und wild genug, um sich über sein halb magisches, halb reales Feuer zu beugen, sein Gesicht zu packen und ihn zu küssen, bis ihnen beiden schwindlig wurde. Ihr Handeln war weder vernünftig noch weise.
Abrupt wich sie zurück und stöhnte auf. »Das sollte Glück bringen«, sagte sie. Er hatte dieselbe Pose eingenommen wie sie, schien den Kuss jedoch bereits vergessen zu haben. Als sie gerade eine Zornesrede über die Wankelmütigkeit der Männer anstimmen wollte, sagte er: »Spürt Ihr das?«
»Was denn?«, fragte sie gehässig. »Dass du kaum gemerkt hast, was ich gerade getan habe?«
Seine Brauen zogen sich zusammen, aber seine Gedanken waren immer noch woanders. »Schaut«, sagte er.
Es gab kein Entrinnen: Seine Magie wand sich um die ihre und zwang sie hinzuschauen. Die Glut ihres Zorns erlosch.
Tief in der Erde bewegte sich etwas, geschmeidige, biegsame Körper befanden sich weit unterhalb der Welt des Lichts. Mächte waren erwacht und wanden sich nach oben. Die Luftmauern schützten See und Himmel, doch unter der Erde gab es keinerlei Verteidigung.
Prydains Magier, sowohl die Ordenstreuen als auch die Anhänger der wilden Magie, hatten einen entscheidenden Fehler gemacht: Sie hatten nach außen und aufwärts geschaut, aber nicht abwärts.
Schlangenmagie war eine Magie der tiefliegenden Orte, der unterirdisch fließenden Ströme und Höhlen, die sich der Kenntnis der Sterblichen entzogen. Sie kroch unter den Mauern hindurch und zog Kraft aus dem Herzen der Erde.
»Die Flotte ist ein Ablenkungsmanöver«, sagte Averil gequält. »Die wahre Attacke kommt von unten.«
Gereint sprang auf und zog sie hoch. »Wir müssen die Königin warnen.« Averil musste ihm zustimmen. Als er ihre Hand loslassen wollte, umklammerte sie seine Finger ein wenig fester. Hand in Hand rannten sie zurück zum Turm.
Ihre Ankunft unterbrach einen Streit, der sich in ihrer Abwesenheit weder geändert noch aufgelöst hatte. Averil ging ohne Umschweife dazwischen. »Vergesst die Flotte«, sagte sie. »Schaut nach unten.«
Einige der Magier und Generäle wollten ihr widersprechen, aber sie schenkte ihnen keine Beachtung. Die Einzigen, die zählten, waren die Königin und der Magier, dessen richtiger Name Peredur war. Für sie projizierte sie ihr soeben erlangtes Wissen in den Seherspiegel auf dem Tisch.
Das entrüstete Gemurmel verstummte auf einen Schlag. In der plötzlichen Stille schnappte Eiluned hörbar nach Luft und sagte: »Ja. Natürlich. Er will uns ablenken. Warum sollte er uns mit der Flotte angreifen, wenn er sich in Wahrheit der tief liegenden Magie bedienen kann?«
»Ihr wisst von diesen Dingen?«, fragte Averil.
Die Königin nickte. »Wir danken Euch.«
»Lasst uns Euch helfen«, sagte Averil.
»Wir brauchen jede Hilfe, die wir bekommen können«, mischte Peredur sich ein, bevor die Königin widersprechen konnte — und das wollte sie, man sah es in ihren Augen. Wäre es nach ihr gegangen, hätten die Truppen Averil an einen sicheren Ort gebracht
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