Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
Vom Netzwerk:
böse an.
    »Den sollten sie eigentlich gar nicht sehen«, sagte sie. »Das ist mein Dæmon. Sie glauben vielleicht, dass die Menschen in dieser Welt keine Dæmonen haben, aber das stimmt nicht. Sie haben sicher einen Mistkäfer.«
    »Wenn die ägyptischen Pharaonen damit zufrieden waren, durch einen Skarabäus dargestellt zu werden, dann reicht mir das auch. Tja, du kommst also aus noch einer anderen Welt. Wie interessant. Kommt das Alethiometer auch da her, oder hast du es unterwegs geklaut?«
    »Ich habe es geschenkt bekommen«, sagte Lyra wütend. »Der Rektor von Jordan College in Oxford hat es mir geschenkt. Es gehört rechtmäßig mir. Sie haben ja keine Ahnung, was man damit anfangen kann, Sie blöder alter Trottel, Sie könnten es auch in hundert Jahren nicht lesen. Für Sie ist es nur ein Spielzeug. Ich dagegen brauche es, und Will braucht es auch. Aber wir kriegen es schon wieder, keine Sorge.« 
    »Warten wir ab«, sagte Sir Charles. »Hier habe ich dich heute Vormittag abgesetzt. Wollt ihr wieder hier aussteigen?« 
    »Nein«, sagte Will, der in einiger Entfernung ein Polizeiauto fahren sah. »Sie können ja wegen der Gespenster nicht nach Ci’gazze, also ist es egal, ob Sie wissen, wo das Fenster ist. Bringen Sie uns zur Ringstraße.«
    »Wie ihr wollt«, sagte Sir Charles, und der Wagen fuhr weiter. »Wenn oder besser falls ihr das Messer beschaffen könnt, ruft mich an, und Allan wird euch abholen.«
    Sie schwiegen, bis der Chauffeur erneut hielt. Als sie aus stiegen, kurbelte Sir Charles sein Fenster herunter.
    »Ach übrigens«, sagte er zu Will, »wenn ihr das Messer nicht beschaffen könnt, braucht ihr nicht wiederzukommen. Wenn ihr ohne es kommt, rufe ich die Polizei. Sie kommt sicher sofort, wenn ich ihr deinen wirklichen Namen sage. Er lautet doch William Parry, nicht wahr? Dachte ich mir. In der Zeitung ist heute ein sehr gutes Foto von dir.«
    Der Wagen entfernte sich und Will starrte ihm sprachlos nach.
    Lyra schüttelte ihn am Arm. »Keine Sorge«, sagte sie, »der erzählt das niemandem. Wenn er wollte, hätte er es schon längst getan. Komm.«
     
     
    Zehn Minuten später standen sie wieder auf dem kleinen Platz vor dem Turm der Engel. Will hatte Lyra von dem Schlangendæmon erzählt, und sie war mitten auf der Straße stehen geblieben und hatte wieder verzweifelt versucht, sich zu erinnern. Wer war der Alte? Wo war sie ihm begegnet? Doch es hatte keinen Zweck, es fiel ihr nicht ein.
    »Ihm wollte ich es ja nicht sagen«, sagte Lyra dann, »aber gestern Abend habe ich da oben einen Mann gesehen. Er sah herunter, als die Kinder so viel Lärm machten …«
    »Wie sah er aus?«
    »Jung, mit Locken. Überhaupt nicht alt. Aber ich sah ihn nur kurz, ganz oben, über diesen Zinnen. Ich dachte, viel  leicht … Du erinnerst dich doch an Angelica und Paolo, und Paolo sagte, er hätte einen älteren Bruder, der auch in die Stadt gekommen sei, und seine Schwester sagte, er solle still sein, als ob es ein Geheimnis wäre. Hm, vielleicht ist er das. Vielleicht ist er auch hinter dem Messer her. Und wahrscheinlich wissen auch die Kinder davon. Ich glaube, das ist der Hauptgrund, weshalb sie zurückgekommen sind.«
    »Hmmm«, brummte Will und sah hinauf. »Vielleicht.«
    Lyra fiel ein, was die Kinder am Vormittag gesagt hatten. Kein Kind würde sich in den Turm trauen, hatten sie gesagt, denn dort spukte es. Ihr fiel auch ein, wie beklommen ihr zumute gewesen war, als sie und Pantalaimon durch den Tür  spalt gelugt hatten, bevor sie die Stadt verließen. Vielleicht traute sich deshalb nur ein Erwachsener dort rein. Auch jetzt flatterte Pantalaimon, eine Motte in der hellen Sonne, wieder aufgeregt um ihren Kopf und flüsterte ängstlich.
    »Pst!«, wisperte sie zurück. »Wir haben keine Wahl, Pan. Es ist unsere Schuld. Wir müssen es wieder gutmachen und das ist die einzige Möglichkeit.«
    Will ging an der Wand des Turms entlang nach rechts. An der Ecke kam er zu einer engen, gepflasterten Gasse zwischen dem Turm und dem nächsten Gebäude. Dort ging er hinein und sah nach oben, um eine genauere Vorstellung von der Größe des Turms zu bekommen. Lyra folgte ihm. Unter einem Fenster auf der Höhe des zweiten Stocks blieb Will stehen.
    »Kannst du da hochfliegen?«, fragte er Pantalaimon. »Und durch das Fenster sehen?«
    Pantalaimon verwandelte sich in einen Spatzen und flog hoch. Er schaffte es gerade. Lyra stöhnte und jammerte leise, als er den Fenstersims erreichte. Er blieb kurz sitzen, dann

Weitere Kostenlose Bücher