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Das Magische Messer

Das Magische Messer

Titel: Das Magische Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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aus Messing, mit grünem Leder bezogene Fernrohre, Sextanten und Kompasse; es war offensichtlich, warum er das Alethiometer haben wollte.
    »Setzt euch«, sagte Sir Charles und wies auf ein Ledersofa. Er selbst setzte sich auf den Stuhl hinter seinem Schreibtisch. »Nun?«, fuhr er fort. »Was habt ihr mir zu sagen?«
    »Sie haben mir –«, begann Lyra heftig, doch als Will sie an  sah, verstummte sie.
    »Lyra glaubt, dass sie etwas in Ihrem Wagen liegen lassen hat«, wiederholte Will. »Deshalb sind wir gekommen.«
    »Handelt es sich darum?«, fragte Sir Charles und holte einen in Samt gewickelten Gegenstand aus der Schreibtischschublade. Lyra stand auf, doch er beachtete sie nicht und wickelte den Gegenstand aus. Golden schimmernd lag das Alethiometer auf seiner Hand.
    »Ja!«, platzte Lyra heraus und griff danach.
    Doch er schloss die Hand. Der Schreibtisch war breit und Lyras Arm zu kurz. Bevor sie noch etwas anderes tun konnte, schwang er auf seinem Stuhl herum, stellte das Alethiometer in einen Glasschrank, schloss ab und ließ den Schlüssel in seine Westentasche gleiten.
    »Aber es gehört dir nicht, Lizzie«, sagte er. »Oder Lyra, wenn du so heißt.«
    »Es gehört mir doch! Es ist mein Alethiometer!«
    Er schüttelte den Kopf, traurig und ernst, als tue er das al  les, so schwer es ihm falle, nur um ihretwillen. »Das ist zumindest sehr zweifelhaft, will ich meinen.«
    »Aber es gehört ihr«, sagte Will. »Ehrlich! Sie hat es mir gezeigt! Ich weiß, dass es ihr gehört!«
    »Siehst du, und ich finde, du musst das beweisen«, sagte Sir Charles. »Ich brauche das nicht, weil es sich ja in meinem Besitz befindet. Also muss man doch zunächst annehmen, dass es mir gehört, wie die anderen Dinge meiner Sammlung. Ich muss schon sagen, Lyra, es überrascht mich, dass du so unehrlich bist –«
    »Das bin ich nicht!«, rief Lyra.
    »Aber doch. Du hast gesagt, du würdest Lizzie heißen. Jetzt erfahre ich, dass du ganz anders heißt. Ich glaube offen gesagt nicht, dass du jemanden davon überzeugen kannst, dass etwas so Wertvolles dir gehört. Ich mache euch einen Vor  schlag. Rufen wir doch die Polizei.«
    Er wandte den Kopf, um den Diener zu rufen.
    »Nein, halt –«, sagte Will, bevor Sir Charles den Mund auf  machen konnte, doch da rannte schon Lyra um den Schreib  tisch, und aus dem Nichts tauchte plötzlich Pantalaimon auf ihrem Arm auf, eine Wildkatze, die den alten Mann zähne  fletschend anfauchte. Sir Charles zuckte beim plötzlichen Auftauchen der Dæmons kurz zusammen, hatte sich aber sofort wieder in der Hand.
    »Sie wissen nicht einmal, was Sie da gestohlen haben«, schimpfte Lyra außer sich. »Sie haben zugesehen, wie ich es benutzte, und Sie haben sich gedacht, dass könnte ich doch stehlen, und das haben dann auch. Aber Sie – Sie – Sie sind schlimmer als meine Mutter – die weiß wenigstens, wie wichtig es ist – Sie wollen es nur in Ihren Schrank stellen und nichts damit tun! Das werden Sie mit dem Leben büßen! Wenn ich kann, lasse ich Sie von jemandem umbringen. Sie verdienen es doch gar nicht, dass sie leben. Sie sind –«
    Sie konnte nicht weitersprechen. Sie konnte ihm nur mitten ins Gesicht spucken, und das tat sie mit ihrer ganzen Kraft.
    Will saß nur da, beobachtete und prägte sich jeden Gegen  stand des Zimmers ein.
    Sir Charles zog in aller Ruhe ein seidenes Taschentuch her  vor, schüttelte es aus und tupfte sich ab.
    »Hast du denn überhaupt kein Benehmen?«, fragte er. »Setz dich wieder hin, du unverschämtes Gör.«
    Lyra zitterte am ganzen Körper und merkte, wie das Zittern ihr Tränen aus den Augen schüttelte. Sie warf sich auf das Sofa. Pantalaimon stand mit senkrecht erhobenem, buschigem Katzenschwanz auf ihrem Schoß und funkelte den alten Mann böse an.
    Will sagte nichts, sondern sah nur verblüfft zu. Sir Charles hätte sie schon längst rauswerfen können. Worauf wollte er hinaus?
    Und dann sah er etwas so Merkwürdiges, dass er es schon für Einbildung halten wollte. Aus dem Ärmel von Sir Charles’ Leinenjackett, vorbei an seiner schneeweißen Hemdmanschette, schob sich der smaragdgrüne Kopf einer Schlange. Ihre schwarze Zunge züngelte in verschiedene Richtungen, und der geschuppte Kopf mit den goldgeränderten schwarzen Augen sah von Lyra zu Will und wieder zurück. Lyra war zu aufgebracht, um die Schlange zu bemerken, und Will sah sie nur für einen Augenblick, bevor sie sich wieder in den Ärmel zurückzog. Erschrocken riss er die Augen

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