Das magische Portal - Weltennebel
auf die untere Hälfte der Karte. »Das Land südlich des Kraters existiert nicht mehr. Man sagt, die Götter zürnten den Völkern und beschlossen, alle Länder, die es zu großem Wohlstand gebracht hatten, zu strafen. Nur den Norden, Albany, verschonten sie zum größten Teil. Hier sammelten sich die letzten Überlebenden aller Reiche.«
»Was ist genau geschehen?«
»Es ist lange her, und selbst die ältesten Elfen haben diese Zeit nicht mehr erlebt«, erzählte Readonn und schien nun in der Vergangenheit versunken. »An diesem Tag soll die Erde gebebt haben. Gewaltige Steinbrocken wurden von den Göttern auf die Erde geschleudert, um allen Wesen zu zeigen, wie klein und unbedeutend sie doch sind.« Nun deutete Readonn weit nach Norden, wo mitten im Meer eine Insel zu sehen war. »Dort lebten früher die Drachen, auf der Feuerinsel, weit draußen im Meer. Die letzten Überlebenden ihrer Art kamen hierher auf die Inseln, die wir heute als Dracheninseln bezeichnen. Sie hatten uns offenbart, dass alle anderen Länder zerstört wurden.«
Darian deutete auf die Karte und war plötzlich sehr aufgeregt. »Dieses Land – die Umrisse sehen beinahe so aus wie Großbritannien, das Land, aus dem ich gekommen bin.« Dann zeigte er auf die Feuerinsel, im Norden. »Das hier könnte Island sein, und diese Insel, auf der wir uns befinden, wird in der anderen Welt Orkney genannt.« Er sah Readonn aufgeregt an. »Kann es sein, dass ich in der Vergangenheit gelandet bin, oder in der Zukunft?«
Eine ganze Weile dachte Readonn angestrengt nach, dann schüttelte er den Kopf.
»Nein, das glaube ich nicht. Wir vermuten, dass viele Welten nebeneinander existieren.« Er streckte seine langen, in Wollhosen steckenden Beine aus. »Wir, die Hüter der Steine, haben schon seit vielen Sommern und Wintern Nachforschungen darüber angestellt. Nach dem, was uns Nordhalan erzählt hat, denken wir, dass unsere Welt und die, in der Ihr aufgewachsen seid und wahrscheinlich auch Euer Vorfahre Atorian der Erste, sich bis zu einem gewissen Punkt recht ähnlich entwickelt haben.« Er zuckte mit den Achseln. »Heute scheint dies allerdings anders zu sein. In der anderen Welt gehen offensichtlich merkwürdige Dinge vor sich, die ich mir nicht einmal vorstellen kann.«
Darian grinste zustimmend. »Für mich ist hier ebenfalls vieles fremd. Niemals hätte ich gedacht, dass es wirklich Zwerge, Elfen und Drachen gibt.«
»Aber Ihr habt von ihnen gehört?« , wollte Readonn wissen.
»Ja, schon«, gab Darian zu, »aber das waren nur Geschichten.«
»Und irgendjemand muss damit begonnen haben, sie zu erzählen. Ich vermute, dass sich Elfen, Zauberer und Elementarwesen in alten Tagen mehr oder weniger frei zwischen den Welten bewegt haben.«
»Und warum tun sie das jetzt nicht mehr?«
»Vielleicht, weil sich die Zeiten ändern, vielleicht, weil die Weltennebel nicht mehr so häufig aufziehen, oder vielleicht auch, weil sich die einzelnen Welten nun zu stark voneinander unterscheiden.«
»Mia sagte, den Elementarwesen würde es in unserer Welt nicht mehr gefallen, weil niemand mehr an sie glaubt und weil das Land zu dicht besiedelt ist«, erzählte Darian leise und wurde schon wieder traurig.
»Das halte auch ich für möglich«, stimmte Readonn zu, dann seufzte er. »Es ist und bleibt ein Mysterium. Man erzählt sich, dass in der Vergangenheit viele Zauberer, die durch eines der Portale gingen, niemals wieder zurückkehrten. Warum das so ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Mittlerweile glaubt man, dass die meisten Portale, die in andere Welten führen, durch Magie versiegelt sind, damit niemandem etwas geschieht.«
»So wie der Stein, durch den ich gekommen bin«, murmelte Darian und spielte an seinem Amulett herum.
»Ja. Ich bin sehr froh, dass Euer Bruder Atorian so neugierig war und so lange Zeit nach den verschollenen Chroniken und der Karte gesucht hat.«
»Wo hat er denn die Überreste der Karte gefunden?«, wollte Darian wissen.
Readonn hob die Schultern. »Es war nur ein Zufall. Der zerfledderte Überrest der Karte wurde auf einem Markt im Süden verkauft. Atorian war zufällig dort und erwarb sie.« Lächelnd erinnerte sich Readonn. »Er war ganz aufgeregt, weil die Karte uralt war, und er brachte sie sofort zu mir. Ich war mir nicht ganz sicher, und Samukal hat sogleich behauptet, die Karte wäre eine Fälschung.« Nun schüttelte Readonn gramvoll den Kopf. »Heute weiß ich, warum er das sagte. Er wollte die Karte für sich.«
Als er
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