Das magische Portal - Weltennebel
des Erben von Northcliff.
Bevor Darian noch etwas fragen konnte, wurde es still. Selbst der Wind schien zu schweigen, schien einem neuen Geräusch Raum zu bereiten, das nun allmählich hörbar wurde. Etwas peitschte mit gewaltiger Kraft durch die Lüfte, und obwohl Darian es noch nie vernommen hatte, wusste er, dass dieses Geräusch nur von mächtigen Schwingen stammen konnte. Ihm stockte der Atem, als sich im Licht der Sterne vier kolossale Wesen näherten, die in kunstvollen Formationen über den Steinkreis flogen. Schließlich ließen sich die Drachen jeweils auf dem nördlichsten, südlichsten, östlichsten und westlichsten Monolithen nieder. Mit einem peitschenden Geräusch legten sie ihre bunt schillernden Flügel an den Körper, und Darian spürte, wie sie ihn mit einem Blick aus ihren geschlitzten Augen erfassten. Ein Schauer – ihm war nicht wirklich klar, ob es Angst oder schlichte Ehrfurcht war – lief seine Wirbelsäule hinab, und er hatte das Gefühl, dass ihm die Drachen bis in die tiefsten Tiefen seiner Seele blickten.
Nun erhob Readonn die Stimme, und sie hallte weit über das Land.
»Turmalan, Herr der westlichen Winde, Bezwinger der Stürme, erkennst du Darian Jarredh Isarius Welgarton von Northcliff als den rechtmäßigen König an?«
Der große blaue Drache, der einen Kranz aus spitzen Hörnern um seinen Kopf trug, durchbohrte Darian erneut mit Blicken aus seinen geschlitzten Augen. Schließlich verneigte er sich und stieß ein ohrenbetäubendes Gebrüll aus, bei dem armlange, nadelspitze Zähne sichtbar wurden.
»Smaragonn«, wandte sich Readonn an einen etwas kleineren und filigranen Drachen, dessen Schuppen in unterschiedlichsten Grüntönen schimmerten, »Herr des Ostens, der über das Reich der Zwerge wacht, erkennst du Darian Jarredh Isarius Welgarton von Northcliff als den rechtmäßigen König an?«
Auch dieser Drache musterte Darian durchdringend, und sofern das bei solch einem Wesen überhaupt möglich war, wirkte er in Darians Augen etwas freundlicher. Smaragonn schlug kurz mit seinen grün und golden leuchtenden Flügeln, bevor er ein zustimmendes Gebrüll ertönen ließ.
»Aventura, Herrin des Südens, Trägerin der Drachenmagie. Erhält dieser junge Mann auch deinen Segen?«
Das rote Drachenweibchen, das eine Vielzahl an dunkelrot schimmernden Zacken auf dem Rücken und dem Schwanz trug, verneigte sich anmutig, dann hallte ihr Gebrüll weit über das Meer.
»Apophyllion, Herr des Nordens, Gebieter über die Drachen«, rief Readonn ehrfürchtig und verbeugte sich vor einem silber-weißen Drachen, der die anderen bei weitem überragte, »erkennst du Darian von Northcliff als Herrscher der Menschen an und gibst ihm den Segen deines Volkes?«
Der gewaltige Drache betrachtete Darian sehr viel länger als die anderen, und diesem wurde unwohl zumute. Apophyllion hatte eine Aura, die selbst einem jungen Menschen aus einer anderen Welt instinktiv klarmachte, dass sein Leben oder Tod allein von diesemWesen abhing. Eine EntscheidungApophyllions war sicher auch für die Hüter der Steine oder die beiden Zauberer unumstößlich, und wenn der Drache entschied, den neuen König von Northcliff in ein Häufchen Asche zu verwandeln, würde ihn ganz sicher niemand davon abhalten, egal was Readonn zuvor gesagt hatte.
Quälende Sekunden vergingen, in denen uralte Augen sich in Darians bohrten und er nicht zu atmen wagte. Schließlich senkte auch dieser Drache den Kopf, und sein Brüllen ertönte lauter und kräftiger als das aller anderen Drachen vor ihm. Dies war ein Augenblick, den Darian niemals vergessen würde, auch wenn er tatsächlich fünfhundert Jahre alt wurde. Diese Zeremonie war ergreifend, berührte etwas tief in seinem Inneren, und auf eine unerklärliche Weise fühlte er sich plötzlich mit all jenen Männern verbunden, die Jahrhunderte vor ihm genau an diesem Ort gestanden und dasselbe erlebt hatten. Atorian, Jarredh, Isarius und all die anderen – er hatte sie niemals gesehen, und doch war es, als würden ihn ihre Erinnerungen streifen, eingefangen von der Kraft der Steine, und eine schwache Ahnung dessen, für was sie gekämpft, was sie geliebt und verloren hatten, durchströmte ihn innerhalb weniger Sekunden, die ihm wie ein ganzes Leben erschienen.
»Halte das Schwert über deinen Kopf«, rief Readonn Darian zu, der wie versteinert dastand.
Darian reagierte gerade noch rechtzeitig, und obwohl ihn Readonn am Morgen vorgewarnt hatte, konnte er einen erschrockenen Schrei
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