Das magische Portal - Weltennebel
konnten, als Warnung an Bäumen aufgeknüpft oder ins Gefängnis geworfen. Auf den Märkten und in den Tavernen flüsterte man sich zu, dass König Darian diese Überfallkommandos meist selbst anführte.
Darian bekam von alledem nichts mit. Er ritt nicht mehr in die Stadt oder durch das Land, er hatte sich in seine eigene Welt zurückgezogen.
Eines Tages, als ein neuer Frühling angebrochen war, näherte sich eine große Abordnung von schwer bewaffneten, zum größten Teil finster dreinschauenden Kriegern der Festung. Die Wachen traten dem Anführer, einem hochgewachsenen Mann, der ein Kettenhemd und Beinschienen trug, entgegen.
»Ich bin König Rocal von Adalonn«, verkündete er mit kräftiger, befehlsgewohnter Stimme. »Ich wünsche, König Darian zu sprechen.«
»Habt Ihr schriftlich um eine Audienz gebeten?«, verkündete der Wachmann steif.
König Rocal lachte nur und zog sich seinen Helm vom Kopf. Kurzgeschorene, braune Haare kamen darunter zum Vorschein, und seine kantigen, strengen, jedoch nicht unattraktiven Züge ließen ihn sehr selbstsicher wirken.
»Es wird ihn interessieren, was ich zu sagen habe.«
Der Wachmann verkündete, er würde nachfragen, und die fünfundzwanzig Krieger stiegen von ihren Pferden.
Nach kurzer Zeit wurde König Rocal hereingebeten, doch nicht König Darian war es, der ihn empfing, sondern Fehenius, sein Regent.
»Mein Name ist Lord Fehenius, König Darians Regent«, stellte er sich vor und musterte den Mann, von dem man im ganzen Land Gerüchte hörte, mit unverhohlener Neugier. »Leider hatten wir ja noch nicht persönlich das Vergnügen.«
Betont lässig ließ sich König Rocal auf einen der gepolsterten Stühle sinken. Zwei seiner Leibwächter standen mit starrer, aber wachsamer Miene hinter ihm, gekleidet in graue Umhänge und braune Hosen. Ihre Kettenhemden waren gut gearbeitet, wenn auch nicht so präzise, wie die Arbeiten der Zwerge, deren Ware man hier im Norden häufig zu kaufen bekam.
»Ich habe dem König ein Angebot zu machen und möchte ihn gerne sehen.«
»König Darian ist gerade … beschäftigt«, sagte Fehenius mit falschem Lachen.
Rocals Hand knallte auf den Tisch, und Fehenius zuckte zusammen. »Dann holt ihn her!«
Mit säuerlicher Miene straffte Fehenius die Schultern. »Ihr könnt gewiss sein, dass ich in seinem Namen spreche.«
Rocals Augen glitzerten gefährlich, als er sich vorbeugte. »Ich pflege meine Anordnungen nur einmal zu wiederholen, denn ein zweites Mal überlebt es der Bote meist nicht.«
Solch eine Behandlung war Fehenius schon lange nicht mehr gewöhnt. Er erhob sich mit beleidigtem Gesichtsausdruck. »Wie Ihr wünscht, aber Ihr werdet sehen …« Mit raschem Schritt verließ der Regent den Raum.
Nach kurzer Zeit kehrte Fehenius in Begleitung von Darian zurück. An König Rocals Gesichtsausdruck erkannte der Regent, dass dieser ganz sicher nicht solch einen Anblick erwartet hatte. Darians dunkelblonde Haare standen ihm wirr vom Kopf ab, ein zotteliger Vollbart verdeckte beinahe sein ganzes Gesicht und ließ ihn älter erscheinen, als er war. Das schmuddelige Hemd hing ihm zum Teil aus der Hose, und er sah aus, als sei er gerade aus dem Bett gefallen, obwohl die Mittagszeit bereits vorüber war. In einer Taverne in Culmara hätte man ihn für einen gewöhnlichen, heruntergekommenen Trunkenbold gehalten.
»König Darian von Northcliff«, stellte Fehenius mit spöttischem Grinsen vor. »Dies ist König Rocal von Adalonn.«
Darian nickte dem anderen Mann desinteressiert zu, schlenderte zu der großen gläsernen Vitrine und holte eine Karaffe mit Schnaps heraus. Zuerst nahm er selbst einen Schluck und bot dann Rocal davon an.
Der musterte Darian abschätzend. Nach einer Weile räusperte sich Rocal und begann darüber zu sprechen, dass er aus dem Süden des Landes kam und sich dort in einem der alten, verlassenen Schlösser seine Residenz aufgebaut hatte.
»Lange Zeit habe ich jenseits des Kratersees gelebt«, erzählte er, »aber das Leben dort ist hart. Nur Trolle, wilde Tiere, Dunkelelfen, keine Menschen, deshalb kam ich weiter nach Norden.«
»Ha, ein Engländer!«, lachte Darian auf und erntete einige verwirrte Blicke.
Rocal änderte seine Taktik und verzichtete nun auf das übliche belanglose Geplänkel, das Adlige sonst so gern auszutauschen pflegten.
»Ich beabsichtige, gegen die Zwerge in den Krieg zu ziehen«, platzte er heraus.
Fehenius verschluckte sich an seinem Wein, und auch Darian sah den fremden Mann nur
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