Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das magische Schwert

Titel: Das magische Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
Vom Netzwerk:
sprang er nicht zurück. Er bewegte seine unsichtbare Hand. Sie schien normal zu funktionieren. Sie war nur einfach nicht da. Und sehr seltsam, es war auch warm.
    Tomik atmete aus. Sein Atem stieg als Wölkchen auf. Unter seinen Füßen lag noch matschiger Schnee. Ihm war eindeutig kalt. Aber seine unsichtbare Hand war das nicht. Sommer , dachte er. Es fühlt sich an, als ob da, wo auch immer meine Hand ist, Sommer wäre.
    Tomik holte tief Luft, schloss die Augen und machte ein paar Schritte nach vorn.
    Er spürte, wie ihm die Sonne auf die Haut knallte. Er hörte ein Brüllen und Zischen.
    Er machte die Augen auf.
    Tomik befand sich auf einem Strand.
    Mit wegen der grellen Sonne zusammengekniffenen Augen bückte er sich und nahm eine Handvoll Sand. Er war weiß und glitzerte. Er war vollkommen. Er war genau der richtige Sand, um daraus die klarsten Gläser zu machen. Das war ein Sand, den man in Böhmen unmöglich finden konnte.
    Verträumt ließ er den Sand in seine Tasche rieseln. Er ging zum Wasser und tauchte seine Finger ein, als eine schaumige Welle vorgestürmt kam und ihm die Schuhe durchweichte. Er leckte an seinen Fingern. Salz.
    Tomik überprüfte den Glühstein. Er glitzerte in der Sonne,
aber das blaue Licht war weg. Er steckte ihn wieder in die Tasche und beschloss, sich selbst etwas einzugestehen.
    Er war vollkommen und hoffnungslos durcheinander.
    So tat er das, was die meisten Leute in seiner Situation machen würden. Er zog die Schuhe aus, band die Schnürsenkel zusammen, hängte sie sich über die Schulter und watete ins Meer. Kein Land unterbrach den Horizont, doch nicht weit entfernt lag ein Schiff vor Anker. Immer noch fasziniert von der guten Qualität des Sands, beugte sich Tomik nieder, um eine Handvoll nassen Kies zu greifen.
    Tomik war von dem, was er in der Hand hielt, und den seltsamen Erfahrungen dieses Tages so in Beschlag genommen, dass er für ein weiteres unerwartetes Ereignis vollkommen unvorbereitet war. Er hatte das kleine leere Boot noch nicht entdeckt, das jemand aus dem Wasser gezogen und auf dem trockenen Strand zurückgelassen hatte. Er hatte das leichte Platschen von Füßen nicht gehört. Tatsächlich hatte Tomik gar nichts bemerkt, bis er plötzlich etwas Scharfes und Kaltes an seinem Hals spürte: ein Messer.
    »Alsdann, Bursche«, sagte ein Mann lachend neben seinem Ohr. Er sprach Tschechisch, aber mit einem schweren Akzent. »Wenn ich du wäre, würde ich mich nicht zu weit hinauswagen. Die See hier hat eine tückische Strömung und die trägt dich direkt raus ins tiefe Wasser. Besser, du gehst zurück und bleibst ein bisschen bei uns.«
    »Ja«, fügte eine jüngere Stimme hinzu. »Und zeigst uns, was du in den Taschen hast.«
    Eine derbe Hand packte Tomik und drehte ihn herum. Der Mann und der Junge vor ihm hatten eine dunkle Haut, bestäubt mit getrocknetem Salzwasser. Tomik schnappte nach Luft. »Seezigeuner!«

    »Hat dir nie jemand beigebracht, dass du die Leute nicht beschimpfen sollst?« Der Mann drückte das Messer fester gegen Tomiks Kehle. »Selbst wenn die Namen stimmen?«
    »Ganz besonders wenn sie stimmen.« Der Junge funkelte ihn wütend an.
    »Schon mal probiert, im Sand zu rennen, mein weißer Knabe?«, fragte der langhaarige Mann. »Ich würd mal sagen, hast du nicht. Dann lass mich dir den Ärger ersparen, herauszufinden, wie es ist. Es ist mühsam und geht langsam. Und wo wolltest du auch hin?«
    »Und wo bist du gewesen?«, wollte der Junge wissen. »Das ist unser Strand.Wie bist du hergekommen?«
    »Ich hab eine Freundin gesucht …«, antwortete Tomik stockend. »Ich weiß nicht, wie ich hergekommen bin. Ich war im Wald und …«
    Die Zigeuner wechselten einen Blick.
    »… und bin dann plötzlich hier gewesen. Ich weiß, das klingt un…«
    »Wie ein Haufen schlechter Lügen? Du hast Glück« - der Mann seufzte, als hätte er eine weitere Sorge zu allen anderen aufgebürdet bekommen -, »ich glaube dir, was du sagst.«
    Der Junge klopfte Tomik nach einem Geldbeutel oder Waffen ab.Tomik zuckte vor Widerwillen zurück.
    »Er hat da einen Edelstein, Treb!« Der Junge hatte den Glühstein aus Tomiks Tasche gezogen.
    Treb blickte auf den Stein. »Da bin ich mir nicht so sicher, kleiner Cousin. Für mich sieht das wie Glas aus«, sagte er abfällig.
    »Ist es auch.« Tomik bog sich von dem Messer weg und versuchte, den Glühstein zu schnappen. Der Junge zog ihn
schnell außer Reichweite. »Das ist nur Glas mit etwas Blei drin. Gib ihn zurück.«
    Der

Weitere Kostenlose Bücher