Das magische Schwert
was er tat oder wo er war.«
»Wie ungewöhnlich für einen Gadsche.« Treb grinste höhnisch. »Aber was ist, wenn der, der das Schlupfloch erweitert hat, den Globus in den Händen hält? Dieser Küstenabschnitt ist kaum allgemein bekannt.«
Der Junge zuckte mit den Schultern. »Kann aber auch nicht das tiefste und dunkelste Geheimnis der Welt sein. Unsere Leute haben ihn durch Zufall gefunden. So sicher, wie die Sonne aufgeht, hat jemand den Globus. Ob dieser Jemand der Kerl ist, der das Schlupfloch aufgerissen hat, oder der Kaiser in seinen Seidenpantoffeln oder dein Lieblingssittich, schert mich nicht.«
»Ich hab keinen Sittich, Cousin.«
»Verdammt richtig. Blöde Vögel. Aber du verstehst, was ich meine?«
Treb stieß eine Rauchwolke aus. »Ich hoffe nur, dass nicht der Kaiser seine alten vertrockneten Finger auf dem Globus hat. Das würde unsere Arbeit sehr viel schwerer machen.«
»Wir kriegen bald genug heraus, wer unser Spielzeug hat. Deshalb bin ich doch hier, oder?«
»Ganz genau«, sagte Treb. Er wuschelte dem Jungen durch das Haar und wurde dafür mit einer Grimasse bedacht. »Und darüber bin ich froh.«
Trebs Cousin blickte zu der Flagge hoch, die im Wind schlug, und seufzte.
»Liegt dir was auf der Seele?«, fragte Treb. »Immer noch sauer, weil wir nicht bei deiner Freundin vorbeischauen konnten? Es ist mir egal, wie nahe sie bei dem Schlupfloch
wohnt. Unsere Aufgabe ist geheim. Das hast du gewusst, als du an Bord gekommen bist. Überhaupt wäre sie wahrscheinlich schreiend davongelaufen beim Anblick einer wilden Mannschaft von salzigen Zigeunern.«
»Sie nicht.«
»Also ist es das, was dir die Seile verheddert hat?«
»Nicht ganz.« Der Junge blickte nach Steuerbord, wo Andras ermutigend lächelte, als der Gadsche einen perfekten Laufknoten hinbekam. »Ich will ganz offen mit dir sein, Treb. Mir gefällt die Idee nicht, den böhmischen Jungen auf einem Sklavenmarkt zu verkaufen.«
»Warum in aller Welt sollten wir das nicht tun?«
»Also, wir haben ihn doch mit an Bord genommen, um das Schlupfloch geheim zu halten. Wir haben nicht gewollt, dass er damit bei den böhmischen Hinterwäldlern herausplatzt. Wollen wir ihn also wirklich an einen neuen Herrn in Sallay verkaufen?«
»Ich glaube kaum, dass er seinem neuen Herrn irgendetwas erzählt. Ich denke nicht, dass er Arabisch kann.«
»Er scheint aber schnell von Begriff zu sein. Wird nicht lange brauchen, das zu lernen.«
»Wen kümmert es, ob er das tut? Wenn unser blauäugiger Engel endlich weiß, wie man ›ja, mein Herr‹ sagt, haben wir schon den Globus und wissen, wo sich alle Schlupflöcher in der Welt befinden und wie man durchkommt. Dann hab ich nichts dagegen, wenn irgendein feiner Herr aus Sallay weiß, wie er einen versteckten Strand finden kann. Und wir bekommen einen netten Beutel voll Gold, wenn wir den Jungen verkaufen.« Treb sah seinen Cousin schräg an. »Das weißt du alles. Und du bist viel zu schlau, um dir darüber Sorgen zu machen.« Er nahm die Pfeife aus dem Mund und stocherte
damit in die Richtung des Jungen. »Versuch nicht, mich zum Narren zu halten, Cousin. Ich durchschaue etwas Vorgespieltes genauso deutlich, wie ich eine Möwe am Horizont erspähen kann. Irgendetwas anderes nagt an dir. Raus damit.«
»Es ist nur … Treb, es ist nicht richtig. Unsere Leute waren einmal Sklaven. Vor langer Zeit in der Wüste. Wäre das nicht eine Unverschämtheit von uns, jemand anderen auf einem Versteigerungspodest zu verkaufen?«
Treb blieb die Luft weg und er hustete Rauch aus. »Ach Jungchen.« Er klopfte sich auf die Brust. »Und ich hab gedacht, du wärst fast schon ein Mann, kein großäugiges Baby, das sich an die Rockzipfel seiner Mama klammert. Du hast Mitleid mit deinem kostbaren Gadsche? Und was, glaubst du, würde er an unserer Stelle tun? Was glaubst du denn, was ganz Böhmen unseren Leuten antut?« Trebs Verwunderung war in Wut umgeschlagen. »Wie viele Roma sind schon in die Kerkerzellen der Salamanderburg gesperrt worden? Wo bleibt Böhmens Mitleid mit uns? Du hast Glück gehabt, dass dein Clan Prag vor einem Monat verlassen hat. Du solltest nicht über das Schicksal eines Gadsche jammern. Du solltest froh sein, dass deine Familie in Sicherheit ist.«
»Meine Schwester nicht«, murmelte der Junge.
»Ihr haben wir die Informationen zu verdanken, die wir haben. Wer sonst hätte einen Einblick in die Geschäfte der Salamanderburg? Sie ist in einer riskanten Situation, das ist klar. Aber sie trägt
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