Das magische Schwert
ihren Teil bei. Und keine Sorge. Niemand, der sie ansieht, würde vermuten, dass sie eine Roma ist. Sadies schöne blasse Haut ist ihre Sicherheit.«
Der Junge warf einen bösen Blick auf seinen Kapitän.
»Das war nett gemeint, Cousin. Sadie ist genauso von meinem Blut wie du. Sogar noch mehr.«
Der Junge knurrte: »Ich bin also nur dein Cousin, wenn du mich brauchst, stimmt’s? Und wenn du etwas suchst, das du mir ins Gesicht schmeißen kannst: Ich bin nur ein Findlingsbalg, den deine Tante aufgenommen hat. Ich will nicht beides zugleich sein. Deshalb entscheidest du besser, als was du mich sehen willst, Cousin.« Er wollte gehen.
Treb erwischte ihn noch an der Schulter. »Ich hab das nicht so gemeint. Aber Neel, Neel, beunruhige dich nicht wegen einem Gadsche, als wärst du sein Kindermädchen! Ich kann nicht klar denken, wenn du so dummes Zeug redest. Du bringst mich dazu, Dinge zu sagen, die ich dann bedauere. Du hast ein gutes Herz, aber hier ist das nicht angebracht. Denk dran: Hier sind wir und da sind die anderen. Es ist eine hässliche Tatsache, aber sie stimmt und ist so alt wie die Geschichte.Wenn du diese Lektion noch nicht gelernt hast, dann lernst du sie besser jetzt.«
Neel stand auf der Plattform auf halber Höhe des Hauptmasts und arbeitete am Toppsegel. Neben ihm lockerte Tas die Seile und zog, half, das Segel in die richtige Position zu bringen, um den Wind einzufangen.
Es war ein schöner Tag. Der Wind war kräftig, und die salzige Luft schmeckte so frisch, dass Neel Lust hatte, sie zu essen. Deutlich zeichneten sich die Muskeln an seinen Armen ab, wenn er an den Seilen arbeitete.
Voller Unbehagen dachte er an das Gespräch mit Treb zurück. Ihm war klar, dass er das eigentlich vergessen sollte. Wenn Treb sich hatte hinreißen lassen und zu verstehen gegeben hatte, dass er dachte, seine verrückte Tante hätte einen Fehler gemacht, eine halbe Gadsche zur Tochter zu haben und einen nicht akzeptierten Sohn von irgendjemandem zu adoptieren, so war Neel daran gewöhnt. Aber was ihn wirklich
fuchste und was ihn die Taue hart anpacken ließ, war Trebs Unterstellung, dass er, Neel, nicht treu zu seinen Leuten stünde.
Daher war Neel nicht in der Stimmung, darauf einzugehen, als Andras ihn um einen Gefallen bat.
Andras stand unten auf dem Deck und sein kahler Kopf und die mächtigen Schultern glänzten in der Sonne. »Neel!«, brüllte er zum Mast hoch.
»Ja?«, schrie Neel zurück.
»Ich möchte, dass du was für mich tust.«
»Was?«
»Die Arbeit mit mir tauschen.«
»Hä? Du hast doch gar keinen Dienst.«
»Also … ich hab den Böhmen überwacht.«
»Und das möchtest du mit mir tauschen? Nichts da, Andras.« Neel lachte. »Ich arbeite lieber am Bramsegel. Lieber bin ich oben im Krähennest. Lieber gehe ich in den Bunker, solange der Gadsche nicht mit mir drinsitzt.«
»Komm schon, Neel. Der ist gar nicht so übel.«
Neel johlte auf.
»Im Ernst.« Andras breitete die Arme aus. »Ich hab nichts dagegen, meine Zeit mit ihm zu verbringen, aber er will echt viel wissen, und mein Tschechisch ist nicht gut genug, um auch nur einen kleinen Teil von dem zu verstehen, was er sagt. Den armen Kerl hat’s von zu Hause weg verschlagen. Das Mindeste, was du tun solltest, ist runterzukommen und ihm erklären, was los ist.«
»Nein. Ich nicht.«
Andras funkelte ihn wütend an. Seine Falten waren so tief eingekerbt, dass sie wie Narben aussahen. »Dann befehle ich es dir.«
»Du weißt ja, wohin du dir das stecken kannst.«
»Ich stehe im Rang über dir.«
»Und ich bin schlauer als du.«
Andras stemmte die Fäuste in die Hüften. »Bring mich nicht dazu, nach oben zu kommen und dich zurechtzustauchen.«
»Also, Blauäuglein hat Fragen, stimmt’s? Das sieht ganz so aus. ABER MIR IST DAS SCHEISSEGAL. Such dir jemand anders, der ihm das Händchen hält. Ich kapier nicht, warum du mich damit nervst.«
»Du sprichst besser Tschechisch als jeder sonst hier auf dem Schiff.«
Neel zuckte mit den Schultern und holte ein Tau ein. Treb sprach genauso gut Tschechisch wie er. Andras versuchte doch nur, ihm zu schmeicheln. Gut, aber das würde nicht hinhauen.
»Und«, sagte Andras mit einem boshaften Unterton, »wir alle wissen, wie wild du auf die Böhmen bist. Schließlich haben alle schon von deinem Mädchen gehört …«
»Freundin! Sie ist eine Freundin!«, schrie Neel.
»Ouhhh-ouhhh«, heulte Tas.
Selbst die Seeleute auf dem anderen Mast wurden jetzt aufmerksam.
»Ach, verdammt!« Neel
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