Das magische Schwert
ließ das Tau in seiner Hand los.
Tas kämpfte mit seinem Tau, als das Segel zu schlagen begann. Er fluchte.
»Neel!« Treb kam mit großen Schritten über das Deck. »Was im Namen der vier Stämme machst du mit meinem Toppsegel?«
»Neel ist abgelenkt«, erklärte Andras laut. »Er denkt ständig an …«
»Nichts!« Neel befestigte das Seil wieder. »Andras, tauschst du mit mir?«
Schweigen.
»Bitte«, bettelte Neel.
Andras kam die Jakobsleiter hoch. Als er die Plattform erreicht hatte, übernahm er mit einem Kichern das Seil von Neel.
»Für jemanden, der so alt ist wie du, ist dein Sinn fürs Sticheln ja noch ziemlich rüstig«, sagte Neel säuerlich.
Dann stürmte er die Leiter hinunter, ehe Andras ihn wieder auslachen konnte.
»Oh.« Das Gesicht des blonden Jungen verhärtete sich. »Du.«
Mit Genugtuung bemerkte Neel, dass der Böhme bereits Sonnenbrand im Gesicht hatte. »Das ist recht so, Rosi. Du bist so rot wie die verdammte Morgendämmerung. Bloß viel weniger schön.«
»Mit dir rede ich nicht. Schickt jemand anderen.«
»Stellt unser Gefangener Forderungen? Du nimmst, wen du kriegst, und dafür kannst du noch dankbar sein.«
Kurzes Schweigen. »Ich möchte ein paar Fragen stellen.«
»Dann fang an.«
»Gestern habt ihr gesagt, das Schiff segelt nach Marokko.«
»Hm.«
»Wo ihr mich verkaufen wollt.«
»Ja.«
»Wenn ich ein Gefangener bin, warum hat mich dann jemand aus meinem Käfig rausgelassen?«
»Du meinst den Bunker? Das war Andras’ Idee. Er hat Treb dazu überredet. Hat gesagt, an Deck könntest du tagsüber keinen Schaden anrichten, wenn dich die ganze Mannschaft im
Auge behält. Außerdem wollen wir nicht, dass du bei der Versteigerung käsig und kränklich aussiehst«, fuhr Neel fort und ignorierte den geschockten Blick des Jungen. »Das drückt den Preis. Aber bei Einbruch der Dunkelheit schließen wir dich jedes Mal hübsch ordentlich wieder ein.«
Der Böhme schloss die Augen. »Wann kommen wir nach Sallay?«
»In ein paar Tagen. Hängt vom Wind ab.«
Der Junge riss seine strahlend blauen Augen auf. »Wie kann das sein? Gestern waren wir noch in Böhmen. Kein Schiff kann in wenigen Tagen von Böhmen nach Marokko segeln.« Er stockte kurz, dann rief er: »Natürlich kann überhaupt kein Schiff von Böhmen nach Marokko segeln, wir haben ja keine Küste!«
»Na ja, das schaffst du, wenn du durch ein Schlupfloch gehst.«
»Schlupfloch?«
Neel betrachtete ihn genauer. »Du hast wirklich keine Ahnung, wie es dich auf den Strand verschlagen hat, oder?«
»Eine Freundin von mir ist verschwunden, hat Probleme.«
»Sieht so aus, als wär sie nicht die Einzige.«
»Ich hab versucht, sie im Wald zu suchen, aber alles, was ich gefunden hab, waren vier kopflose Monster.«
»Monster? Erzählst du Märchen?«
»Warum soll ich lügen? Ich meine, abgesehen von der Tatsache, dass ihr Entführer seid, die mein Leben zerstört haben und absolut nicht die Wahrheit verdienen.«
»Huch, Monster.«
»Grau, mit Schuppen und Krallen.«
Neel legte das innerlich zur Seite, um es Treb zu erzählen. Langsam antwortete er: »Schau mal, ich weiß nichts über deine Biesterchen. Aber ein Schlupfloch ist wie … eine Abkürzung.
Eine Möglichkeit, von einer Stelle zur anderen zu springen. In einem Augenblick bist du in einem böhmischen Wald, im nächsten vor der nördlichen Küste von Portugal, nicht weit von Nordafrika, auf einem schnellen Schiff wie der Pacolet. Schlupflöcher gibt es auf der ganzen Welt, aber sie sind schwer zu finden. Durch eines zu gehen, ist wie blind einen Faden in eine Nadel einzufädeln. Du kannst es um ein Haar verpassen. Meine Leute sind schon vor ewigen Zeiten durch Zufall auf dieses Schlupfloch gestoßen. Wir sind von der wandernden Zunft, also haben wir noch eine Reihe Schlupflöcher wie das hier gefunden. Aber es ist selten, dass ein Kerl einfach so durch ein Schlupfloch stolpert, wie du es getan hast. Schätze, du hast Glück gehabt.« Neel feixte.
Ein kleines Mädchen mit schwarzen Haaren kam über das Deck angerannt, flitzte zwischen ihnen durch und lachend weiter bis zum Bug, wo es umdrehte, um bis zum anderen Ende des Schiffs zu sprinten. Dann war es vorbeigehuscht.
Neels Gesicht verfinsterte sich plötzlich. »Sind wir mit dem Frage-und-Antwort-Spiel fertig? Ich hab noch Arbeit.«
»Nur eine Sache …« Der Gadsche blickte hinter dem Mädchen her. »Warum sind Kinder auf dem Schiff? Sogar Babys? Dieses Mädchen ist doch nicht älter als drei
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