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Das magische Schwert

Titel: Das magische Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Rutkoski
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fühle mich hier keineswegs wohler als du, aber wenn wir in dem Schlafzimmer eingesperrt bleiben, kommen wir nirgendwohin.
    Petra durchquerte langsam den Raum und setzte sich auf einen der Stühle.
    Einige Minuten lang war nichts zu hören außer dem Kratzen
von Dees Stift auf dem Papier. Schließlich legte er ihn hin. »Trink den Wein.«
    Sie zögerte.
    »Meine Liebe, würde ich mir die Mühe machen und dir das Leben retten, nur um dich später unter Drogen zu setzen oder zu vergiften? Du bist immer noch von deiner Krankheit geschwächt. Der Wein wird dir guttun.«
    Petra trank von der dicklichen Flüssigkeit. Sie glitt nach unten und wärmte ihre Kehle. Der Wein schmeckte gut, und Petra war erstaunt, dass das Pochen in ihren Narben nachließ. Sie trank wieder. Der Wein schmeckte wie Honig.
    Dee wandte sich ab, trat hinter seinen Schreibtisch und blickte aus dem leicht vereisten Fenster. »Also, Petra«, fing er an, und sein Atem ließ das Fenster beschlagen, als hätten seine Worte ein Eigenleben. »Was machen wir jetzt mit dir?«
    Petra kam das wie eine Fangfrage vor.
    »Ich habe versucht, ein Schaubild deines Charakters zu zeichnen.« Er klaubte das Papier vom Tisch. »Es ist gewiss nicht vollständig, doch ich halte meine Zeichnung für zutreffend. Willst du sie sehen?«
    Petra schob den Wein weg und schüttelte den Kopf.
    Er kam näher und legte das Blatt vor sie hin. Was sie sah, veranlasste sie, das Weinglas umzustoßen und aufzuspringen. »Ihr seid ein Dieb!«
    »Ich habe gedacht, du magst Diebe. Besonders einen Romajungen. Und bist du nicht selbst zur Diebin geworden, als du in Prinz Rodolfos Kabinett der Wunder eingebrochen bist?«
    »Gebt es zurück!«
    Auf dem Papier befand sich, schwimmend in goldenem Wein, die Zeichnung eines Schwerts, das einem Stoßdegen ähnlich war.

    »Dein Vater«, sagte Dee, »ist ein Mann von außergewöhnlichen Fähigkeiten.«
    »Wagt es nicht …«
    Petra , unterbrach Astrophil. Mein Englisch ist blamabel eingerostet, sodass ich vielleicht etwas falsch verstanden habe. Ich weiß, Grammatik ist nicht dein Lieblingsthema, aber würdest du mir bitte sagen, ob John Dee gerade die Zeitform gewählt hat, von der ich glaube, dass er sie gewählt hat? Die Gegenwart?
    »›Ist‹?«, flüsterte Petra kaum wahrnehmbar.
    Dee nickte.
    »Ihr seid sicher, dass mein Vater am Leben ist?«
    Er nickte wieder.
    Petra ließ sich zurück auf den Stuhl sacken. Dee setzte sich ihr gegenüber.
    »Bemühe dich erst gar nicht, weitere Informationen zu erfragen«, sagte er. »Ich gebe sie dir nicht. Noch nicht.«
    »Und warum bin ich dann hier?«, fragte Petra benommen. »Damit Ihr mit meinem Kopf spielen könnt? Warum lasst Ihr mich dann nicht einfach wahrsagen und bringt mein Gehirn für immer durcheinander?«
    »Ich habe keinerlei Absicht, Derartiges zu tun«, fauchte er. Er schwieg einen Moment und schien seine Gedanken zu ordnen. »Petra, du bist erstaunlich, nicht nur wegen der Fähigkeiten, von denen ich glaube, dass du sie besitzt, sondern auch weil du in Bezug darauf so blind bist.Wenn ich dich mit dem Schwert deines Vaters vergleiche, dann deshalb, weil du in gleicherWeise außergewöhnlich bist. Ich gebiete über viele Männer und Frauen …«
    »Spione.«
    »… und ich bezweifele, dass ich eine Person benennen könnte, die in der Lage wäre, das durchzuführen, was du diesen
Herbst gemacht hast. Doch ich gestehe dir zu, dass sie mit sehr viel weniger Getöse gescheitert wären, als du mit deinem Erfolg erzeugt hast. Ich habe dich gebeten, mich heute zu treffen, weil ich etwas mit dir aushandeln will.«
    Sie wartete.
    »Ich würde gerne meine Wissbegier, was dich betrifft, befriedigen«, fuhr er fort, »und um Antworten zu erlangen, brauche ich deine Hilfe. Das macht ein Ritual erforderlich, das sehr gefährlich sein wird. Das muss ich dir schon sagen. Aber es wird dir nichts passieren, wenn du versprichst, meine Anweisungen zu befolgen. Wenn du das nicht willst, bringst du unser beider Leben in Gefahr. Und für deinen Gehorsam tausche ich das hier ein.« Er tippte auf die weindurchtränkte Zeichnung.
    »Das Schwert gehört mir schon.«
    Er lächelte. »Wer’s findet, dem gehört’s.«
    Petra blickte auf die Zeichnung. Die goldene Flüssigkeit hatte die Umrisse des Schwerts verwischt. »Ich will mein Schwert in genau dem Zustand wiederhaben, in dem es war, als ich hergekommen bin. Ich werde es merken, wenn es beschädigt ist.«
    »Natürlich.«
    »Und es wird meines sein. Ich kann es

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