Das magische Schwert
gekommen.«
»Dad möchte mit dir in seiner Bibliothek sprechen«, berichtete Madinia. »Du hast so ein Glück! Uns lässt er nie dort rein.«
Nachdenklich sah Petra die beiden Schwestern an. Dann sagte sie: »Ihr braucht euch keine Gedanken darüber zu machen, ob ich euer Geheimnis für mich behalte, wenn ihr mich nach Hause bringt.«
»Das können wir nicht machen«, sagte Margaret.
»Unser Dad würde uns bestrafen!«, protestierte Madinia. »Wir dürften dann für den Rest unseres Lebens das Haus nicht mehr verlassen und der Winterball steht kurz vor der Tür!« Sie blickte Petra finster an. »Ich finde es ganz schön egoistisch von dir, uns das überhaupt vorzuschlagen.«
»Petra«, sagte Margaret, »wir bringen dich nicht nach Böhmen zurück.Wir wissen, dass du da nicht sicher bist.«
»Ja«, stimmte Madinia ihr zu. »Auch das! Wir haben dir das Leben gerettet, weißt du noch? Ich finde, du schuldest uns zumindest ein bisschen Diskretion.«
Petra überlegte. »Ich werde euer Geheimnis bewahren«, versprach sie.Wenn sie irgendetwas aus den vergangenen Begegnungen mit Dee gelernt hatte, dann dies, dass eine geheime Information eine mächtige Waffe sein konnte.
Bei diesem Gedanken fuhr sie mit der Hand über ihre linke Hüfte.
Da war nichts mehr. Das Schwert war weg.
Voller Panik machte sich Petra klar, dass sie von Gift, Blutegeln und Astrophils Hunger zu sehr abgelenkt gewesen war, um zu bemerken, dass das Schwert fehlte.War es im Wald verloren gegangen? Hatte Dee es genommen?
»Ihr habt gesagt, Dee will mich sehen«, drängte Petra.
»Und zwar ziemlich plötzlich«, antwortete Madinia. »Er hat gesagt, es sei sehr wichtig.«
»Wir sollen dir den Weg zu seiner Bibliothek zeigen«, ergänzte Margaret.
Petra nickte. »Ich komme. Aber ich muss einen Augenblick alleine sein.«
»Ich hoffe, du siehst zu, dich ein bisschen weniger hässlich zu machen«, sagte Madinia.
Margaret stieß ihre Schwester an. »Wir warten auf dich im Flur, Petra.«
Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, rief Petra leise: »Astrophil?«
Die Spinne schlüpfte unter dem Bett hervor. Ihre Augen strahlten in einem tiefen Grün von dem Rapsöl, das sie vor einer Stunde verschlungen hatte.
Petra ging zum Spiegel. Sie machte sich selbst Mut, nicht zurückzuzucken, egal was sie sehen würde. Sie blickte in den Spiegel und erstarrte.
Unter ihren Augen lagen Schatten. Ein dünner roter Striemen zog sich vom linken Schulterbein bis zum Kinn. Die Narbe war eine gerade, fast vollkommene Linie. Fast.
Am Halsansatz wurde die Linie von einer horizontal verlaufenden Kurve unverletzter blasser Haut unterbrochen. Irgendetwas hatte sie da vor der ätzenden Zunge des Gristleki geschützt.
Mein Halsband , sagte sie sich und berührte die weiße Linie, wo die Lederschnur gewesen war. Das Halsband zu verlieren, war eine ihrer geringsten Sorgen, doch Petra unterdrückte trotzdem einen Schluchzer.Verlor sie denn alles, was ihr lieb war?
Astrophil kletterte ihr Bein hoch. Er sprang auf ihren Ellbogen. Schau mich an, Petra.
Sie blickte ihn an.
Wir finden eine Möglichkeit, nach Okno zurückzukehren , sagte die Spinne. Das verspreche ich.
Petra versuchte ein Lächeln, aber es flackerte nur kurz auf und erlosch dann wieder. Sie zog das Band von ihrem Pferdeschwanz ab, schüttelte ihr braunes Haar über die Schultern und verbarg damit die Narbe.
Astrophil krabbelte nach oben und hockte sich auf ihr rechtes Ohr. Ich finde, du siehst mit den offenen Haaren irgendwie schön aus.
»Hm«, war Petras einzige Antwort darauf.
Ariel
P ETRA BETRAT die Bibliothek, die eine niedrige Decke und geschwungene Wände hatte. Petra stand inmitten Hunderter von Kästen, die die Regalbretter füllten. Blasses Sonnenlicht flimmerte durch den Raum und John Dee saß mit gesenktem Kopf an einem Schreibtisch vor einem Fenster und zeichnete etwas auf schweres Papier. Dicht bei dem Schreibtisch stand ein anderer Tisch mit zwei Stühlen, deren harte Sitze mit Leder bezogen waren. Auf dem Tisch bemerkte Petra ein Weinglas, das bis zum Rand mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllt war.
John Dee blickte auf. »Bitte setz dich dahin« - er zeigte auf die beiden Stühle -, »ich komme gleich zu dir.« Er ließ den dicken Holzkohlestift aus der Hand fallen und langte nach einem dünneren. Dann beugte er sich wieder über das Papier. Seine Hand bewegte sich leicht zuckend, als würde er Kleinigkeiten hinzufügen.
Geh schon , ermutigte Astrophil sie. Ich
Weitere Kostenlose Bücher