Das Majestic-12 Dokument : Thriller (German Edition)
Er lächelte sie aufmunternd an. Sie registrierte seine Bemühungen und erwiderte angestrengt sein Lächeln. Sie verkniff sich hinzuzufügen: … und vielleicht auch unser letzter Tag.
Die Taxifahrt in die Innenstadt dauerte kaum 20 Minuten. Und obwohl Wallace nichts lieber getan hätte, als sich endlich lang ausgestreckt auf sein Bett zu legen, genoss er die Fahrt durch die italienische Kunstmetropole. Mindestens ein Dutzend einzigartiger historischer Bauten flog an seinem Fenster vorbei. In jeder Straße, an jeder Ecke waren Patrizierpaläste mit Laubengängen, prächtigen Innenhöfen und Springbrunnen oder romantisch verträumte Plätze zu sehen. Einiges erkannte er aus dem Reiseführer, den er auf dem Flug gelesen hatte. Sie passierten das 90 Meter hohe Wahrzeichen von Florenz, den gewaltigen, überreich verzierten Duomo Santa Maria del Fiore.
Wallace hatte gelesen, dass dieser Dom zur Zeit seiner Fertigstellung Mitte des 15. Jahrhunderts mit 153 Metern Länge und 38 Metern Breite der größte Kirchenbau Europas war und als eines der kostspieligsten Bauwerke der Welt galt. Filippo Brunelleschi war es, der 1420 das Problem der gewaltigen Kuppelkonstruktion mit 42 Metern Durchmesser löste, indem er eine sich selbsttragende Verschalung entwarf. Zu einem anderen Anlass hätte Wallace sich hier sehr wohl fühlen können. »Schauen Sie mal dort drüben.« Er zeigte auf die aufwändig verzierte Marmorfassade.
Susan drehte kaum den Kopf. »Santa Maria del Fiore«, sagte sie müde und ohne eine Spur von Begeisterung. Sie lag, noch immer ziemlich bleich, wie eine Luftmatratze aus der man die Luft herausgelassen hatte, neben Wallace im Sitz und schloss wieder die Augen. Das Taxi folgte einem verbeulten Schild mit der Aufschrift Santa Croce. Und je länger sie der Richtung folgten, desto spärlicher wurden die prunkvollen Sehenswürdigkeiten. Stattdessen wurden die Straßen immer schmaler und dunkler. Nach kurzer Zeit schienen sie in ein Viertel gelangt zu sein, welches den einfacheren Leuten vorbehalten war. Die Fassaden waren schäbig, Müll stapelte sich auf den Gehwegen. Die Fahrt ging nun nur noch stockend voran, da die Straßen kaum mehr als zwei Meter breit waren. Und als wäre dies nicht genug, standen dicht gedrängt überaus einfallsreich geparkte Motorräder. Einige junge Leute, viele eng umschlungen, belebten trotz des schlechten Wetters die dunklen Gassen. Immer wieder drängten sich hupend noch mehr Mopeds an dem Taxi vorbei, und der bis dahin stumme Taxifahrer begann nun wild gestikulierend den Mopedfahrern zunehmend unfreundliche Dinge hinterher zu rufen, in denen immer wieder das Wort »motorini« vorkam. Susan schaute Wallace skeptisch an. »Wo haben Sie uns um Gotteswillen einquartiert?«
»Ähm. Via Bucchio oder so.«
»Via was?«
»Keine Ahnung. Ein kleines Hotel – ganz in der Nähe!« Susan funkelte ihn an. »Im Prospekt sah es sehr nett aus«, fügte er rasch hinzu.
»Aha. Na wir werden sehen«, sagte Susan misstrauisch und schaute wieder aus dem Fenster. Trattorias, in grelles Neonlicht getauchte Kneipen, kleinste Werkstätten und finstere Hauseingänge, die anscheinend kurzfristig zu Ladenflächen mit Möbeln, Spiegeln und Bilderrahmen umfunktioniert worden waren, reihten sich nebeneinander.
Wallace drängte sich der Verdacht auf, dass diesen Dingen vor allem eines gemein war: Die hier angebotenen Waren sollte man lieber nicht erstehen, wollte man es nicht mit der Polizei zu tun bekommen. Unverhofft blieb das Taxi inmitten des Tumults stehen. Der Fahrer zeigte stumm auf einen blinkenden Schriftzug »Internet Point«. Erst auf dem zweiten Blick erkannte Wallace das kleine goldene Schild »Vecchio« am angrenzenden Hauseingang.
»Du großer Gott«, seufzte Susan.
»Si. Grazie«, stammelte Wallace und übernahm die Rechnung. Der Fahrer brummelte etwas Unverständliches und verschwand, sobald sie den Wagen verlassen hatten, im Dunkel der Gassen.
Das Vecchio war eines dieser Hotels, die einem normalerweise nie auffallen. Eine Wand mit einer Tür zwischen Dutzenden. Der Hauseingang war nicht erleuchtet und außer dem kleinen angelaufenen Goldschild an der Wand wies nichts darauf hin, dass sich hinter dieser maroden Fassade ein Hotel versteckte. Ein verwitterter Türklopfer hing an der hohen Holztür, und da nirgends eine Klingel zu finden war, klopfte Wallace zweimal heftig gegen die schwere Tür. Er sah Susan an und wollte gerade erneut gegen die Tür schlagen, als sich diese quietschend
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