Das Mal der Schlange
sehnte, ihn verzweifelt liebte, gab es kein Zurück mehr.
Als ihr das klar geworden war, hatte sie wieder begonnen unter Menschen zu gehen. Sie hatte jeden Winkel der prachtvollen Stadt erkundet, das Umland, den Strand bei Ostia und sie hatte beschlossen, zu bleiben.
Oft lief sie früh am Morgen, bevor das geschäftige Treiben in den Gassen einsetzte, über eine der Brücken auf die andere Seite des Flusses und durch die Altstadt bis vor die Tore des Pantheons. Sie war die erste, die es betrat, sobald die schweren Türflügel sich öffneten und still stand sie dann im Schatten der kreisrunden Wände und sah nach oben, wie die Morgensonne langsam ihr Licht in die kreisrunde Deckenöffnung ergoss. Dann stellte sie sich vor, sie wäre in Nathaniels Höhle und dachte an die glücklichen Momente, die sie mit ihm verbracht hatte.
So lernte sie langsam, wieder zu lächeln und Zuversicht zu fassen.
Ihr Haus war nun keine kahle Festung mehr, sondern ein gemütliches Zuhause, das sie geschmackvoll eingerichtet hatte, mit Möbeln aus verschiedenen Kulturen und Stilen, die die vielen Facetten in ihr widerspiegelten.
Barfuß lief sie von der Dachterrasse über das kühle Mosaik des Treppenhauses ein Stockwerk hinunter in ihr Ankleidezimmer. Die Sonne stand tief am Horizont und sie musste sich beeilen. Rasch schlüpfte sie in ein schwarzes Kleid mit kurzen Ärmeln. Der kleine herzförmige Ausschnitt war mit ovalen Perlen bestickt. Sie steckte sich eine schlichte goldene Brosche in Form einer Rosenblüte an, nahm ihre Schuhe und rannte nach unten in den Keller. Dort holte sie eine Flasche aus dem Weinregal und verließ das Haus.
Er wartete bereits auf sie.
„ Sie sind sehr schön, Emmaline“, sagte er zur Begrüßung, bevor er sich verlegen auf die Zunge biss.
Sie spürte, wie sie rot wurde.
„ Ich meine natürlich, sie sehen sehr hübsch aus in dem Kleid“, verbesserte er sich erschrocken, „Ich wollte nicht klingen wie ein…“, er brach ab.
„ Danke, Daniele, ich finde sie auch sehr schön.“
„ Wirklich?“
Sie nickte. Überrascht stellte sie fest, dass es tatsächlich so war. In der Abendsonne sah sie, dass seine Haut einen dunklen Bronzeton hatte Er war zweifelsohne viel mehr Italiener als Amerikaner. Dichte schwarze Wimpern umrahmten seine Augen und als er lächelte, blitzten seine Zähne schneeweiß.
„ Ich habe ihnen etwas mitgebracht“, sagte sie und hielt ihm die Weinflasche hin.
„ Ist es normalerweise nicht umgekehrt? Sollte nicht der Herr der Dame ein Geschenk bringen?“
„ Nicht wenn der Herr Geburtstag hat!“
„ Vielen Dank, Emmaline, das ist wirklich ein ausgezeichneter Rotwein.“
Er deutete auf die Vespa neben sich, „Der Motorroller gehört meinem Großvater – macht es ihnen etwas aus…“, noch bevor er den Satz zu Ende gesprochen hatte, saß Emmaline bereits auf dem Sitz und rutschte nach hinten, damit auch er Platz hatte.
„ Eine unkomplizierte Frau“, grinste er, „Heute ist mein Glückstag!“
Nachdem sie sich ein paar Minuten durch verwinkelte Straßen geschlängelt hatten, gelangten sie zum Forum, der Wind zerzauste Emmalines Haar und sie genoss die Fahrt durch Rom.
Daniele umrundete das Kolosseum, ein Anblick, der ihr noch immer Gänsehaut verursachte, und bog dahinter in die Via Claudia, die sanft nach oben führte. An einer hohen weißen Mauer in der Via della Navicella bremste er, stieg ab und öffnete ein Tor, das den Blick auf einen Garten mit Obstbäumen frei gab.
Ein Weg aus Steinplatten führte zu einem weißen Haus mit einer hölzernen Veranda.
„ Wie wunderschön!“, rief Emmaline, „Das ist ja ein richtiges Paradies, mitten in der Stadt!“
Daniele nickte, „Mein Großvater ist ein begeisterter Gärtner. Und meine Großmutter eine mindestens ebenso gute Köchin. Sie hat darauf bestanden, an meinem Geburtstag für mich zu kochen. Ist das für sie in Ordnung?“
„ Ich freue mich sehr, bei ihrer Familie zu Gast zu sein“, sagte Emmaline förmlich. Sie war noch nie in einer derartigen Situation gewesen und etwas nervös, aber sie sah dem Ganzen mit Interesse entgegen. `Es ist fast so, als wäre ich wieder ein richtiger Mensch`, dachte sie.
Daniele nahm ihre Hand und zog sie mit sich den Weg entlang. Kurz vor dem Haus trat er hinter einen Orangenbaum und stellte die Weinflasche neben den Stamm ins Gras. „Den trinken wir später, aber nur zu zweit“, zwinkerte er, „So einen guten Tropfen teile ich nicht.“
Er beugte sich zu ihr und
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