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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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höchster Anspannung steht. Aber nur für einen Augenblick, dann kehrte das silberne Glitzern zurück und sie begann die Jagd. Emmaline nahm alle Geräusche und Bewegungen mit scharfer Präzision wahr und während sie auf den Mann zu ging, analysierte sie Schritt um Schritt ihre Umgebung.
    Als sie auf einer Höhe mit ihm war, täuschte sie vor, sich die Handtasche auf die Schulter zu schieben. In Wirklichkeit aber schlug sie ihm im Bruchteil einer Sekunde mit einer wuchtigen und schnellen Bewegung, die für die Augen der Umstehenden nicht zu erkennen war, gegen die linke Seite seiner Brust, dann hatte sie ihn passiert.
    Der Mann blieb, fast ein wenig überrascht, stehen und fasste sich an die Stelle über seinem Herzen, dann sackte er lautlos zusammen.
    Sofort bildete sich ein Ring aus Menschen um ihn, der sich schnell vergrößerte und Emmaline hörte im Weggehen die Bestätigung dessen, was sie beabsichtigt hatte. Er war tot, bestimmt ein Herzinfarkt, ganz plötzlich.
    Tatsächlich hatte sie ihm durch ihren gezielten Schlag aber einige Rippen in sein Herz gehämmert und deshalb war es stehengeblieben.
    Nach einigen Metern bog sie nach links ab, wo Ilaria bereits die Oleanderzweige auseinander hielt, um Emmaline dahinter treten zu lassen. Sie schlüpfte hindurch und lehnte sich mit dem Rücken an die Hauswand. Niemand konnte sie sehen, als die Welle der neuen, erbeuteten Energie über sie hereinbrach und ihre Knie kurz nachgaben. Es war ein überwältigender Augenblick, in dem sie die Kontrolle über Körper und Sinne verlor. Nur Sekunden später hatte sie sich wieder im Griff, die silbernen Funken kehrten in ihre Augen zurück und sie strich sich die Bluse glatt, als sie an Ilaria vorbei wieder auf die Straße trat.
    Mit Ilaria zu jagen war einfacher als alleine. Sie waren ein gutes und eingespieltes Team, eine von beiden hielt immer den abgeschirmten Rückzugsort bereit, damit die andere ihren kurzen Triumphmoment sicher genießen konnte.
    Wenn Emmaline alleine jagte, musste sie vorab alles genauestens planen, denn nachdem das Opfer getötet war blieb nicht viel Zeit, bis die Energiewelle sie fand und sie hatte nicht gerne Zuschauer.
    Daran dachte sie an jenem Abend auf der Brücke und sie war so gedankenverloren, dass sie die Person neben sich anfangs nicht bemerkte.

25.

    „ Geht es Ihnen nicht gut, Signorina?“
    Sie blinzelte. „Doch, doch. Vielen Dank. Wieso sollte es mir nicht gut gehen?“ Langsam drehte sie den Kopf in Richtung der Stimme, die Arme noch immer vor sich auf das steinerne Brückengeländer aufgestützt.
    „ Ich dachte nur, weil sie doch seit über einer Stunde hier stehen, ohne sich zu bewegen.“
    Erst jetzt fiel ihr auf, dass die Sonne bereits dabei war unterzugehen. Offenbar hatte sie über ihren Gedanken vollkommen die Zeit vergessen.
    „ Seit über einer Stunde?“, murmelte sie ungläubig, „Kein Wunder, dass sie dachten es wäre etwas nicht in Ordnung. Aber woher wissen sie, dass es so lange war? Haben sie mich etwa beobachtet?“
    Er grinste und deutete auf ein großes ockerfarbenes Gebäude, „Ich habe heute einen Freund besucht und von seinem Küchenfenster aus hat man einen guten Blick auf die Engelsbrücke.“
    „ Ach du meine Güte“, Emmaline richtete sich verlegen auf, „Sie müssen mich bestimmt für sehr seltsam halten?“
    „ Naja, zuerst dachten wir, sie wollten sich in den Tiber stürzen. Diesen Gedanken haben wir dann aber schnell verworfen, denn es fließt ja momentan kaum Wasser darin und so verzweifelt sahen sie auch nicht aus.“ Nun wirkte auch er verlegen und strich sich eine Strähne seines blonden Haares hinters Ohr. Emmaline beobachtete seine Bewegung und stellte fest, dass er noch sehr jung war. Anfang zwanzig, schätzte sie. Sein Haar war am Oberkopf von der Sonne zu einem hellen Weizenblond ausgebleicht und im Nacken etwas dunkler. Er sah aus wie jemand, der viel Zeit im Freien verbringt und sogar im spärlichen Licht bemerkte sie die leuchtend blauen Augen in seinem gebräunten Gesicht.
    „ Aber wir fanden es besser nachzufragen, ob wirklich alles in Ordnung ist.“
    „ Vielen Dank, das war sehr nett von ihnen. Ich habe wohl einfach die Zeit vergessen.“
    „ Mein Name ist Daniele“.
    „ Aber sie sind kein Italiener – jedenfalls jedenfalls spricht ihr blondes Haar dagegen. Oder doch?“
    „ Au! Das tut weh!“, er schlug die Hände vor die Brust, als ob sie ihn verletzt hätte, lachte aber dabei, „Mein Vater ist ein waschechter Römer,

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