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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
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löschte die Lampe.

4
    Die Finsternis, die sie umgab, war dicht, buchstäblich zum Greifen. Sergejs Herz klopfte schnell. Er begriff nicht, was Max sich da ausgedacht hatte. Außerdem traute er ihm nicht ganz, aber trotzdem spürte er, dass des Rätsels Lösung unmittelbar bevorstand.
    Denis schlief und träumte von dem hübschen, grünäugigen Mädchen mit der Stupsnase und den Sommersprossen. Zum ersten Mal nahm er sich vor, ihr eine Frage zu stellen: Woher kamen die Sommersprossen? Sie entstanden doch normalerweise durch Sonnenstrahlung … War das Mädchen wirklich in der Sonne gewesen? Oder … war die Sonne in ihr? So etwas kam vor. Manche Leute trugen das Licht in sich. Das Mädchen sagte etwas, offensichtlich war sie beunruhigt, aber sie sprach so leise, dass Denis nicht ein einziges Wort verstand. Der Junge wälzte sich unruhig in seiner Ecke in Wosnizyns Schlafkoje. Irgendwann hatte er das Gefühl, dass ihn seine Mutter aus der Dunkelheit rief. Ihre Stimme übertönte die des Mädchens. Ihr Ruf war so zärtlich und sehnsuchtsvoll, dass Denis augenblicklich beschloss, zu ihr zu gehen. Das Gesicht des Mädchens, dessen Lippen sich lautlos bewegten, war jetzt noch besorgter.
Offenbar wollte es ihn davon abhalten, aber Denis achtete nicht darauf. Seiner Mutter ging es schlecht. Sie sehnte sich nach ihrem Sohn. Denis wollte bei ihr sein.
    Sergej, der in die Dunkelheit starrte und mit aller Kraft darum kämpfte, nicht einzuschlafen, sah plötzlich, wie sein Sohn sich auf der alten, flauschigen Decke in Wosnizyns Bett aufsetzte, die Beine auf den Boden stellte und vorsichtig durch die Dunkelheit auf den Ausgang zustrebte, ohne auch nur ein einziges Mal irgendwo anzustoßen. Sergej stürzte zu ihm hin und streckte schon die Hand nach ihm aus, um ihn aufzuhalten, als Max’ trockene Pranke sich fest um sein Handgelenk schloss. Der Junge war bereits zum Zelt hinaus, und Max bedeutete Sergej mit Gesten: Nimm deine Pistole, wir folgen ihm.
    Die Station lag im Dunkeln. Aus dem Häuschen des Wachpostens am Übergang zur Rimskaja drang ein schwacher Lichtstreifen, aber kein Mensch war zu sehen. Warum?, fragte sich Sergej. Wo sind die Soldaten? Fürchtet die Stationsleitung gar nicht, dass Feinde eindringen könnten? Neben ihm schlich Max und berührte Sergej von Zeit zu Zeit am Arm, um ihn in die richtige Richtung zu lenken. Sergej hatte das Gefühl, dass sie auf die Stirnwand des Bahnsteigs zustrebten, dorthin, wo früher das gewaltige Lenin-Relief gehangen hatte. Rechts und links, in den Durchgängen zwischen den bordeauxroten, geäderten Granitsäulen befanden sich die Wohnunterkünfte und die Verwaltungsräume.
    Wo war Denis?
    Als hätte er Sergejs stumme Frage gehört, knipste Max einmal kurz seine Taschenlampe an. Als Reaktion darauf
blitzte Licht im Wachhäuschen am Übergang zur Rimskaja auf. Dann liefen von mehreren Seiten geräuschlos Leute mit eingeschalteten Taschenlampen herbei. Max beschleunigte seinen Schritt und richtete den Strahl seiner Lampe auf die Stirnseite des Saals. Dort war niemand zu sehen.
    »Teuflisch raffiniert«, presste er hervor und fluchte.
    »Was geht hier vor?! Wo ist Denis«, Sergej schrie seinen Gefährten an und packte ihn am Hemdaufschlag über der Brust. Er glaubte, sein Sohn wäre Terroristen in die Hände gefallen, denselben, die Wosnizyns Leute ermordet und Eduard entführt hatten. Vor seinen Augen verschwamm alles, verlor jegliche Konturen.
    Neben ihm standen mehrere Männer.
    »Wenn ihr sie aufscheucht, reiß ich euch den Kopf ab«, sagte Max zu ihnen, während er Sergej abschüttelte. Die Männer lösten sich augenblicklich in der Dunkelheit auf, einer nach dem anderen schaltete seine Lampe aus.
    »Max!«
    »Du willst wissen, wer der Wikinger ist?«, fragte Max, leuchtete sich ins Gesicht und entblößte die Zähne. Er bot einen fürchterlichen Anblick. »Ich bin der Wikinger. Deinem Sohn wird nichts passieren.«
    Sie waren jetzt bei der Wand angekommen, und Max wandte sich nach rechts, zum Bahnsteigrand. Aus dem Nichts tauchte unerwartet eine Gestalt auf.
    »Ihr Kunde ist ein geschicktes Kerlchen, Maxim Nikolajewitsch«, sagte die Gestalt mit leiser Bassstimme. »Ist über den Bahnsteig gehuscht, und weg war er im Tunnel. Er war nicht allein.«
    »Alles klar …« Max winkte ab. »Haben Sie alles so gemacht wie besprochen?«
    »Im Wachhaus brannte Licht, aber wir haben sie nicht aufgehalten.«
    »Das lob ich mir! Ein extracleveres Kerlchen …«, murmelte Max und sah zu

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