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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
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leere, sonnige
Nichts, lachte fröhlich und rief ihn zu sich. Doch irgendwo in seinem Bewusstsein regte sich die Einsicht, dass er sich noch nicht mit ihr vereinen konnte; sehr bald, aber jetzt noch nicht. Sergej tat dies leid, er weinte sogar, wie ihm schien. Er streckte die Hand aus, wollte seine Geliebte berühren, ihren Körper spüren … aber sie war unerreichbar.
     
    Sergej öffnete die Augen. Über sich erblickte er eine stark ausgebleichte Zeltwand. Er lag auf einer weichen Matratze und war sorgfältig mit einer Wolldecke zugedeckt. In einer Ecke ihres Zelts saß Max und besah sich einige Papiere. Sergej regte sich vorsichtig.
    »Aufgewacht?«, rief Max energisch und legte die Blätter zur Seite. »Na, prächtig. Ich habe hier gerade die lokale Zeitung durchgeblättert. Es ist kaum zu glauben – da habe ich so viele Jahre hier auf der Kalininskaja-Linie gelebt und wusste nicht einmal, dass sie eine Zeitung herausgeben.«
    »Wie lange …« Sergej wollte etwas fragen, wurde aber von einem Hustenanfall erfasst. »Wie lange war ich weg?«
    »Sechs Stunden.«
    »Und wo ist Denis?«
    »Er ist spielen gegangen, auf der Station. Ein Junge namens Igor kam vorbei. Der Sohn von einer gewissen Ljudmila, die du, wie er sagt, von früher kennst. Der Junge war ganz stolz darauf, nach seinem Großvater benannt zu sein. Ist sie eine ehemalige Freundin von dir, oder was?« Max blickte Sergej aufmerksam an. »Diese Ljudmila arbeitet jedenfalls in der hiesigen Bäckerei und hat uns Piroggen geschickt. Ich habe einige gegessen, nicht schlecht, auch wenn sie nicht mit Polinas Gebäck mithalten können. Möchtest
du welche?« Sergej schüttelte den Kopf. »Jedenfalls ist dein Sohn mit Igor losgezogen. Er hat einen neuen Freund, der erste hier in der Metro …«
    »Das fehlt mir gerade noch«, entgegnete Sergej.
    »Hör mal, Serjoscha!« Max blickte ihm in die Augen. »Vergiss nicht, wie alt dein Söhnchen ist. Er ist doch noch ein kleiner Kerl! Er muss mit anderen Jungs spielen, Streiche aushecken … Was hat er denn sonst für ein Leben? Seine Eltern sterben einer nach dem anderen. Er selbst muss etwa einmal pro Woche damit rechnen, vertilgt zu werden. In der übrigen Zeit darf er Kranke heilen und Verrückte befrieden … Ist das etwa gut?«
    Sergej schwieg.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Max nach einer Pause.
    »Mies.«
    »Während du bewusstlos warst, haben dich die hiesigen Ärzte untersucht. Alles Schwuchtel … Da sag ich ihnen …«
    »Lass gut sein«, unterbrach ihn Sergej. »Wie ist die Prognose? «
    »Sie sagen, du hast noch zwei Tage. Sie konnten es gar nicht fassen, dass du mit deiner Krankheit überhaupt noch auf dieser Erde wandelst. Ich habe, das kannst du mir glauben, zwar eine eigene Erklärung dafür, aber die behalte ich lieber für mich … Sie meinten, dass sie dich genauer untersuchen müssten …«
    Er brummelte noch etwas vor sich hin, es klang halb schuldbewusst – log er etwa? –, halb tröstend, aber Sergej hörte schon nicht mehr hin. Das heißt, ich schaffe es nicht mehr, sagte er zu sich. Alle Sorgen und aller Kummer lösten
sich auf, und er wurde von einem Zustand der vollkommenen Apathie erfasst. Er konnte ebenso gut im Zelt liegen bleiben und sich nicht mehr rühren, bis das Ende kam. Achtundvierzig Stunden – das war nicht viel. Die Versuchung war groß …
    Aber was war mit Denis? Polina würde es ihm nicht verzeihen.
    Doch, sie würde es ihm verzeihen. Er hatte getan, was in seiner Macht stand, das hatte sie ja selbst gesehen. Der Junge würde nicht untergehen. Max würde ihn nicht im Stich lassen, ihn aufnehmen und großziehen. Natürlich ist es schade, dachte er entrückt, fast gleichgültig, dass es so gekommen ist, aber manchmal erweisen sich die Umstände als stärker, ganz gleich, wie viel man kämpft.
    »Wir werden Wosnizyn suchen«, sagte Max.
    »Wozu?«
    »Noch hast du die Zeit. Wenn er lebt, werden wir ihn finden. Und er wird dir helfen. Glaub bloß nicht, dass ich mir deinen Sohn aufhalsen lasse. Natürlich ist er ein toller Kerl, aber eine solche Verantwortung ist das Letzte, was ich brauche. Wenn du willst, besprich dich mit Ljudmila. Sie hat schon zwei Kinder, da hat noch ein drittes Platz. Sie wird es dir doch nicht abschlagen?«
    »Du bist ein Schwein«, sagte Sergej.
    »So ist das Leben.« Max grinste.
    »Da ist noch was, vielleicht kannst du es mir erklären. Warum ist Wosnizyn gerade jetzt verschwunden, einen Tag ehe wir hier ankamen? Weshalb wurde dieser …

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