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Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Titel: Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Wickert
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breit Whisky in jedes Glas. Perrier? Fragend hielt er die Flasche Sprudel hoch. Jacques nickte und deutete mit Daumen und Zeigefinger das Maß an. Bitte Perrier bis das Glas voll ist.
    Jacques und der Kommissar hatten sich vor Jahren aus Spaß auf die Tropenregel geeinigt, die da lautet: Erst wenn die Sonne untergegangen ist, darf man zum Drink greifen.
    Und in den Tropen geht die Sonne immer um sechs unter. Deshalb durften sie nach sechs ihren Whisky trinken. Und daran hielten sie sich streng. Sollten sie schon um fünf vor sechs zusammensitzen, dann schauten sie auf die Uhr und schüttelten den Kopf. Nein, noch nicht. Und warteten brav bis die Zeiger auf Punkt sechs standen. Und von wegen Whisky. Es musste ein Bruichladdich sein. Mindestens ein zwölfjähriger. Schließlich hatten Jacques und Jean im Winter vor zwei Jahren beim Skifahren in Megève den Master-Destiller Jim McEwan aus Islay in Schottland getroffen. McEwan war verantwortlich für »brook laddie«, wie man den Brand aussprach. Aber McEwan hatte letztes Jahr gekündigt, als die französische Firma Rémy Cointreau »brook laddie« kaufte. Jacques und Jean Mahon hatten kurz darüber diskutiert, ob sie den Whisky wechseln sollten. Denn was sollte das, ein französischer Whisky? Schließlich blieben sie bei ihrer Marke. Sie hatten sich an den Geschmack gewöhnt.
    Sie schwiegen, bis jeder einen kräftigen Schluck genommen hatte.
    Fragend hob Jacques die Arme. Und?
    »Ein wirklich vermaledeiter Fall«, sagte der Kommissar.
    »Fangen wir bei den Opfern an«, sagte Jacques.
    »Nee, das bringt uns noch nicht weiter«, sagte Jean Mahon. »Wir wissen zu wenig über den Radfahrer und über die Leute im Auto. Wir wissen noch nicht einmal, in welcher Reihenfolge die Morde begangen wurden. Ich vermute, zuerst wurde der Radfahrer erschossen und dann die Leute im Wagen. Alles andere macht keinen Sinn. Denn der Radfahrer wäre doch geflohen, wenn er gesehen hätte, dass jemand auf das Auto schießt.«
    »Es sei denn, er war doof genug zu glauben, er könne den Mörder aufhalten«, sagte Jacques.
    »Das kann eigentlich nicht sein«, sagte Jean Mahon, »denn der Radfahrer wurde ja von dem Wagen ein Stück mitgeschleift, als der Fahrer rückwärts in den Graben fuhr. Also lag er schon angeschossen auf dem Boden, als der Autofahrer noch lebte. Vermutlich wollte der Fahrer vor dem Täter fliehen, legte den Rückwärtsgang ein, gab Gas und zog den Körper des am Boden liegenden Radfahrers mit. Das wäre eine Möglichkeit.«
    »Was habt ihr über die Opfer herausgefunden?«, fragte Jacques.
    »Wenig. Der Radfahrer scheint ein harmloser Coiffeur aus Meudon zu sein. Über die Leute im Auto wissen wir wenig mehr als die Namen. Ein Mohammed Arfi. Soviel wir wissen, stellt er in einem kleinen Betrieb Lederjacken her. Und er hat eine Vergangenheit in der Banlieue. Daher hat er auch Kontakte zu einigen windigen Leuten. Und der ermordete Beifahrer gehörte offenbar auch zu seiner alten Bande. Ich habe meinem gesamten Team eine Nachtschicht verordnet, damit es sich umhört. Einige durchsuchen das Internet, die anderen sind ausgeschwärmt. Morgen wissen wir mehr.«
    »Habt ihr Verwandte des kleinen Mädchens gefunden?«
    »Nein, noch nicht. Sie ist jetzt im Hôpital Necker. Besser kann sie nicht aufgehoben sein. Sie hat immer noch kein Wort gesprochen. Was man ja verstehen kann. Das arme Kind ist Zeuge davon, wie seine Eltern erschossen werden und versteckt sich, weil es Angst um sein eigenes Leben hat. Falls es das schon versteht.«
    »Hast du jemanden abgestellt, um sie zu schützen?«
    »Im Necker ist sie sicher. Auf die Psychiatrie kommst du nur durch eine Schleuse. Und es kann sein, dass Fabienne noch bei ihr ist.«
    »Oh, da solltest du noch jemanden hinschicken und Fabienne vorwarnen«, sagte Jacques. »Schon seit Stunden läuft die Nachricht im Internet, dass eine Zeugin der Morde überlebt hat. Das hat dieser Scheiß-Paparazzo verkauft.« Jacques zögerte einen Augenblick, dann atmete er tief durch, schaute Jean Mahon direkt in die Augen und sagte: »Du glaubst es kaum. Und Margaux war noch dreist genug, bei Martine wegen des Mädchens anzurufen. Martine war klasse. Sie hat Margaux gefragt, ob sie, die große politische Journalistin jetzt zur Paparazzi-Reporterin abgestuft worden sei.«
    Jean Mahon lachte. Beide hoben ihr Whiskyglas.
    Dann griff Jean Mahon nach dem Hörer, wählte eine dreistellige Nummer und ordnete an, dass sofort, ja, die Betonung liegt auf »sofort«,

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