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Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Titel: Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Wickert
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Prozent.
    Für jeden der Vermittler bedeutete das 140  Millionen. Davon dürften sie je zehn Prozent behalten.
    Die eine Hälfte der restlichen Summe würde an Personen in Marokko gezahlt, zum großen Teil bar. Schmiergeld.
    Die andere Hälfte sollten die Vermittler auf Konten in der Schweiz parken. Der Premierminister erwarte von Dati, dass er Millionen für dessen Wahlkampf bereitstellen würde. Und von Hariri erwarte Innenminister de Ronsard das Gleiche für seine Partei.
    Eine erste Tranche von zehn Millionen erhielt Dati wenige Tage nach Unterzeichnung.
    Auf welche Konten?
    Nun, keine in Frankreich.
    Er, Dati, habe dem Premierminister diese zehn Millionen für dessen Wahlkampf ausgezahlt.
    Bar?
    Bar. In Scheinen von fünfhundert Euro.
    In der Schweiz?
    Ja.
    Aber nach der Wahl begann das Drama.
    Der Premiermister verlor, der Sozialist François Hollande gewann.
    Und der neue Präsident kennt die Gepflogenheiten. Er ließ sofort alle großen Auslandsverträge überprüfen und alle Zahlungen an Vermittler stoppen. Die neuen Herren ahnten natürlich, dass die alte Garde von den Retrokommissionen, wie Schwarzgeld elegant bezeichnet wird, während des Wahlkampfes profitiert hatten.
    Er vermute nun, so Dati, dass Hariri schon in der ersten Tranche sehr viel mehr erhalten habe als er selbst. Denn Ronsard verfügte plötzlich über mehr als siebzig Millionen Dollar auf Konten in der Schweiz.
    Dati lachte zum ersten Mal.
    Ronsard kann aber mit der enormen Summe wenig anfangen. Denn die französische Bank, die das Konto seiner Partei führt, weigert sich, von ihm weitere Bargeld-Einzahlungen anzunehmen. Die Summen fielen unter das Gesetz gegen Geldwäsche.
    Ronsard versuchte daraufhin seine Bank von der Schweiz her aufzukaufen! Aber dazu reichten die siebzig Millionen, über die er verfügt, nicht.
    »Zwei Fragen bleiben für mich offen«, sagte Margaux. »Erstens, wer hat Mohammed erschossen? Und warum? Zweitens, was ist der Grund für das Attentat in Marrakesch – und für den Anschlag auf Hariri?«
    »Ich habe keine Ahnung, was den Mord an Mohammed betrifft. Das ist auch mir ein Rätsel. Den Grund für das Attentat kenne ich vermutlich. Hariri wie auch ich sollten ja viele Millionen Schmiergelder an Personen in Marokko zahlen, an Minister, Generäle, Geheimdienstchefs. Das kann ich aber nicht, weil ich das Geld nicht bekommen habe. Ich wurde aus Marokko bedroht. Da habe ich denen, die mich regelrecht terrorisierten, genauso wie Ihnen erzählt, nicht ich, aber Hariri hätte das Geld erhalten. Daraufhin ließ der Druck auf mich nach. Aber einen Tag nach dem Attentat erhielt ich wieder eine Warnung. Falls sich herausstellen sollte, dass ich doch Geld bekommen hätte, sei auch ich im Visier. Das Attentat, bei dem ja viele Franzosen umgekommen sind, ist für mich eine Warnung an Hariri. Aber auch an die französische Regierung, die Schmiergelder fließen lassen soll.«
    Punkt zwei Uhr erhob sich Dati, dankte Margaux dafür, dass sie gekommen sei und verabschiedete sich mit einem Handkuss.
    »Nein, nein, ganz im Gegenteil. Ich muss mich bei Ihnen für das Vertrauen bedanken«, sagte Margaux.
    Auf der Rückfahrt ins Büro versank sie in Gedanken und bemerkte kaum, dass sie schon eine halbe Stunde lang im Stau am Quai des Tuileries stand.
    Ein ganz kleiner Nebensatz machte sie nachdenklich.
    »Nun habe ich denen«, so hatte Dati gesagt, »die mich regelrecht terrorisierten, genauso wie Ihnen erzählt, nicht ich, sondern Hariri hätte das Geld erhalten.«
    Genauso wie Dati ihr diese Geschichte erzählte, hat er sie auch denen aufgetischt, die ihn bedrohten. Ein verräterischer Satz. Denn er könnte bedeuten, dass er beide belogen hat, um sich aus einer Zwickmühle zu befreien.
    Kurz bevor sie in der Redaktion eintraf, rief sie Jacques auf seinem direkten Apparat an. Sie sprach nur in Andeutungen. Er antwortete genauso knapp. Ja, sie hätten in den Unterlagen bei Ronsard eine Kopie des Vertrags gefunden und wüssten, wer der zweite Vermittler sei. Margaux sagte nur, mit dem habe sie eben gesprochen. Er sei sehr offenherzig gewesen, und jetzt könne sie vieles erklären.
    Was zum Beispiel?
    Sie kenne die Identität des Corbeau und wisse, wer Geld erhalten habe und wer nicht.
    Was es mit einem Konto von Ronsard in der Schweiz auf sich habe … Sollen wir uns heute Abend nach Redaktionsschluss treffen?
    »Mal sehen, wann ich hier rauskomme«, sagte Jacques. »Es kann spät werden.«

Objekt erledigt
    J acques und Margaux

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