Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)
Geschichten über die Dræu und ihre Großtaten mögen übertrieben sein, aber eines ist zweifellos wahr: Sie sind Kannibalen.
Soweit es die Richtlinien betrifft, habe ich gar keine andere Wahl, ich muss den Auftrag annehmen. Wenn Rangniederere in tödlicher Gefahr schweben, ist ein Regulator bei seiner Ehre verpflichtet, ihnen zu helfen. Wir dienen mit einem Auge, einer Hand und einem Herzen. Wenn die Dalit diesem Eid nicht mehr folgen, wozu sind wir dann noch gut?
»Wir übernehmen den Job«, sage ich und schaue Vienne an. Sie lächelt. »Aber ihr werdet mehr als ein Team von zwei Regulatoren brauchen, um gegen die Dræu zu kämpfen.«
»Kämpfen?«, fragt das Mädchen. »Von Kämpfen haben wir nichts gesagt. Ausbildung ist das ...«
»Sie ist das, was euch umbringen wird. Jeden einzelnen C hùsheng von euch. Nein, was ihr braucht, ist ein Davos gut ausgebildeter Regulatoren, die euch verteidigen.«
»Wie viele Regulatoren gehören zu einem Davos?«
»Zehn«, sagt Vienne.
Der erste Mann erbleicht. »Zehn?«
»Bei Vollzähligkeit«, sage ich. »Wir kommen auch mit acht zurecht. Vielleicht sogar mit weniger, wenn sie gut sind.«
Das Mädchen nimmt das Geld von Tisch und drückt es mir in die Hand. »Heuer jeden an, den du willst. Wenn du sie für hundert Münzen kriegen kannst.«
»Für so wenig Kohle kann ein Regulatorendavos nicht arbeiten«, sage ich.
»Das ist alles, was wir haben«, entgegnet das Mädchen.
Na klar. Ärger findet stets seinen Weg zu mir, und er ist immer bettelarm. Ich seufze. »Wir sind im Geschäft.« Dann schütteln wir einander die Hände, um den Pakt zu besiegeln. »Ich heiße Durango. Das ist Vienne, meine Nummer zwei.«
»Mein Name ist Áine Phelan«, sagt das Mädchen und hält meine Hand ein paar Sekunden zu lange fest.
»Das ist Spiner, der andere heißt Jurm.«
»Wann wollt ihr nach Fisher Four aufbrechen?«, fragt Spiner. »Wir müssen den nächsten TransPort erwischen.«
»Morgen früh«, sage ich. »Frühestens. Ich habe einige persönliche Dinge zu erledigen, und wir brauchen Zeit, um weitere Regulatoren zusammenzutrommeln.« Dann schlage ich vor, dass sie wie geplant ihren TransPort nehmen. Vienne und ich werden mit unseren Rekruten nachkommen. Falls es uns gelingt, welche aufzutreiben.
»Woher sollen wir wissen, dass ihr euer Versprechen haltet?«, fragt Jurm. »So ein hübscher Knabe wie du neigt bestimmt zu Wankelmut.«
»Würdest du das wiederholen?«, faucht Vienne.
»Klar. So ein hübscher Knabe ...«
»Jurm«, fällt Spiner ihm ins Wort. »Kein Grund, so streitlustig zu sein.«
»Warum sagst du das mir?«, grollt Jurm. »Sie hat es doch so gewollt.«
Áine reicht mir die Hand. »Wir sehen uns bald, Chief. Spiner, Jurm – wir gehen.«
Als die Minenbewohner den Raum verlassen, nicht ohne einen weiten Bogen um Vienne zu machen, reicht Áine mir ein kleines Etui aus Metall.
»Hier ist eine Wegbeschreibung nach Fisher Four«, sagt sie. »Und die Hälfte des Geldes. Den Rest bekommt ihr, wenn der Auftrag erledigt ist.«
»Was genau bedeutet erledigt? «, frage ich.
»Es bedeutet, dass die Dræu entweder versprechen, uns in Ruhe zu lassen, oder dass sie alle tot sind.«
Ich schüttele den Kopf. »Die Wahrscheinlichkeit, dass eines von beidem eintrifft, ist minimal.«
»Dann könnt ihr auch nur ein minimales Honorar erwarten«, entgegnet Áine mit belegter Stimme.
»Chief, es ist mir ein Vergnügen, Geschäfte mit dir zu machen.«
Als sie fort sind und die Tür geschlossen ist, frage ich Vienne: »Was denkst du?«
»Sie ist unbeholfen.«
»Sie ist verwundet.«
»Ich meine ihre Versuche, mit dir zu flirten.«
Meine Ohren fangen an zu glühen. »Oh, ja. Na ja. Aber als ich dich gefragt habe, was du denkst, habe ich gemeint, welches Davos wir deiner Meinung nach zusammenstellen können.«
»Kein Regulator, der auch nur den Dreck unter seinen Stiefeln wert ist, arbeitet für so wenig Geld.«
»Wir schon«, kontere ich.
»Wir sind anders.«
Mit anders meint sie besser. »Tja«, sage ich, »auch wenn alle Stricke reißen, fallen mir noch ein paar Regulatoren ein.«
Sie mustert mich finster. »Ich habe von guten Regulatoren gesprochen.«
»Einer ist ein aasig guter Sprengmeister, und der andere ... na ja, für irgendwas muss er ja gut sein.«
»Nein, nicht die, Chief.«
Ich setze ein billiges Grinsen auf. »Ach, komm, Vienne, das wird ein Spaß.«
»Du und ich«, sagt sie, die Hände in die Hüften gestemmt, »haben vollkommen verschiedene
Weitere Kostenlose Bücher