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Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)

Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)

Titel: Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Macinnis Gill
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darauf wieder auf die ältere Frau zu zielen. Rein technisch gesehen hätte er Viennes Zwillingsbruder sein können, aber damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon. »Also, gib jetzt Ruhe! Ich erteile hier die Befehle.«
    Er will gerade zu einem Protest ansetzen, als Spiner sich neben der Statue auf dem Podest aufbaut. »Haltet ein, Regulatoren. Wir haben hier unten nicht viele Besucher, abgesehen von denen, die uns das Wenige rauben wollen, was wir besitzen. Deshalb haben unsere Leute mit Höflichkeit und Entgegenkommen nicht viel am Hut. Hätten sie euch etwas antun wollen, würdet ihr jetzt durch die Tunnel irren, statt hier zu stehen, das kann ich euch versichern.«
    Vienne rückt näher zu mir. »Das hat sich für eine beruhigende Ansprache ziemlich sonderbar angehört«, sagt sie.
    »Ich weiß nicht, ob ich den Begriff beruhigend benutzen würde.« Dennoch fühle ich, wie die Spannung um ein paar Dezibel sinkt. Zeit, die Situation zu befrieden. Ich starre die alte Frau an und breite weit die Arme aus, um allen zu zeigen, dass ich keine Waffen habe – abgesehen von meinem Armalite, einer Faustfeuerwaffe, einem Kampfmesser in jedem Stiefel und einer Klinge im Ärmel. »Ich und meine Leute sind in gutem Glauben für ein Honorar hierhergekommen, das offen gesagt nicht dem Üblichen entspricht. Aber kaum sind wir hier, behandelt ihr uns wie Krankheitsüberträger. Dort, wo ich herkomme, ist so etwas nicht in Ordnung.«
    »Ich bitte aufrichtig um Entschuldigung, Regulator«, sagt die alte Frau, deren Stimme den Klang einer leisen Metallglocke hat. »Als wir den Mann gesehen haben, der gedroht hat, Áine zu töten, waren wir besorgt.«
    »Na gut«, sage ich.
    Die alte Frau kommt zu uns herunter und streckt mir eine knochige Hand entgegen. Ihre Haut ist so dünn, dass die Adern darunter wie Gürtelwürmer aussehen. Als wir einander begrüßen, umfasse ich ihre Hand vollständig und habe das Gefühl, der geringste Druck könnte reichen, ihr die Knochen zu brechen.
    »Kommt mit mir hinauf.«
    Wir folgen der Alten und Áine durch eine Metalltür, die auf der anderen Seite mit einem schweren Schließbolzen gesichert und durch eiserne Beschläge verstärkt ist. Die Tür ist stark genug, einen durchschnittlichen Dieb abzuwehren, aber einem gut ausgebildeten, entschlossenen Feind würde sie höchstens eine Minute standhalten. Vielleicht ist das der Grund, weshalb die Minenbewohner so gut im Verstecken sind. Einen anderen Schutz haben sie nicht.
    »Wo ist das Essen?«, fragt Jenkins und setzt sich auf eine lange Bank neben einem steinernen Tisch.
    »Hör endlich auf, ja?« Fuse nimmt neben ihm Platz, Jean-Paul und Ockham setzen sich ans andere Ende. Vienne stellt sich hinter der Bank auf und wartet vordergründig darauf, dass ich mich ebenfalls setze, während sie in Wahrheit nach möglichen Gefahren Ausschau hält.
    »Mimi?«, frage ich, um sicherzustellen, dass Vienne nichts übersehen hat. »Alles klar?«
    »Keine neuen Biosignaturen«, meldet sie. »Und keine schwarzen Männer im Wandschrank.«
    »Danke. Aber ich glaube, wir sind in diesem Raum die schwarzen Männer.«
    »Hervorragendes Argument«, sagt Mimi.
    »Wegen des Essens ...«, sagt Jenkins, dessen Gedanken immer noch im selben Gleis laufen.
    »Wir werden später unser Essen mit euch teilen«, sagt die alte Frau.
    »Viel ist es nicht«, fügt Áine rasch hinzu. »Wir Minenbewohner sind es nicht gewohnt, zu essen wie ihr reichen Leute.«
    »Das ist uns bewusst«, sage ich, bemüht, endlich zum Thema zu kommen.
    »Ja, wie verrückt«, ereifert sich Jenkins. »Diese Rostköpfe da draußen haben in meinen Augen fett genug ausgesehen. Wir haben Tausende von Kilometern mit TransPort hinter uns, und ihr habt nicht mal den Anstand, uns etwas aufzutischen? Kommt mir nicht mit eurer Armut. Ihr habt Nahrungsmittel versteckt, ich weiß es. Es ist ja nicht so, als würden Bergwerksbewohner nichts zurücklegen.«
    »Armer Kerl«, fällt ihm Ockham ins Wort. »Sein Bauch ist leer, und nun ist er völlig aufgelöst. Eine Schande, was? Sag mal, Chief, musst du dem Knaben die Windeln wechseln, wenn du ihn gefüttert hast? Oder kann er sich den Hintern schon allein abwischen?«
    Jenkins reißt ein Kampfmesser aus seinem Stiefel. »Wie wär’s, wenn ich dir damit den Arsch abwische, Alter?«
    Ockham gähnt.
    »Hört auf«, sage ich gedämpft. Dennoch hallt meine Stimme von den Felswänden wider. »Beide.«
    »Du gibst mir keine Befehle, Chief«, sagt Ockham. »Du bist nicht

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