Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)
werfe einen besorgten Blick auf Vienne, die zu zittern angefangen hat.
»Jawohl! Es sind die Guten.«
Hinter einem weiteren schrottreifen Schürfgerät haben sich Jenkins, Fuse und Ebi zu einer Schützenlinie formiert. Sie knien feuerbereit hinter einer Betontrennwand.
Mimi öffnet einen Aural-Link zu ihnen. »Regulatoren«, rufe ich ihnen zu. »Die Dræu sitzen uns im Nacken! Die Stellung halten! Nicht vorrücken!«
Fuse bestätigt. »Schafft schleunigst eure Ärsche hierher, Chief. Die Minenbewohner sagen, es sind fünfzig Dræu auf dem Weg hierher. Mindestens fünfzig, vielleicht auch mehr. Du weißt ja, wie schlecht die Minenbewohner im Zählen sind.«
Fünfzig? Unmöglich. In dem Basislager waren ungefähr hundert. Wie viele haben wir erledigt? Zwanzig? Dreißig? Das ergibt keinen Sinn.
»Habe ich mich verzählt, Mimi?«, frage ich.
»Negativ, Cowboy. Ich schätze die Anzahl der toten Dræu auf neununddreißig. Dazu kommen einundzwanzig Verwundete.«
»Dann können die Minenbewohner wirklich nicht zählen.«
»Negativ«, sagt sie erneut. »Die Sensoren melden mehrere Dutzend Dræusignaturen.«
Verdammt!
Einen Moment später halten wir vor dem Betonhindernis. »Neuer Plan«, sage ich, »wir ziehen uns zurück. Sofort!«
Fuse wirft einen Blick auf Vienne, die zur Rückseite des Schlittens läuft. »Was ist mit dir passiert, Schätzchen? Du bist so bleich wie ein Scheißhauswurm.«
»Nenn ... mich ... nicht ...« Viennes Kopf kippt zur Seite. »Erschieße ... dich ...«
»Sie hat ein Schrapnell abgekriegt«, sage ich, als ich meinen Sitz räume. »Fuse, du fährst. Jenkins, Ebi, rein in den Kübel!«
Fuse gleitet auf den Fahrersitz. »In die Ferse. So kriegen die dich immer, was? Man sollte doch glauben, Leute, die schlau genug sind, bioadaptive Kleidung zu erfinden, wären auch imstande, anständige Stiefel herzustellen.«
»Halt’s Maul und fahr!«, brülle ich.
Ebi hilft Vienne auf den Notsitz, ehe sie sich zu mir ans Heck des Schlittens gesellt. »Habt ihr Jean-Paul gefunden?«
»Den haben wir in diese Plane gewickelt.« Ich muss gegen das Verlangen ankämpfen, dem Bündel einen Tritt zu versetzen. »Kontrolliere seinen Puls oder irgendwas. Vergewissere dich, dass sein wertloses Fell noch heil ist.«
»Jawohl, Chief.«
Jenkins springt mit weit ausgebreiteten Armen auf die Ladefläche. »Oh, Baby, es ist schon viel zu lange her. Komm zu Papa.« Er umarmt die Kettenkanone. »Du bist so schön. Und seht euch nur all diese herrliche Munition an. Als wäre Weihnachten, und Jenkins war ein braver Junge. Ja, das war er.«
»Re malaka« , murmele ich, ehe ich schreie: »Fuse, bring uns hier raus!«
»Was ist mit Ockham?«, fragt Fuse, während er den Motor aufheulen lässt.
»Wir haben ihn in der Tundra verloren«, antworte ich. »Er ist tot.«
***
Da Fuse ein besserer Fahrer ist als Vienne oder ich, haben wir die Zhao-Zhou-Brücke und die breite Schlucht, die sie überspannt, schnell erreicht. Ein Kontingent Minenbewohner, angeführt von Maeve, Spiner und Áine, wartet bereits auf uns, als wir die lange Brücke überqueren.
Fuse stellt den Motor ab. Ebi hüpft von ihrem Sitzplatz und zieht ihr Armalite. Sie geht neben dem Schlitten in Position, während Jenkins die Kettenkanone auf das schwarze Loch von einem Tunnel richtet.
Dort, wo wir hergekommen sind, werden die Geräusche der Schneemobile immer lauter. Dann verhallen sie plötzlich.
»Kommt schon, los, kommt her, ihr süßen Kannibalen«, murmelt Jenkins. »Mein Baby hat Lust auf ein Tänzchen. Kommt schon, wollt ihr nicht auch tanzen?«
»Was ist passiert?«, fragt Áine, als sie das Blut an meinen Händen sieht. »Du hast dich verletzt. Ich wusste es! Ich wusste, du kannst nicht losziehen, ohne in Einzelteilen zurückzukommen.«
»Das ist nicht mein Blut. Es ist Viennes«, sage ich und bereite mich auf den Übergriff vor, als sie die Arme weit ausbreitet.
Und sich auf Fuse stürzt. Und ihm einen nassen Kuss aufdrückt. »Du bist in Sicherheit! Ich hatte solche Angst, man hätte auf dich geschossen.«
Fuse ist verlegen und löst ihre Arme von seinem Hals. »Nicht jetzt, Herzchen«, sagt er. »Wir haben zu arbeiten.«
»Macht euch bereit, Leute! Die Dræu hängen uns am Arsch!« Ich ziehe Vienne in meine Arme. Ihr Kopf liegt haltlos an meiner Schulter, ihre Stirn fühlt sich an meiner Wange kälter an, als sie sein sollte, und ihre Zähne klappern. »Sie steht unter Schock«, sage ich und gebe sie in Maeves Obhut. »Wir müssen
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