Das Mars-Labyrinth: Roman (German Edition)
gesteckt haben.«
»Guter Mann.« Ich übergebe Fuse meine Waffen. »Pass für mich darauf auf, ja?«
Fuse nimmt sie, sagt aber: »Du willst da wirklich unbewaffnet hingehen? Entweder bist du der tapferste Sohn einer Scheißhausratte, der mir je unter die Augäpfel geraten ist, oder der dümmste.«
»Sie wollte verhandeln. Das macht man unbewaffnet. Das ist unsere Vorgehensweise.«
Fuse verstellt mir den Weg. »Die Vorgehensweise der Regulatoren, klar. Aber die Vorgehensweise der Dræu besteht darin, erst zu fressen und später Fragen zu grunzen.«
»Sie ist keine Dræu«, sage ich, gehe um ihn herum und mache mich auf den Weg zur Brücke. »Sie ist schlimmer.«
»Vielleicht ist sie nur eine hübsche Dræu oder so was?«, ruft Fuse mir nach. »Die einzige hübsche Dræu. Woher willst du wissen, dass sie dich nicht umbringt?«
»Ich weiß es«, antworte ich, ohne mich umzudrehen, »weil ich mit ihr zur Kampfschule gegangen bin. Sie ist eine Regulatorin.«
KAPITEL 30
H ÖLLENKREUZ , A USSENPOSTEN F ISHER F OUR A NNOS M ARTIS 238. 4. 0. 00:00
Die Züge der Königin sind härter geworden, seit wir die Kampfschule abgeschlossen haben. Und ihr Haar ist länger. Logischerweise. Kadetten, Männlein wie Weiblein, tragen das Haar kurzgeschoren, doch sobald sie ihren Abschluss haben, schneiden sie sich nicht mehr die Haare. Kadetten.
So erinnere ich mich an sie.
Jünger. Sanfter. Menschlich.
»Cowboy ...«, hebt Mimi zu sprechen an.
»Überlass das mir, Mimi. Offline-Modus, bitte.«
»Aber ...«
»Offline-Modus.«
Wenn Mimi offline geht, gibt es kein hörbares Signal, aber ich weiß, wann es geschieht. So, wie ich weiß, wann jemand mich beobachtet und wann derjenige wegschaut.
Die Königin hat die Pose einer wahren Herrscherin. Die Schultern sind aufrecht und gerade, die Haltung ihres Kinns beinahe hochmütig. Mit einer knappen Kopfbewegung wirft sie ihre Locken zurück. Als mich gerade noch ein Meter von ihr trennt, spreche ich sie mit dem Namen an, unter dem ich sie kenne: »Eceni.«
»So hat mich niemand mehr genannt, seit ...«
»Seit du erkannt hast, dass du den Geschmack von Menschenfleisch magst? Oder seit du dich einer Mörderbande angeschlossen hast?«
Sie lacht. Auch das klingt anders als früher. Tiefer. Niederträchtiger. »Ich wollte sagen, seit dem Ende der Kampfschule. Du hattest damals natürlich einen anderen Namen, nicht wahr, Jacob?«
»Das ist irrelevant.«
»Sind die Rostköpfe auch dieser Meinung? Ich habe den Verdacht, sie fänden deinen wahren Namen überaus relevant.«
»Ich bin nicht mein Vater.«
»Offensichtlich nicht. Anderenfalls hättest du auf dem Platz in New Eden zusammen mit seinen anderen Regulatoren die rituelle Selbstentleibung vollzogen. Stattdessen hast du dir die Hälfte deines süßen kleinen Fingers abschneiden lassen. Au. Ich wette, das tut weh. Etwa so, als würde man sich einen Niednagel auszupfen.«
Anders als die Dræu, die nach Körperschweiß und gammeligem Käse stinken, riecht Eceni nach Früchten. Erdbeeren. Mein Gott, das bedeutet, sie badet. Wäscht sich das lange Haar. Versucht, ihre Menschlichkeit zu erhalten, während sie mit einem Rudel Wilder zusammenlebt. Aber wie kann man Mensch bleiben, wenn man sich unter Raubtiere gemischt hat?
»Ist das der Grund, warum du verhandeln wolltest?« Ich ertappe mich dabei, meine verstümmelte Hand hinter dem Rücken zu verstecken. Vergiss das, denke ich, und balle sie zur Faust. »Um alte Geschichten aufzuwärmen?«
»Das gehört nicht zu meinen Vorlieben, weißt du. Genauso wie der Geschmack des Fleisches. Ich bin keine Kannibalin.«
»Also genießt du einfach die Gesellschaft von Mördern.«
Sie klopft sich mit einem lackierten Fingernagel an die Zähne. »Du hegst ähnliche Interessen. Wie viele Tapferkeitsmedaillen besitzt deine süße Vienne? Eine für jeden Soldaten, den sie getötet hat, nicht wahr? Was macht ein Mädchen nur mit über tausend Medaillen? Bewahrt sie sie in ihrer Aussteuertruhe für ihren künftigen Ehemann auf?«
Künftiger Ehemann. Das schmerzt auf eine Weise, mit der ich nicht gerechnet habe. »Regulatoren töten nur mit gutem Grund«, sage ich, knurre ich beinahe. »Und auch nur dann, wenn wir keine andere Wahl haben.«
»Aber natürlich. So verlangen es die Richtlinien. Wir tun immer nur, was die Richtlinien uns vorschreiben. Die Dræu haben auch Regeln, Jacob. Sie sind nur ein bisschen einfacher und einprägsamer.«
»Und welche Regeln wären das?«
»Iss, trink und
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