Das Maschinenvolk (Oki Stanwer und das Terrorimperium) (German Edition)
zu uns nehmen.’
Man konnte Leichtsinn auch übertreiben, aber er hatte das nicht vor. Er war für die Gruppe verantwortlich, und wenn sie aus irgendeinem Grund in Probleme gerieten, nahm sich Yuuricor fest vor, dann würde er sie raushauen. Schließlich waren sie alle allein deshalb hier, weil ER den Vorschlag gemacht hatte, hierher zu fliegen. [18]
Die Orientierungssoftware in den Raumanzügen memorierte mühelos die Marschroute, und das erwies sich schnell als notwendig, sobald der Marsch mit den Shonta erst mal begonnen hatte. Jeder der fünf Raumfahrer hätte binnen kürzester Zeit bei den vielen Haken und Schleifen, die die Shonta gingen, die Orientierung verloren. Jeder der Gänge sah auf bizarre Weise ähnlich aus – das lag wohl an dem rot glimmenden Metall – und doch wieder verschieden. Die Wandstrukturen änderten sich, gelegentlich stießen sie in Säle mit flaschenförmigen Metallbehältern an beiden Seiten vor, manchmal waren es Galerien, deren Höhe sich im Dunst der Wasserdampfschwaden verlor.
Verirren konnten sie sich also nicht… und wenn die Shonta darauf spekulierten, würden sie die nächste unangenehme Überraschung erleben. Yuuricor hoffte, dass diese schwarzen Zwerge ihre Technologie deutlich unterschätzten. Aber das ließ sich wirklich nicht mit Gewissheit sagen.
Gelegentlich meinten Thylarid und Tholmaar, huschende Bewegungen in der Dämmerung zwischen den gewaltigen Aggregaten zu entdecken, aber weder Vaniyaa noch Yuuricor konnten das bestätigen. Da diese Bewegungen angeblich an den steilen Metallwänden vonstatten gingen, wenn es sie denn überhaupt gab und sie nicht nur Lichtreflexe und Einbildung waren, konnte man ausschließen, dass es sich dabei um Shonta handelte… die Zwerge mochten ja zähe Wanderer sein, aber Dutzende von Neen hohe Maschinenkolosse erklommen sie bestimmt nicht, und um humanoide Spinnenwesen, die mühelos vertikale Wände entlang liefen, handelte es sich bei ihnen ebenso wenig.
Vaniyaa kümmerte sich nach anfänglicher Beunruhigung also nicht allzu lange um derlei „Hirngespinste“, wie sie es bei sich nannte. Sie konzentrierte sich stattdessen auf ihre Aufgabe und entdeckte erfreut recht schnell eine weitere Bestätigung ihrer Theorie, wonach diese „Symbolkreise“ die Wegmarken in einem weit gespannten Wegenetz dieser schwarzen Zwerge darstellten. Mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit folgten die Shonta diesen Markierungen, von denen Aberdutzende während dieses Marsches sichtbar wurden. Sie befanden sich auch wirklich genau in der richtigen Höhe für die Blicke der Zwergenwesen und waren unstrittig von ihnen geschaffen worden.
Ein Rätsel weniger.
Warum freilich dieser Pfad, dem sie auf diese Weise folgten, so rätselhaft verschlungen durch die bedrohliche Maschinenwelt führte, erschloss sich für die zierliche Linguistin nicht. Das würde zu den wichtigen Fragen gehören, die sie sobald als möglich zu stellen gedachte. Und sie war schrecklich neugierig auf den Rest der shontaischen Gesellschaft. Dieser Trupp bestand ausschließlich aus Männern, das war ihr schnell klar geworden. Und ein jeder von ihnen war unübersehbar marschgestählt und mit sehnigen, wenn auch kurzen Beinen ausgestattet.
‚Eine klassische Jäger- und Sammler-Kultur’, vermutete Vaniyaa fasziniert und fragte sich wieder einmal, warum diese Wesen nicht mehr Bekleidung besaßen als diese Gürtel und die aus metallischem Flechtwerk bestehenden Lendenschurze oder „Höschen“, wie man sie vielleicht passender nennen musste. Sie waren jedenfalls unbestreitbar ziemlich abgehärtet und führten sicherlich ein entbehrungsreiches Leben.
Doch wovon mochten diese Zwerge leben? Gab es hier im Innern des Maschinenmondes so etwas wie Ackerbau? Gab es Viehzucht? Irgendwelches jagdbare Wild? Sie vermochte es sich beim besten Willen nicht vorzustellen.
So viele Geheimnisse!
Und wie war das mit den Frauen dieses Volkes? Wie wurden die Kinder erzogen? Waren das noch kleinere Zwergenwesen? Dann mussten sie ja eigentlich niedlich winzig sein wie Kinderpuppen… zweifelsohne unendlich süß…
So in Gedanken versunken und gelegentliche Gespräche mit ihrem Hauptgesprächspartner, dessen Wortbeiträge die Linguistin noch immer genauer zu verstehen suchte – meist ging das nur über ergänzende Hand- und Armbewegungen, kümmerte sich Vaniyaa wenig über den genauen Verlauf ihres Weges. Die Anzüge zeichneten das alles auf, und nur, wenn sie an einer Weggabelung auf mehrere
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