Das Matarese-Mosaik
ich auch, mijnheer «, fügte ein holländischer Reporter hinzu. »Großen Scharfsinn erfordert das gar nicht.«
» C’est vrai« , sagte ein Journalist aus Paris.
»Aber meine Herren, wie kann man das nur so negativ sehen?« sagte Guiderone bedächtig und schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich kenne nur zwei von Ihnen persönlich, aber Ihrem Ruf nach sind Sie mir alle vier bekannt. Sie sind die führenden Männer auf Ihrem Gebiet; was Sie schreiben, wird auf mehreren Kontinenten gelesen, und wenn Sie im Fernsehen erscheinen, betrachtet man Sie als Autorität, als hochangesehene Vertreter Ihres Berufsstands.«
»Dann kann ich nur hoffen, daß das so bleibt«, fiel ihm der Amerikaner zynisch ins Wort.
»Natürlich wird es das, weil Sie korrekt über Ereignisse berichten werden … wobei Sie natürlich die positiven Aspekte hervorheben und etwaige negative Reaktionen, zu denen es vielleicht kommen könnte, ein wenig herunterspielen. Schließlich
stehen wir am Beginn eines neuen Jahrhunderts und müssen realistisch sein; ein zivilisiertes Land braucht den Fortschritt, sonst geht es abwärts.«
»Was Sie da sagen, klingt alles sehr gut«, sagte der Holländer mit einem leichten Lächeln, »man hört eben den Politiker, mijnheer .«
»Das ist ein Beruf, den andere mir aufgenötigt haben, bedeutende Leute zwar, aber ich habe ihn mir nicht ausgesucht.«
»Ja, besser noch, monsieur «, bemerkte der Pariser, »Sie sind der Outsider unter Insidern. Très bien .«
»Und Sie, und das gilt für jeden einzelnen von Ihnen, sind ungewöhnlich begabte und überzeugende Journalisten. Welche Indiskretionen auch immer Sie in der Vergangenheit vielleicht begangen haben mögen – und ich werde daraus nie einen Vorteil für mich ziehen -, sie verblassen neben Ihren Fähigkeiten. … Und jetzt zu unserer vierten und letzten Reihe – vielleicht der für unsere Zwecke wesentlichsten. Die Redakteure der vier wichtigsten Publikationen der ganzen Welt und über zahlreiche Kapitalverflechtungen sozusagen die redaktionellen Flaggschiffe für über zweihundert wichtige internationale Zeitungen in Europa und Amerika. Ihr Einfluß ist gewaltig, meine Herren. Sie formen Meinungen und Ansichten in allen Industrienationen, eine Empfehlung von Ihnen garantiert einem Kandidaten den Erfolg, ihr Ausbleiben kann seinen Untergang bedeuten.«
»Sie schmeicheln«, fiel ihm ein korpulenter weißhaariger Deutscher ins Wort, dessen massive Gestalt den Stuhl, auf dem er saß, spielzeughaft erscheinen ließ. »Das war vor dem Fernsehen«, fuhr er fort. »Heutzutage kaufen sich die Amtsinhaber und ihre Herausforderer Fernsehzeit, massenhaft Fernsehzeit! Dort werden die Meinungen gebildet.«
»Nur in gewissen Grenzen, mein Herr«, widersprach ihm der Sohn des Hirtenjungen. »Sie spannen einen leichten Karren vor ein kräftiges Pferd. Wenn Sie sprechen, bezieht sich das Fernsehen auf Ihre Worte; das war immer so. Und es muß so sein, denn Sie haben die Zeit zum Nachdenken, die dem Fernsehen fehlt; alles ist spontan, wird sofort verarbeitet. Die Mehrzahl der führenden Leute im Fernsehen hört sich, und
wäre es nur, um sich Peinlichkeiten zu ersparen, Ihre Meinung an und beachtet sie und löst sich dabei sehr wohl von den vorgestanzten Aussagen der Politiker.«
»Damit hat er nicht unrecht, Günther«, sagte ein anderer Amerikaner, der im Gegensatz zu seinem zynisch wirkenden Landsmann, dem Reporter, einen konservativen Straßenanzug trug. »Man hört doch mehr und mehr die Worte ›Die folgende Darstellung ist eine bezahlte Reklamesendung‹ oder auch ›Sie sahen eine politische Werbesendung, die das Komitee für Senator Soundso oder Kandidat Soundso bezahlt hat.‹«
»Na und, was hat das schon zu bedeuten? Es geht doch alles so schnell.«
»Das bedeutet schlicht und einfach, daß wir immer noch Einfluß haben«, antwortete ein dritter Redakteur, dem Akzent nach Engländer.
»Ich kann nur hoffen, daß es immer so sein wird«, fügte der letzte der Männer in der vierten Reihe hinzu, ein Italiener in einem maßgeschneiderten Nadelstreifenanzug.
»Ich kann nur wiederholen, was ich vor einigen Augenblicken schon gesagt habe«, sagte Guiderone, und dabei wanderte sein Blick von einem der Männer in der letzten Reihe zum anderen, stellte mit jedem Blickkontakt her. »Ich – wir - wissen sehr wohl, daß Sie im Augenblick in der Hierarchie Ihrer jeweiligen Redaktionen noch in der unteren Hälfte angesiedelt sind, aber das wird sich ändern. Es wird zu
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