Das Matarese-Mosaik
getilgt und hat keinen Namen und keine Vorgeschichte mehr. Das ist nicht das erste Mal, daß wir das getan haben, Squinty, und jetzt müssen wir es wieder tun.«
»Und was kostet er?«
»Zweitausend pro Tag plus Spesen und eine Prämie von hunderttausend, wenn er uns das liefert, was wir erwarten.«
»Das ist natürlich unverschämt, aber wenn das stimmt, was Sie sagen, und der Mann das schafft, dann können wir wohl
damit leben. Wir haben früher schon mehr bezahlt. Sie können sich das Geld bei der Commercial Bank of Nova Scotia abholen, davon gibt es nur eine, und sie steht im Telefonbuch. Verlangen Sie dort nach einem Direktor namens Wister, das ist unser Kontaktmann. Ich genehmige eine erste Rate von zehntausend.«
»Finanziell hat die Sache auch ihren Vorteil, Squinty. Unser Mann hat gesagt, wenn er ins Gras beißt, brauchen wir nichts zu bezahlen. Er meint, er hätte keine Verwandten, denen er eine müde Mark hinterlassen würde. Also zum Teufel damit.«
»Scheint ja ein selbstbewußter Mistkerl zu sein, wie?«
»Er ist beides. Deshalb ist er auch gut.«
Verdammt , dachte Scofield, als er außer Atem im fünfzehnten Stock angekommen war. Er hätte Squinty den fünf-, nein, den zehnfachen Betrag nennen sollen! Sein fiktiver Stasi-Agent war eine derartige Inspiration, daß er inzwischen beinahe selbst an den Mann glaubte. Keine Frage, sinnierte Beowulf Agate, als er sich eine kurze Verschnaufpause erlaubte, seine Übereinkunft mit seinem brillanten deutschen Geschöpf mußte neu strukturiert werden. Aufgewertet. Das hieß, falls bei der Wichita-Operation etwas herauskam. Und deshalb, überlegte Scofield, sollte er jetzt besser anfangen, sich Gedanken darüber zu machen.
Beim Überfliegen der Unterlagen, die sie sich teils auf legalem, teils auf weniger legalem Wege über das Atlantic-Crown-Konglomerat beschafft hatten, stachen immer wieder zwei Namen hervor: Alistair McDowell, Vorstandsvorsitzender, und Spiro Karastos, Finanzvorstand. Die Aktenvermerke, die die beiden einander und den Leitern ihrer nachgeordneten Abteilungen schickten, wiesen eine fast roboterhafte Ähnlichkeit auf, eine Mischung aus betriebswirtschaftlichen Begriffen und Alltagssprache. Eine Sprachanalyse hatte ergeben, daß jeder von beiden der Verfasser der Anweisungen sein konnte, die Lieutenant Colonel Leslie Montrose, der Mutter des entführten James Montrose, erteilt worden waren.
Die genaue Lage der Büros der beiden Männer und die Zeitpläne der nächtlichen Reinigungstrupps herauszufinden hatte keine Mühe bereitet. Ihre Büros befanden sich im sechzehnten
Stock und lagen dicht beieinander, es gab sogar eine Verbindungstür. Die Reinigungstrupps arbeiteten gewöhnlich zwischen ein Uhr und zwei Uhr morgens im sechzehnten Stockwerk; ihre Arbeit dort nahm nie mehr als vierzig Minuten in Anspruch. Außerdem hatte Scofield in Erfahrung gebracht, daß die Türen zu den Treppenhäusern sukzessive geöffnet wurden, damit die Treppen gewischt und etwaige Abfälle entfernt werden konnten. Eine dafür reichlich belohnte Putzfrau, überzeugt, damit ihre Stellung nicht zu riskieren – ganz im Gegenteil -, hatte sich bereit erklärt, im sechzehnten Stock einen Gummitürstopper anzubringen. Das tat sie, um hundert Dollar reicher, in der Annahme, einen harmlosen Streich unter Kollegen zu unterstützen. Außerdem war sie auf den Vorschlag eingegangen, die Tür zu Alistair McDowells Büro nicht abzuschließen. Der Grund? Damit seine Vorstandskollegen heimlich ein paar Dutzend bunte Luftballons und ein Büfett mit Kaviar und Champagner in das Büro ihres Kollegen schmuggeln konnten, um seinen Geburtstag zu feiern. Warum nicht? Der ältere Herr, der an die Putzfrau mit dieser Bitte auf dem Parkplatz herangetreten war, war so nett gewesen und hatte einen superteuren Anzug angehabt. Teuer genug, um ihre Familie damit sechs Monate lang zu ernähren.
Beowulf Agate hatte seine Überzeugungskraft nicht verloren. In früheren Jahren hätte er sich vielleicht für eine weniger zeitraubende, dafür aber auch riskantere Vorbereitung entschieden. Aber sein Alter forderte mehr Sorgfalt bei den Vorbereitungen. Er schmunzelte unwillkürlich und wünschte sich, er hätte in der Vergangenheit manchmal so weise und vorsichtig gehandelt. Das hätte ihm vielleicht zwei Schulterwunden, drei Kugeln in den Beinen und einen Bauchschuß erspart, dessen Heilung Wochen gedauert hatte. Aber was soll’s? Schließlich konnte er jetzt auch nicht mehr über einen
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