Das Matarese-Mosaik
eine weiße Telefonkonsole stand. Antonia kam aus einem der Schlafzimmer.
»Es ist wirklich wunderschön hier, Frank«, sagte sie und lächelte. »Verwandelt es sich um Mitternacht in ein Rattenloch?«
»Das will ich nicht hoffen. Einige Gäste könnten einen Herzanfall bekommen – oder ihre Gäste.«
»Oh, ein Haus für Rendezvous?«
»Die hat es hier sicherlich gegeben, meine Liebe, und gibt es auch heute noch. Aber das ist nicht der Hauptzweck des Hotels. Der Vorstand mißbilligt solche Dinge sogar.«
»Für was dann?«
»Nun, man könnte sagen, Konferenzen zwischen Leuten, die aus dem einen oder anderen Grund nicht miteinander konferieren sollten. Die Sicherheitsvorkehrungen, die hier geboten werden, sind mit Abstand die besten, die es im zivilen Bereich überhaupt gibt. Man bestellt sich nicht einfach am Empfang ein Zimmer, man muß empfohlen werden.«
»Wie sind Sie denn hereingekommen, Squinty?«
»Wir sitzen im Aufsichtsrat.«
»Gute Arbeit. Trotzdem hätte ich angenommen, daß solcher Luxus Ihre Mittel übersteigt, es sei denn, Sie gehen inzwischen ein wenig sorgloser mit Sonderfonds um.«
»Wir haben da ein besonderes Arrangement. Als Mitglieder des Aufsichtsrats stellen wir gründliche Recherchen über empfohlene Gäste an.«
»Sie bezahlen also nicht.«
»Außerdem erfahren wir, wer sich mit wem trifft. Der ideale Interessensausgleich, könnte man sagen. Und da unsere Dienste häufig unbezahlbar sind, können wir schließlich nicht zulassen, daß der Steuerzahler dafür zur Kasse gebeten wird.«
»Sie sind ein Genie, Frank.«
»Aber warum ausgerechnet in New York?« fragte Antonia. »Wenn diese Leute so großen Wert auf Geheimhaltung legen, dann würde ich doch meinen, daß es dafür einen besseren Ort als eine der berühmtesten Städte der Welt gibt. Irgendwo auf dem Land oder einer Insel wie der unseren. Davon muß es doch Hunderte geben.«
»Da irren Sie sich leider, Toni. Man kann sich leichter in einer belebten, überfüllten Stadt verstecken als irgendwo in der Provinz. Fragen Sie die Jungs von der Mafia, die in den Appalachen waren – oder sehen Sie uns an, in Maryland und North Carolina, oder selbst Sie beide auf Brass 26. Pryce hat Sie gefunden, weil es eine Spur gab, der er nachgehen konnte. In einer hektischen Stadt wie dieser können sich Spuren verlieren, und hektisch ist New York weiß Gott.«
»Das muß ich mir mal durch den Kopf gehen lassen«, sagte Antonia nachdenklich. »Aber warum sind wir hier, Frank?«
»Hat Brandon Ihnen das nicht gesagt?«
»Was soll er mir gesagt haben…?«
»Ich fand die Idee ausgezeichnet, und da ich ja wußte, daß ich hier jederzeit Unterkunft bekommen würde, war ich einverstanden.«
»Mir was gesagt?« bohrte Antonia.
»Darauf wollte ich gestern abend in Peregrine kommen, aber wenn du dich erinnerst, hast du im anderen Schlafzimmer geschlafen.«
»Weil ich wütend war! Ein alter Esel, beinahe siebzig, läßt sich auf eine nächtliche Schießerei ein. Du hättest dabei getötet werden können.«
»Das bin ich aber nicht, oder?«
»Bitte, ihr beiden, hört auf damit.«
»Ich will eine Erklärung haben! Weshalb sind wir hier, Bray?«
»Wenn du dich beruhigst, erkläre ich es dir, altes Mädchen. New York ist einer der wichtigsten, wenn nicht überhaupt der wichtigste Umschlagplatz der internationalen Finanzwelt, darin wirst du mir wahrscheinlich zustimmen.«
»Und?«
»Die internationale Finanzwelt ist für die Matarese von entscheidender Bedeutung, das ist der Bereich der Wirtschaft, den sie unter ihre Kontrolle bringen wollen, falls ihnen das nicht bereits gelungen ist. Und dann gibt es da noch etwas anderes, was für sie ebenfalls von ›entscheidender Bedeutung‹ ist, und das weiß ich, weil Taleniekov und ich es gesehen und es erlebt haben und beinahe beide ums Leben gekommen wären, weil wir es erfahren hatten…«
»Ich war auch dabei, verehrter Gatte.«
»Gott sei Dank warst du das, altes Mädchen. Wenn das nämlich nicht der Fall gewesen wäre, wären wir jetzt beide tot. Aber das war noch, ehe wir dich gefunden hatten. Wir haben auf die Weise die Matarese nämlich überhaupt erst nach Korsika zurückverfolgen können.«
»Was, um Himmels willen, reden Sie da, Brandon?«
»Zum Teufel, Squinty, das habe ich Ihnen doch gesagt.«
»Oh, ja, ja, jetzt erinnere ich mich. Deshalb sind wir ja hier. Entschuldigung, Toni. Es ist nur… er ist so melodramatisch, und ich bin wirklich todmüde.«
»Sag’s mir jetzt
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